Karlsfeld:Proporz-Satire

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Django Asül und sein Programm "Paradigma" ist amüsant, aber ohne politischen Biss, weil er seine ironischen Spitzen gleichmäßig über alle Parteien und gesellschaftlichen Gruppen verteilt.

Walter Gierlich

- "Ganz nett", sagt eine Besucherin beim Verlassen des Bürgerhaussaals. Knapper und treffender kann man die fast zwei Stunden des Auftritts von Django Asül kaum zusammenfassen. Der Niederbayer mit türkischen Wurzeln gehört zu jener Gruppe massenkompatibler Kabarettisten, die niemandem wirklich wehtun - außer ein paar überempfindlichen Münchner Brauereichefs, die ihn nach einer Starkbierrede 2007 wegen vermeintlich überzogener Kritik abservierten. Damit soll nicht gesagt sein, dass man sich bei Asüls Programm "Paradigma" nicht streckenweise gut amüsieren kann. Aber der Biss fehlt.

Hätte er den, könnte er möglicherweise auch nicht das Karlsfelder Bürgerhaus fast bis auf den letzten Platz füllen. So aber gibt es auch bei - eher harmlosen - politischen Pointen vergnügte Lacher aus allen Lagern, verteilte er doch seine Spitzen gleichmäßig gegen alle Parteien. Da hält er dem Münchner Oberbürgermeister und SPD-Spitzenkandidaten Christian Ude seine Verwechslungen Ober- und Unterfrankens vor oder lässt wissen, dass erstaunlicherweise nicht automatisch Markus Söder erscheint, wenn man bei Google das Wort Armleuchter eingibt.

Zwischendurch würzt er sein sechs Monate altes Programm auch mit aktuellen Ereignissen, etwa dem Sieg des Grünen-Kandidaten Fritz Kuhn bei der Oberbürgermeisterwahl in Stuttgart. Dem Wahlsieger fehle "so ein bissel das Maskuline von der Renate Künast". Das sind Scherze, die an der Oberfläche bleiben, ebenso wie sein Schnelldurchlauf durch Euro-Krise und Griechenland ("Die Wiege der Demokratie, also der Anfang vom Ende.").

Ein bayerisches Kabarettprogramm ohne Spitze gegen den abgemagerten CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt ("Das war schon immer sein Traum, dass sich einmal die Körperfülle dem Intellekt annähert.") ist nicht denkbar. Auch kleine Boshaftigkeiten gegen Ministerpräsident Horst Seehofer ("besticht durch konstante Flexibilität") dürfen nicht fehlen, wobei der Kabarettist hier kräftig daneben gelangt hat, als er den CSU-Chef als absolut doofen Kunstbanausen hinstellt. Das hat bestenfalls Stammtischniveau.

Höher hinauf reicht auch nicht sein Exkurs über das Mann-Frau-Verhältnis. Da spielt Django Asül mit Klischees, die eher an einen der unsäglichen Comedians erinnern als an einen politischen Kabarettisten. Wenn schon Klischees, dann sollte er sich auf das Verhältnis von Deutschen und Türken und seine eigene Einbürgerung konzentrieren. Sein Programm ist am stärksten, als er darüber spricht, wie es sich anfühlt, plötzlich Deutscher zu sein. Wenn ihm der Mann in der Ausländerbehörde sagt: "Was Sie als Druck empfinden, ist die historische Verantwortung." Wenn ihm drei junge Türken auf der Straße entgegenkommen, und er sie anschnauzt: "Wer hat euch denn hier reingelassen."

Da blitzen Momente der Bosheit in Karlsfeld auf, da spießt er immer wieder den alltäglichen Rassismus auf. Man würde sich mehr davon wünschen. Sonst könnte er das werden, was ihm ein Angestellter des türkisches Konsulats bereits bescheinigt hat: Er sei "eine Art anatolischer Florian Silbereisen".

© SZ vom 26.10.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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