Dachau:Angeklagter mit Grinse-Maske vor Gericht

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  • Ein Angeklagter aus Dachau kostümiert sich im Gerichtssaal. Auf eine Papiermaske hat er ein grinsendes Gesicht gemalt.
  • Dem Mann wird vorgeworfen, eine Facebookbekanntschaft mehrfach vergewaltigt zu haben.

Von Andreas Salch, Dachau

Sogar Lust auf eine Maskerade hat der Angeklagte. Der Industriemechaniker aus Dachau trägt ein großes, etwas zerknittertes weißes Blatt Papier vor seinem Gesicht, das mit einem Gummiband am Hinterkopf befestigt ist. Auf dem Papier ist mit blauem Kugelschreiber ein großes lachendes Gesicht gemalt.

Der Angeklagte lugt durch zwei Sehschlitze, als er an diesem Freitagmorgen von zwei Wachtmeistern in den Sitzungssaal B 264 am Landgericht München II geführt wird. "Schreibt's nichts Schlechtes über mich, das schadet meiner Zukunft", sagt er zu den Pressefotografen. Auf dem Blatt Papier, mit dem Smile-Gesicht, das der Mann trägt, steht: "Hab das nicht getan !!! Scheiß Presse. Not guilty (nicht schuldig)."

Die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft gegen den 31-jährigen Dachauer wiegen schwer: Geiselnahme, vorsätzliche Körperverletzung, Nötigung, Bedrohung, Beleidigung und Vergewaltigung.

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Am frühen Abend des 2. Septembers vorigen Jahres soll der Mann eine 22-jährige Frau auf der Münchner Straße entführt haben. Den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft zufolge soll er die Beifahrertüre aufgerissen und sich in den Pkw gedrängt haben, als die junge Frau gerade losfahren wollte. Die beiden hatten sich einige Zeit zuvor über Facebook kennengelernt. Der Angeklagte wollte eine Beziehung mit ihr eingehen, doch die 22-Jährige zeigte kein Interesse.

Nachdem der breitschultrige, muskulöse Industriemechaniker die junge Frau in seine Gewalt gebracht hatte, soll er ihr laut Anklage den Kopf in den Nacken gerissen haben. Anschließend habe er ihr gedroht, "ihr die Nase zu brechen" und "die Kehle durchzuschlitzen", wenn sie nicht tue, was er sagt. Der Mann wollte, dass sie ihn nach Salzburg fährt. Warum ausgerechnet dorthin, ist bislang unklar.

Auf das Flehen der 22-Jährigen hin, sie gehen zu lassen, soll der Angeklagte geantwortet haben, dass er das nicht könne. Er werde ihr den "Kopf zertrümmern und sie in den Fluss schmeißen". Um den Dachauer zu besänftigen, hatte die Frau ihm vorgespiegelt, sie werde mit ihm eine Beziehung eingehen und schlief mit ihm.

Die Frau bezeichnet der Angeklagte im Saal als "Lügnerin"

Während die Staatsanwältin die Anklage verlas, saß der mutmaßliche Geiselnehmer lässig und weit nach hinten gelehnt auf seinem Platz auf der Anklagebank. Die Arme hielt er hinter seinem kahl geschorenen Kopf verschränkt.

Dabei fixierte er das mutmaßliche Opfer, das in dem Prozess als Nebenklägerin auftritt, mitunter so intensiv, dass der Vorsitzende, Richter Oliver Ottmann, ihn ermahnte. Als ihn die beiden Wachtmeister an einer Handfessel in den Saal geführt hatten, sagte der 31-Jährige zu der Frau mit drohendem Blick: "Du Lügnerin."

Es ist bereits das zweite Mal, dass sich die 2. Strafkammer mit den Vorwürfen gegen den Dachauer beschäftigt. Der erste Prozess im Juni diesen Jahres wurde ausgesetzt, weil die Staatsanwaltschaft Nachermittlungen angestellt hatte. Vor Beginn der ersten Verhandlung waren die Ermittler davon ausgegangen, dass die 22-Jährige erstmals im Zuge der mutmaßlichen Geiselnahme Sex mit dem Angeklagten hatte.

Bei ihrer Vernehmung hatte sie jedoch eingeräumt, dass sie schon zuvor mit ihm intim geworden war. Da die Staatsanwaltschaft den Verdacht hegte, es könnte sich hierbei um eine Vergewaltigung gehandelt haben, wurde nachermittelt.

Dieser Verdacht hat sich nun aus Sicht der Ermittler bestätigt. Zu dem mutmaßlichen sexuellen Übergriff soll es zwischen Ende Juli und Mitte August 2015 in der Wohnung des 31-Jährigen in Dachau gekommen sein. Der Angeklagte hat für den zweiten Prozesstag am kommenden Dienstag unter anderem angekündigt, über seine beiden Verteidiger eine Erklärung zu den Vorwürfen der Staatsanwaltschaft abzugeben.

© SZ vom 12.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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