Erneuerbare Energien:Der Boom ist vorbei

Lesezeit: 3 min

Vor einigen Jahren versprachen Biogasanlagen guten Gewinn. Heute sind sie wegen der geänderten Förderrichtlinien kaum noch rentabel. (Foto: Niels P. Jørgensen)

Seit dem neuen Gesetz für erneuerbare Energien sind Biogasanlagen kaum noch rentabel. Im vergangenen Jahr wurde nur noch eine im Landkreis Dachau gebaut. Josef Götz vom Fachverband bedauert diese Entwicklung

Von Thomas Altvater, Dachau

Mit gemischten Gefühlen las Josef Götz im Herbst 2016 das neue Gesetz für erneuerbare Energien (EEG). Es habe zwar positive Aspekte, aber insgesamt wirkte es eher ernüchternd auf den Markt Indersdorfer, der Präsidiumsmitglied des Biogas Fachverbands ist und seit 17 Jahren eine eigene Biogasanlage betreibt. Jahrelang wurden Anlagen wie die von Götz vom Staat gefördert. Doch das änderte sich vor zwei Jahren. Die Betreiber im Landkreis Dachau, meist Landwirte, stehen seither vor einer ungewissen Zukunft. Und der Bau neuer Biogasanlagen ist kaum noch rentabel. Auch die Zahlen sagen: Der Boom ist vorbei.

Im März 2011, kurz nach der Reaktorkatastrophe im japanischen Fukushima, waren erneuerbare Energien das bestimmende Thema der Bundespolitik. Zu dieser Zeit stieg im Landkreis die Anzahl der Biogasanlagen kontinuierlich an. Allein zehn Anlagen gingen im gleichen Jahr in Betrieb. 31 Biomassekraftwerke liefern den Dachauer Gemeinden derzeit Strom und Wärme. Bisher wurden die Anlagen mit einer festen Vergütung vom Staat gefördert. Im neuen EEG fanden die Landwirte jedoch eine grundlegende Änderung vor: Von nun an sollten die Förderungen mithilfe eines Ausschreibungsverfahrens vergeben werden. Diejenigen Anbieter, die die geringste Förderung benötigen, erhalten seitdem einen Zuschlag. "Das ist ein Thema bei den Dachauer Bauern", sagt Götz.

Götz beteiligte sich im Herbst vergangenen Jahres mit seiner Anlage an der ersten Ausschreibungswelle. Und er erhielt einen Zuschlag. Seine Anlage wird nun weiter gefördert, jedoch mit einer geringeren Vergütung als noch vor zwei Jahren. Das hat zur Folge, dass immer weniger Landwirte in eigene Biogasanlagen investieren. Auch bestehende Anlagen sind kaum mehr rentabel. "In dem Umfang, wie die Anlagen aktuell betrieben werden, ist das sehr schwierig", erklärt Götz.

Lediglich eine Anlage wurde im vergangenen Jahr im Landkreis gebaut. "Die Entwicklung wird ausgebremst", klagt der Indersdorfer. Denn im neuen EEG ist ebenfalls festgeschrieben, wie viel Bioenergie der Staat in jedem Jahr mit seiner Förderung unterstützt. "Doch dieses Volumen ist viel zu niedrig", erklärt Götz. Die Folge: Es kommt zu einem Wettbewerb unter den Anlagenbetreibern, und das schlägt sich auf die Preise nieder. "Viele denken sich dann, dass die wenige Förderung besser ist als gar keine", kritisiert Götz. Für die Branche wäre so ein interner Wettbewerb alles andere als gut, ist sich der 47-Jährige sicher.

Noch vor zwei Jahren wurden die Vergütungen unterteilt in die Größe der jeweiligen Biomasseanlagen. Größere Kraftwerke erhielten geringere Förderungen. Diese Regelung wurde mit dem neuen EEG abgeschafft. In den Ausschreibungen wird die Anlagengröße nicht mehr berücksichtigt. "Das kann ein Nachteil für kleinere Anlagen sein", erklärt Götz.

Trotz Kritik am neuen EEG kann Josef Götz dem Gesetz auch Positives abgewinnen: Ältere Anlagen, die vor ungefähr 15 Jahren gebaut wurden, erhielten damals eine Förderung über 20 Jahre. "Es ist gut, dass für diese Anlagen eine Anschlussregelung gefunden wurde", sagt Götz. Ein zentrales Anliegen der Branche, aber auch von ihm selbst, denn auch sein Biomassekraftwerk wird nun zehn weitere Jahre gefördert.

Spricht Götz von Bioenergie, fallen immer wieder Wörter wie "Versorgungssicherheit" oder "Flexibilität". Tatsächlich kann die Bioenergie Schwankungen im Stromnetz ausgleichen und als eine Art Stromspeicher dienen. Bioenergie ist jedoch im Vergleich zu anderen erneuerbaren Energien teurer. In der Bundesrepublik versorgen die Biogasanlagen ungefähr acht Millionen Haushalte mit Strom. Seit dem Wegfall der Atomenergie, hat sich der Anteil der Bioenergie fast verdoppelt.

Vor allem Mais, Gülle und Gräser bringt Götz in seine Anlage. Der Gesetzgeber schreibt auch hier vor, wie hoch die Anteile der Stoffe sein müssen. Wollen die Bauern Abfälle und Reststoffe verwenden, stehen sie vor einem Problem. "Das ist tatsächlich sehr schwierig, weil die rechtlichen Auflagen sehr hoch sind", erklärt Götz. Auf seinen Äckern in Indersdorf testet er gerade die Pflanze "Silphie". "Sie ist fast so ergiebig wie Mais, gut für Bienen und bringt ein bisschen Abwechslung." Vergären die pflanzlichen Stoffe in den Biogasanlagen, erzeugen sie Methangas, das zur Herstellung von Strom und Wärme genutzt wird. Götz Anlage in Markt Indersdorf versorgt ungefähr 3500 Haushalte mit Strom. Die Gemeinden im Landkreis Dachau profitieren jedoch vor allem von der Wärme. "Hier wurde viel zu wenig getan in den letzten Jahren, wir brauchen eine Wärmewende", fordert Götz. Im Herbst dieses Jahres folgt die zweite Ausschreibungswelle. Bis dahin werden Götz, der Fachverband für Biogas und weitere Verbände noch einmal an die Gesetzgeber herantreten. "Es wird dann ein kurzes Reparaturgesetz geben", sagt Götz. Und das biete eine Chance, auch für die Bioenergie.

© SZ vom 11.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: