Dachau:Zwischen Kunst und Kriminalität

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Fünf jugendliche Sprayer müssen sich wegen gemeinschaftlicher Sachbeschädigung vor dem Amtsgericht verantworten.

Von Daniela Gorgs

Nicht immer erlaubt und erwünscht sind Graffiti wie hier auf einem Abrisshaus in der Altstadt Dachau. (Foto: Joergensen)

Sind Graffiti als Kunstgattung angesehen oder doch nur ärgerliche Schmierereien? Jugendrichter Daniel Dorner, der sich mit dieser Frage beschäftigen musste, antwortet diplomatisch: "Was Kunst ist, entscheidet nicht der Sprüher, sondern der Eigentümer." Und die geschädigten Besitzer der besprühten Mauern, Hauswände und Unterführungen stellten nahezu alle Strafanzeige gegen die Graffiti-Sprayer.

Wegen gemeinschaftlicher Sachbeschädigung mussten sich am Montag fünf Jugendliche zwischen 16 und 21 Jahren vor dem Amtsgericht Dachau verantworten. In 89 Fällen hatten sie zwischen Oktober 2011 und August 2012 im Stadtgebiet von Dachau ihre Zeichen und Namenskürzel, sogenannte Tags, hinterlassen und dabei einen Sachschaden von mindestens 60 000 Euro angerichtet. Neben Schulen, Kindergärten, Kinderhorten und Bezirksmuseum beschädigten sie auch das Eigentum von Privatpersonen und Firmen. Sie machten nicht vor dem frisch sanierten Gebäude des Amtsgerichts Halt und besprühten gar die Fassade der neuen Realschule an der Theodor-Heuss-Straße. Mehrere Wochen hatte die Polizeiinspektion Dachau ermittelt und dank anonymer Zeugenhinweise die jugendlichen Sprüher ausfindig gemacht.

Als Haupttäter gelten zwei damals 15 Jahre alte Schüler aus dem Landkreis Dachau. Vor Gericht erscheinen alle fünf Jugendlichen mit ihren gesetzlichen Vertretern sowie Verteidigern. Als die Staatsanwältin sämtliche 89 Fälle aus der Anklageschrift vorgelesen hat, was ungefähr eine halbe Stunde dauert, bittet einer der fünf Verteidiger um ein ebenso langes Rechtsgespräch, das allerdings ergebnislos bleibt. Da keiner der Angeklagten Angaben zur Sache machen möchte, erörtert der Vorsitzende Richter noch einmal alle Fälle anhand von Lichtbildern und polizeilichen Vernehmungen.

Dann berichten die Vertreter der Jugendgerichtshilfe über die Entwicklung der Jugendlichen. Und das wiederum versöhnt den Richter. Obwohl vier der fünf Angeklagten zuvor bereits einmal mit dem Gesetz in Konflikt geraten waren, zeichnen die Sozialpädagogen der Brücke Dachau ein positives Bild der jungen Menschen. Als Ursachen machen die Jugendgerichtshelfer familiäre Belastungen aus. Und gruppendynamische Prozesse. Da sei der eigene Geltungsdrang oftmals über den Schutz des Privateigentums gestellt worden. Zwei der Täter sind nach Angaben der Jugendgerichtshelfer künstlerisch sehr begabt und hätten die Gratwanderung zwischen dem Streben nach Anerkennung und dem Bewegen auf illegalem Terrain nicht gemeistert. Doch alle fünf Jugendlichen hätten sich gut entwickelt. Als Strafe schlagen die Sozialpädagogen soziale Arbeitsstunden vor. Und das überzeugt das Gericht. Das Verfahren wird eingestellt. Die Jugendlichen müssen bis zu 80 Sozialstunden leisten.

© SZ vom 01.04.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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