Erfolgreiche Integration:Sonkos Traum lebt

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Konditor aus Leidenschaft: Josef Sonko aus dem Senegal hat seine Ausbildung bei der Konditorei Weißenbeck erfolgreich abgeschlossen. (Foto: Toni Heigl)

114 Flüchtlinge aus dem Landkreis Dachau absolvieren derzeit eine Berufsausbildung. Der 33-jährige Senegalese hat sie bereits erfolgreich abgeschlossen. Nun darf er zwei Jahre als Geselle in Deutschland arbeiten

Von Benjamin Emonts, Dachau

Mehr als 120 Bürger folgten im März 2016 gebannt der Geschichte von Josef Sonko. Der Flüchtling aus dem Senegal war im Jahr 2012 über Marokko und Spanien nach Deutschland geflüchtet. Bei einer Podiumsdiskussion mit dem Integrationsbeauftragten der bayerischen Staatsregierung Martin Neumeyer (CSU) sprach der junge Mann nun selbstbewusst über sein Ziel, in Deutschland eine Ausbildung abschließen zu wollen. Mit seiner offenen Art weckte er viele Sympathien. Am Ende aber gab ihm der Integrationsbeauftragte recht klar zu verstehen, dass seine Chancen auf ein Bleiberecht eher schlecht stünden. Denn Sonko gilt als Flüchtling aus einem sogenannten "sicheren Herkunftsland".

Umso erfreulicher ist die Nachricht, die jetzt der Asylhelferkreis Hebertshausen verkündet: Josef Sonko bekam von der Konditoreninnung mitgeteilt, dass er seine Ausbildung bestanden hat. Der 33-jährige Familienvater, der seine Frau und seinen elfjährigen Sohn im Senegal zurücklassen musste, hat damit sein erstes großes Etappenziel erreicht. Sein Traum, sich hier ein Leben aufzubauen und seine Familie nachholen zu dürfen, lebt fort. Er darf nun mindestens zwei weitere Jahre in Deutschland leben und arbeiten.

Sonkos Geschichte aber bedeutet noch mehr. Den Hunderten ehrenamtlichen Asylhelfern im Landkreis Dachau zeigt sie, dass ihr unermüdlicher Einsatz bei den Behörden und beim Unterrichten der Flüchtlinge Früchte trägt. Josef Sonko ist bereits der sechste Flüchtling im Landkreis, der erfolgreich eine Berufsausbildung abgeschlossen hat. 114 weitere von insgesamt 1165 Flüchtlingen befinden sich in einer laufenden Ausbildung. Es besteht die berechtigte Hoffnung, dass etliche sie erfolgreich beenden werden. Die Abbrecherquote seit dem Jahr 2014 liegt bislang bei zwölf Prozent. "Das ist extrem niedrig", sagt Peter Barth vom Asylhelferkreis Hebertshausen, der eine mehrseitige Statistik zur Ausbildungssituation der Asylbewerber im Landkreis Dachau erstellt hat.

Der Senegalese Josef Sonko musste viel auf sich nehmen, um so weit zu kommen. Seine Familie im Senegal war arm, seine Eltern starben an Krankheiten. Im Jahr 2012 erschossen Rebellen seinen Bruder vor seinen Augen. Sonko und seine zwei Schwestern hatten kaum Geld. Vor sechs Jahren floh er deshalb nach Europa. Mit dem Boot gelangte er nach Spanien, wo er drei Monate mittel- und obdachlos lebte. Ein Mann besorgte ihm einen Platz in einem Bus nach Deutschland. Er gelangte über Dortmund nach München und weiter nach Erdweg und Hebertshausen. Monatelang pendelte er auf eigene Kosten zwischen den beiden Ortschaften, um freiwillig Deutschunterricht zu nehmen. Peter Barth, der sich seit Jahren ehrenamtlich für Flüchtlinge einsetzt, besorgte ihm einen Ausbildungsplatz in Dachau. Nach ein paar Monaten wechselte er den Ausbildungsbetrieb und fing bei der Konditorei Weißenbeck im Dachauer Industriegebiet an. Er besuchte fortan die Städtische Berufsschule für das Bäcker- und Konditorenhandwerk in München. Mehrere Privatpersonen gaben ihm in Hebertshausen Einzelunterricht in Deutsch und Mathe. Ohne ihre Hilfe wäre Sonko den Ansprüchen der Berufsschule vermutlich nicht gerecht geworden.

Dass er als Senegalese überhaupt so weit gekommen ist, war "großes Glück ", sagt Peter Barth. Die Arbeitsgenehmigung hatte Sonko nämlich gerade noch rechtzeitig im Jahr 2014 erhalten. Schon wenige Monate später, Ende März 2015, wurde für Asylbewerber aus dem Senegal ein absolutes Beschäftigungsverbot verhängt, das ihm jegliche Zukunftsperspektive geraubt hätte. Sein Asylverfahren verlief indes sehr schleppend und war "psychisch und finanziell eine große Belastung", erinnert sich Barth. Im Januar 2017 hatte Sonko vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, kurz BAMF, gar die frustrierende Nachricht erhalten, sein Asylantrag sei als "unbegründet" abgelehnt worden.

Der junge Mann befürchtete, seine Ausbildung nicht beenden zu können. Jetzt stellte es sich als Glück heraus, dass im August 2016 ein neues Integrationsgesetz der deutschen Bundesregierung inklusive der sogenannten "3+2- Regelung" in Kraft trat. Nun gab es die Möglichkeit, für die Dauer einer qualifizierten Berufsausbildung eine Duldung zu bekommen. Die Ausländerbehörde am Dachauer Landratsamt stimmte im Juni 2017 zu. Nach den drei Ausbildungsjahren darf Sonko nun für zwei weitere Berufsjahre in Deutschland bleiben. Er ist damit der erste Flüchtling im Landkreis, der von der neuen "3+2-Regelung" profitiert. "Das war eine riesige Erleichterung für ihn", sagt Barth.

Viele Betriebe im Kreis Dachau sind froh, dass sie engagierte Flüchtlinge als Auszubildende für sich gewinnen können. "Josef war ein ganz besonders guter Lehrling, freundlich, aufmerksam und zuverlässig", sagt Sonkos Chefin Annemarie Weißenbeck. Die Unternehmerin hofft, dass der Senegalese auch nach seinen zwei Gesellenjahren bei ihr bleiben kann. "Er könnte seinen Meister machen, das Zeug dazu hat er allemal." Sonko spricht inzwischen hervorragend Deutsch und sucht nach einer eigenen Wohnung. "Die Ausbildung war ganz schwer, aber da muss man halt durch", sagt er auf seine zurückhaltende sympathische Art.

Die Gesetzgebung sieht allerdings vor, dass Josef Sonko nach den zwei Berufsjahren in seine Heimat Senegal zurückkehren muss. Für Flüchtlinge mit abgeschlossener Ausbildung, eigenem Wohnsitz, festem Einkommen und fundierten Deutschkenntnissen könnte die Ausländerbehörde allerdings eine dauerhafte Aufenthaltsgenehmigung aussprechen. Seine Familie könnte dann nachkommen. "Ich habe Hoffnung", sagt der 33-Jährige.

© SZ vom 08.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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