Dachau:Sparen, wo es nur geht

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Josef B. hat schwer gearbeitet, dann wurde er krank - die Rente reicht nicht zum Leben.

Petra Schafflik

- Von frühester Jugend an hat Josef B. hart gearbeitet, für keinen Job war sich der 62-Jährige zu schade. Doch die Schufterei hatte ihren Preis, mit Mitte 40 meldeten sich erste gesundheitliche Probleme. Trotz vieler Jahre im Beruf ist Josef B. jetzt als Rentner auf zusätzliches Geld vom Sozialamt angewiesen. So wie ihm ergeht es im Landkreis 467 Bürgern, die wegen Erwerbsunfähigkeit oder im Alter staatliche Leistungen, die sogenannte Grundsicherung, beziehen. Die Fallzahlen steigen, im Vorjahr verzeichnet die Statistik noch 440 Menschen in Grundsicherung, erklärt Gabriele Gerstl, Leiterin des Sozialwesens im Landratsamt. Seit Einführung dieser Leistung 2004 wächst der Kreis der Berechtigten von Jahr zu Jahr. "Das größte Problem sind die Wahnsinnsmieten", sagt Gerstl. Bürger, die anderswo mit ihrer Rente noch knapp über die Runden kämen, müssen wegen hoher Wohnkosten im Landkreis zusätzlich Grundsicherung beantragen. Eine Entwicklung, die anhalten wird, solange sich keine Trendwende auf dem Wohnungsmarkt abzeichnet, rechnet Gerstl.

Dass er im Alter einmal auf den Staat angewiesen sein wird, damit hat Josef B. nicht gerechnet. Schon mit 14 startete er ins Berufsleben, absolvierte eine Lehre als Tankwart. Für eine Spedition hat er dann Umzüge gemacht, ist Schwertransporte gefahren, hat als Straßenkehrer gewerkelt und in der Gastronomie geschuftet. "Immer hab ich geschleppt und gebuckelt wie ein Ochs, nie war ich krank", erzählt der großgewachsene, kräftige Mann. Doch mit Mitte 40 machte die Gesundheit nicht mehr mit. Darmerkrankung, Knieoperation, Diabetes, Schlaganfall, Asthma: "Seitdem bin ich dauernd krank, muss ein- bis zweimal jährlich in die Klinik." Nachts trägt er eine Atemmaske, weil er unter Schlafapnoe leidet.

Die finanziellen Folgen seiner gesundheitlichen Probleme sind gravierend. Die Erwerbsunfähigkeitsrente, die ihm nach Jahrzehnten harter Arbeit zusteht, reicht nicht zum Leben. Das Sozialamt habe ihn unterstützt, eine öffentlich geförderte Wohnung zu finden. Obwohl die Miete relativ günstig ist, "geht ein großer Teil der Rente drauf", sagt Josef B. Deshalb bezieht er noch Grundsicherung und ärgert sich, dass ihm als chronisch kranken Menschen die Krankenkasse nicht alle Medikamente finanziert. Selbstzahler-Arzneien lässt er sich nicht mehr verordnen. "Nur die Blutverdünner muss ich holen", sagt Josef B. Nach einem Schlaganfall sind diese Tabletten für ihn lebenswichtig. Bedauerlich findet Josef B., wie schnell sich sein Freundeskreis aufgelöst hat. Solange er kräftig anpacken konnte, war seine Hilfe gefragt. "Sobald du krank bist, lassen sich deine Kumpel nicht mehr sehen", zieht Josef B. ein bitteres Resümee. Inzwischen hat er sich mit seinen begrenzten Möglichkeiten arrangiert. "Eine Halbe Bier in der Wirtschaft, das ist nicht drin." Wenn die Stromtarife jetzt erneut steigen, weiß der Frührentner nicht, wo er noch sparen soll. "Mein Fernseher läuft nicht auf Standby, jede Lampe schalte ich sofort aus." Und seine Schlafmaske für die Nacht braucht Strom, auf den er definitiv nicht verzichten kann.

Mit seinem Schwerbehindertenausweis kann Josef B. öffentliche Verkehrsmittel kostenlos nutzen. Weit herum kommt er trotzdem nicht. "Unterwegs möchte man vielleicht mal etwas essen oder trinken und das kostet." Also bleibt Josef B. zu Hause, schaut Fernsehen, sortiert Briefmarken, die ihm vor Jahren irgendwer geschenkt hat, und geht manchmal für eine Nachbarin zum Einkaufen. Wünsche mag er gar nicht äußern, aber hilfreich wäre ein stabiles Bett mit stützender Matratze, die vorhandene Schlafstätte ist schon alt und durchgelegen. Und wenn er sich den Beitrag leisten könnte, würde er gern im Fitness-Studio ein wenig sporteln. "Dann ginge das Abnehmen vielleicht ein bisschen leichter".

© SZ vom 08.12.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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