Halbzeit im Rathaus:"Saugerne Bürgermeister"

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Richard Reischl hat in den ersten drei Jahren seiner Amtszeit in Hebertshausen viele Erwartungen erfüllt. Er ist überall dabei, packt konsequent an und wird im Gemeinderat für seinen fairen Führungsstil geschätzt

Von Petra Schafflik

Da unterscheiden sich Politik und Wirtschaft nicht wesentlich: Erfolge messen sich in konkreten Zahlen und harten Fakten. Doch Hebertshausens Bürgermeister Richard Reischl (CSU) setzt zur Halbzeitbilanz nach drei Jahren im Amt andere Prioritäten. Abseits von diversen Bau- und Entwicklungsprojekten, von denen der 40-jährige Bürgermeister nicht wenige angepackt hat, liegt ihm vor allem anderen das Miteinander im Dorf am Herzen. Stolz machen ihn deshalb vor allem Vorhaben, "bei denen die Gemeinde ihr menschliches Gesicht zeigt." Die Gründung der Nachbarschaftshilfe etwa, die engagierte Integration der Asylsuchenden in die Dorfgemeinschaft, die Würdigung der Ehrenamtlichen, die sich für das Miteinander einsetzen. "Die Bürger sind da sehr aktiv", sagt Reischl, der selbst überall mit dabei ist. Egal ob integratives Kochprojekt oder Spendenlauf des Sportvereins: Der zweifache Familienvater spricht nicht nur ein motivierendes Grußwort, sondern schwingt die Suppenkelle oder rennt Runde um Runde ums Stadion.

Es war keine Überraschung, als Richard Reischl 2014 mit klarer Mehrheit bereits im ersten Wahlgang Michael Kreitmeir (FW) als Rathauschef ablöste. Doch bevor der Neuling, eng verwurzelt im Dorf und Mitglied in so gut wie jedem Verein, engagiert anpacken konnte, mussten unerwartete bürokratische Hürden überwunden werden. Weil das Bürgermeisteramt in Hebertshausen ehrenamtlich ausgeübt wird, konnte sich Reischl als verbeamteter Lehrer an der Meisterschule nicht freistellen lassen. Als Kompromiss unterrichtet Reischl nun auch als Bürgermeister weiter einige Stunden die Woche angehende Elektromeister. Dabei wäre er mit der Leitung der 5500-Einwohner-Gemeinde ausgelastet.

Als es gleich zu Beginn seiner Amtszeit darum ging, dass der Ort als erste ländliche Kreisgemeinde Asylsuchende aufnimmt, setzte Reischl sofort viel in Bewegung, damit die Hebertshausener die neuen Mitbürger akzeptieren. Wenn Asylsuchende bei jeder Spielplatzsanierung mit anpacken, ist das praktische Integration. Auch sind einige Flüchtlinge im Bauhof fest angestellt. Normalität ist entstanden, "die viel beigetragen hat zur Gesamtstimmung." Daneben beschäftigten Bürgermeister und Gemeinderat in den vergangenen drei Jahren eine enorme Anzahl wichtiger Bau- und Entwicklungsprojekte: Ein neuer Bauhof inklusive Feuerwehrhaus ist in Ampermoching entstanden, das Kinderhaus in Hebertshausen wird zum Jahresende fertig, ein Jugendzentrum ist beschlossen, Straßen und Spielplätze wurden saniert, in die Schule investiert, Baugebiete ausgewiesen. Am entscheidendsten für die Zukunft der Gemeinde dürfte sich der strategisch wichtige Ankauf von Grundstücken im Ortskern erweisen, wo Hebertshausen nun die Gestaltungshoheit über ein weitläufiges Areal hat. Als erste Vorhaben möchte Reischl hier ein Ärztehaus, Betreutes Wohnen und Sozialwohnungen entwickeln. Noch in dieser Amtszeit soll der Spatenstich erfolgen. "Das wäre mir wirklich wichtig."

Der Rathauschef, der von sich selber sagt, dass er "gerne ratscht" und der Kommunikation und Moderation zu seinen Stärken zählt, setzt auch auf breite Information. Im sozialen Netzwerk Facebook beantwortet er auf kurzem Weg manche Bürgeranfrage, das Gemeindeblatt Steinbock wurde runderneuert, die wöchentliche Bürgersprechstunde installiert. Seit diesem Frühjahr hat Hebertshausen auch eine Bürger-App, über die per Smartphone Schäden oder Ärgernisse direkt ins Rathaus gemeldet werden können. Diese direkte Kommunikation, die Ansprechbarkeit für alles und jeden schätzen die Bürger am "Richi", wie der beliebte Rathauschef im Ort genannt wird.

Die Liste an Projekten ist lang, aus Gemeinderat wie Verwaltung kämen schon einmal Rückmeldungen über die enorme Belastung. "Ich versuche, viel anzuschieben, dabei geht es mir oft nicht schnell genug." Klausuren, Workshops, Erkundungstouren durch die Gemeinde, "ständig gibt es neue Themen, schön dass der Gemeinderat sich darauf einlässt." Tatsächlich funktioniert das Tempo nur mit einem grundsätzlichen Konsens über alle Fraktionsgrenzen hinweg. Als entscheidender Schachzug für das kooperative Miteinander erwies sich wohl die Entscheidung, trotz eigener CSU-Mehrheit die Position des Stellvertreters dem Freien Bürgerblock zu überlassen.

Ein Signal, das Wirkung zeigt. Vor allem, weil der zweite Bürgermeister Martin Gasteiger (FBB) nicht nur repräsentative Termine übernimmt, sondern stark auch verantwortlich ins Alltagsgeschäft einbezogen ist. "Da lässt er mir freie Hand", bestätigt Gasteiger. Dieser neue Führungsstil im Rathaus stoße schon auch auf Verwunderung oder Skepsis. "Aber das Experiment funktioniert hervorragend, weil wir wirklich sehr gut zusammenarbeiten und eng vernetzt kommunizieren", sagt der zweite Bürgermeister über den ersten. Tatsächlich schafft die Zusammenarbeit mit einer neu organisierten und personell verstärkten Verwaltung und den aktiv eingebundenen Stellvertretern Entlastung.

Dennoch koste das Amt viel Kraft, "das geht an die Grenze des Machbaren", räumt der junge Rathauschef unumwunden ein. Und er meint damit nicht die "gefühlt 1000 Weißwürste", die er bei diversen Jubiläen und Geburtstagen seit seinem Amtsantritt schon serviert bekommen hat. Sondern die Vielzahl an Aufgaben und Terminen, die das Familienleben in den Hintergrund rücken lassen. Noch aber macht ihm das Amt enorm viel Freude, da lässt Reischl kein Missverständnis aufkommen. Vieles will er noch anpacken und auf den Weg bringen, er sprüht geradezu vor Tatendrang. "Ich bin wirklich saugerne Bürgermeister."

© SZ vom 27.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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