Flüchtlinge:Asyl in der Berufsschul-Turnhalle

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In der kommenden Woche muss der Landkreis erstmals auf eine Turnhalle zurückgreifen, um die rapide steigende Zahl von Flüchtlingen unterzubringen. "Die staatlichen Strukturen stoßen an ihre Grenzen", sagt Landrat Löwl

Von Robert Stocker, Dachau

Die steigende Zahl von Asylbewerbern stellt den Landkreis vor neue Herausforderungen. Die Zuweisung von Flüchtlingen wird sich demnächst auf 42 Menschen pro Woche erhöhen. Der Landkreis sieht sich deshalb gezwungen, erstmals eine Turnhalle als Asylunterkunft zu nutzen. Wie Landrat Stefan Löwl (CSU) am Dienstag bekannt gab, handelt es sich um die Halle der Berufsschule in Dachau-Augustenfeld. Schon von nächster Woche an wird das Gebäude nicht mehr für Schulen und Sportvereine zur Verfügung stehen - voraussichtlich bis zur zweiten Woche nach Schulbeginn. Unterdessen errichtet der Landkreis in einigen Gemeinden weitere Container-Anlagen. Als vorübergehende Asylunterkünfte sind auch riesige Zelte geplant.

Die erneut gestiegenen Zuweisungszahlen werfen die Planungen des Landkreises über den Haufen. Derzeit leben 775 Flüchtlinge hier; für den Juli beträgt die Zuteilungsquote 856 Asylbewerber. "Jetzt stellt's uns auf", kommentiert Löwl die weiter wachsende Zahl von Menschen, die der Landkreis unterbringen muss. Die Indersdorfer Tennishalle als Notunterkunft wird in den nächsten Wochen mit 121 Flüchtlingen voll belegt. Im August sollen 75 Plätze in der Petershausener Container-Anlage bezugsfertig sein, weitere Anlagen sind in Dachau, Karlsfeld, Weichs, Odelzhausen, Haimhausen, Sulzemoos und Bergkirchen geplant. Bis die neuen Unterkünfte zur Verfügung stehen, braucht der Landkreis eine andere, vor allem schnelle Lösung. Erstmals werden deshalb Asylbewerber eine Turnhalle belegen - wie in allen anderen Landkreisen um München auch.

Voraussichtlich schon von nächster Woche an werden zunächst 40 Flüchtlinge in die Turnhalle der Berufsschule ziehen. Sukzessive werden weitere Menschen in der Halle untergebracht - maximal 200. "Die Zahl wird sich bewegen", sagt Landrat Löwl. Nach seinen Worten reichen die sanitären Anlagen zunächst aus, je nach Belegung entstehen weitere Toiletten im Außenbereich. In der letzten Schulwoche ist kein Sportbetrieb mehr in der Halle möglich. Dies gilt über die gesamten Sommerferien hinweg. Betroffen davon sind neben der Berufsschule, der Realschule und dem Ignaz-Taschner-Gymnasium auch die Sportvereine TSV 1865, ASV und TSV Karlsfeld. Spätestens in der zweiten Woche nach Schulbeginn soll die Schulturnhalle für den Sportbetrieb wieder zur Verfügung stehen. "Das ist mein großes Ziel", sagt Löwl, es sei aber abhängig von der Entwicklung der Zugangszahlen. Am Dienstag informierte das Landratsamt Schulen und Vereine über die Situation. Für die unmittelbaren Anwohner der Turnhalle veranstaltet der Landrat ein Informationsgespräch. Es findet am kommenden Mittwoch, 29. Juli, von 18.30 Uhr an in der Mensa neben der Turnhalle statt.

Landrat Löwl bedauert ausdrücklich, dass durch die Nutzung der Schulturnhalle als Asylunterkunft "der Schul- und Vereinssport beeinträchtigt wird". Doch der Zulauf an Flüchtlingen könne nicht anders bewältigt werden. Massenquartiere seien für eine dauerhafte Unterbringung von Asylbewerbern auch nicht geeignet. Löwl: "Die Turnhalle soll eine Drehscheibe für die Flüchtlinge sein, bis weitere Container fertig sind. Dafür brauchen wir einen Vorlauf." Wie in der Indersdorfer Tennishalle versorgt ein Caterer die Bewohner, vier bis sechs Sicherheitsleute bewachen die Halle. Mitarbeiter der Caritas betreuen die Flüchtlinge.

Um die wachsende Zahl von Asylbewerbern unterbringen zu können, will der Landkreis auch riesige Zelte aufstellen. Zwei sollen noch im Herbst im Raum Dachau/Karlsfeld errichtet werden. Dabei handelt es sich um so genannte Traglufthallen, deren Außenhaut der Allianz-Arena in München ähnelt. Die benötigte Fläche hat die Größe eines Fußballfeldes. Bis zu 200 Menschen finden darin Platz. Die Hallen werden wohl mindestens ein Jahr stehen. Löwl: "Wir haben dafür mehrere Standorte zur Auswahl." Dem Landrat ist klar, dass die Helferkreise in den Hallen schwierige Bedingungen für ihre Arbeit haben. Im Vergleich zu den Container-Anlagen werde die Betreuung problematisch sein. Doch wie die Turnhalle der Berufsschule seien die Traglufthallen als Asylunterkunft zur Überbrückung nötig. "Die staatlichen Strukturen stoßen an ihre Grenzen", sagt Löwl. Bis Ende des Jahres rechnet das Landratsamt mit mindestens 1400 Flüchtlingen im Landkreis - mithin ein Prozent der Landkreisbevölkerung. Der Landrat ist sich mit seinen Kollegen in Bayern einig, dass nur eine Beschleunigung der Asylverfahren eine spürbare Entlastung für die Kommunen bringt.

© SZ vom 22.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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