Gericht:Eine scheinbar zwangsläufige Tat

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51-Jähriger Dachauer, der wegen Mordes an seiner Frau angeklagt ist, zeigt vor dem Landgericht weiterhin keine Reue.

Von Benjamin Emonts, München / Dachau

Der Angeklagte redet auf seine Dolmetscherin ein und lacht, als die anderen Verfahrensteilnehmer die grausamen Bilder der Bluttat ansehen. Wie schon beim Prozessauftakt vor elf Tagen macht der 51-jährige Dachauer, der sich wegen Mordes an seiner Frau vor der Schwurgerichtskammer am Landgericht München II verantworten muss, auch in der Verhandlung am Montag einen erstaunlich gelassenen Eindruck. Einmal küsst er das Kruzifix, das um seinen Hals hängt, und betet. Die meiste Zeit aber kaut er stoisch auf seinem Kaugummi, während die brutale Tat rekonstruiert wird.

Für die Polizisten ergab sich am 18. Januar 2016 ein schreckliches Bild, als sie in die Dachauer Wohnung gerufen wurden. Der Angeklagte hatte den Notruf selbst abgesetzt. Er behauptete, seine Frau gerade getötet zu haben. Vor der Wohnung begegneten die Polizisten dem blutverschmierten Mann. Die 44-jährige Ehefrau fanden sie völlig entstellt in der Küche liegend. Sie war bereits tot. Mehrere Stichwunden klafften in ihrem Kopf und ihrem Körper.

Die Staatsanwaltschaft legt dem 51-jährigen Koch Mord aus Heimtücke und niedrigen Beweggründen zur Last. Die Tat, so heißt es in der Anklage, stehe auf "sittlich tiefster Stufe und ist als besonders verachtenswert anzusehen". Der Angeklagte war während der Ehe offenbar krankhaft eifersüchtig und litt unter Wahnvorstellungen. Seiner Frau warf er immer wieder vor, fremdzugehen und bezeichnete sie als "Prostituierte". Schon in der Vergangenheit wurde er mehrfach handgreiflich.

Psychotische Störung mit wahnhaften Zügen

Im Jahr 2006 wandte sich die Frau erstmals an die Polizei, nachdem ihr Mann sie geschlagen und gedroht hatte, sie umzubringen. Mit den beiden gemeinsamen Kindern ging sie mehrere Male in ein Frauenhaus. Doch sie kehrte immer wieder zu ihrem Mann zurück. Als der sie im März 2009 erneut angriff und mit dem Tod bedrohte, wurde der Mann ins Isar-Amper-Klinikum nach München-Haar eingeliefert. Ärzte diagnostizierten eine psychotische Störung mit "vorwiegend wahnhaften Zügen". In ihrem Gutachten dokumentierten die Psychiater, der Angeklagte habe Stimmen gehört, die ihm mitgeteilt hätten, seine Ehefrau sei eine Prostituierte.

Auch in den Tagen vor ihrer Ermordung hielt sich die Frau aus Angst vor ihrem Mann von der gemeinsamen Wohnung fern. Der Kriminalhauptkommissar, der den Angeklagten vier Stunden nach der Tat verhört hatte, sagte am Montag vor dem Landgericht aus. Der Angeklagte habe "völlig ruhig und unaufgeregt gewirkt", sagte der Polizist. "Er hat überhaupt keine Reue gezeigt und wollte sich als Opfer darstellen - so, als hätte er keine andere Wahl gehabt." Schließlich schilderte er dem Polizisten minutiös den Tathergang mit dem Hinweis: "Ich habe ja jetzt als Mörder nichts mehr zu verlieren."

Die Ehefrau sei am Tattag gegen 10 Uhr nach Hause gekommen, um Unterlagen für einen Behördengang zu holen. Der Angeklagte habe sie in ein Gespräch verwickelt und sie angefleht, wieder zu ihm zurückzukehren. Als sie gehen wollte, habe er sie gegen den Tisch geschubst und in die Schublade mit den Messern gegriffen. Mit einem Fleischerbeil habe er sie zunächst an der Stirn getroffen. Dann habe er ihr mit einem langen Küchenmesser in den Bauch und schließlich in die Brust gestochen."Ich war so sauer, so voller Hass", sagte er der Polizei. "Ich hatte in dem Moment keinen Respekt mehr vor ihr." Als er ihr in die Brust gestochen habe, sei sie sofort gestorben. Die Kinder im Alter von elf und 14 Jahren wurden bereits vor der Tat vom Jugendamt in einer betreuten Wohngruppe untergebracht. Das Urteil wird am Donnerstag erwartet.

© SZ vom 28.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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