Dachau:Sonntag im Bett

Lesezeit: 2 min

Das Publikum nutzt die Finissage der Schlossausstellung, um ein letztes Mal die großformatigen Arbeiten der Künstlervereinigung anzuschauen.

Von Viktoria Großmann, Dachau

Die Blumenwiese ist abgeblüht, das Eis geschmolzen und damit ist: finis. Die Schlossausstellung der Künstlervereinigung Dachau (KVD) ist zu Ende und es ist diesmal ein besonderer Abschied, denn fest steht bereits: 2018 wird die KVD nicht im Dachauer Schloss ausstellen. Und was danach kommt, wer weiß das schon. 2019 werden die Künstler sich vielleicht noch ganz andere Orte suchen. Denn 2019 ist das Jahr des 100-jährigen Bestehens der Künstlervereinigung, das natürlich in besonderer Weise begangen werden soll.

Paul Havemann war für die Hängung verantwortlich. Neben ihm Illusionistin Gabriele Middelmann. (Foto: Niels Jørgensen)

Das Publikum, das an diesem Sonntagnachmittag noch die letzte Chance für einen Besuch nutzt, ahnt nichts von diesem historischen Moment, und auch die Künstler selbst haben keine Zeit, feierlich zu werden. "Es war sehr gut besucht", sagt Florian Marschall, Vorstandsmitglied der KVD. Drei Kunstwerke hat die Stadt angekauft: Arbeiten von Klaus Herbrich, Günther Urban und Silvia Kirchhof. Private Käufer fanden sich bisher nicht. "Das liegt vielleicht am Format", sagt KVD-Vorsitzender Johannes Karl. "Wer hat schon so viel Platz?"

Neugierige Blicke: Die Gäste schauen bei der Finissage der Schlossausstellung besonders gründlich auf die Arbeiten der Künstlervereinigung. (Foto: Niels P. Joergensen)

"Zwei mal zwei Meter", so lautete der Titel der Ausstellung und auch die Formatvorgabe. Die Aufgabe sah einfacher aus als sie es dann war. Nicht alle sind gewöhnt, so großformatig zu arbeiten, einige, wie Marschall, haben sich deshalb nicht beteiligt. 15 von 20 Künstlern haben sich auf eine Leinwand dieser Größe beschränkt, zwei haben ihre Videoarbeiten entsprechend groß aufgezogen und drei haben den Rahmen nur auf einer Ebene eingehalten und sich sehr eindrücklich in den Raum hinein gearbeitet.

Romantisch verblüht das Blütenbett

Leinwand und Mehrdimensionalität verbinden Klaus Herbrich und Gabriele Middelmann. Middelmann erweckt die perfekte Illusion schwerer, rostiger Eisenplatten unterschiedlicher Größe und Tiefe, die sie zum Quadrat zusammensetzt. Tatsächlich handelt es sich um Papier auf Holzrahmen. Leicht und schwer zugleich sind auch Klaus Herbrichs "Flügel", die an frühe Flugobjekte erinnern und daran, wie oft der Traum vom Fliegen fürchterlich fehlgeschlagen ist. Ob das Werk für die Stadt aus diesem Gedanken heraus angekauft wurde, ist nicht bekannt. An Silvia Kirchhofs politischem Werk "Climate Kids" kam der Dachauer Oberbürgermeister, dem Umweltschutz kein kleines Anliegen ist, wohl schwerlich vorbei. Kirchhof greift, wie sie selbst sagt, "recht plakativ" das gerichtliche Vorgehen einiger US-amerikanischer Kinder gegen die Absage ihres Präsidenten an die Pariser Klimaziele auf.

Simona de Fabritiis Werk "Wieso sind wir nicht einfach liegen geblieben?" ist verblüht. (Foto: Niels P. Joergensen)

Romantisch verblühen lassen hat Simona de Fabritiis ihr Blütenbett, ihren Wiesenruheplatz. Zwei mal zwei Meter, das ist ja auch ein Standardbett aus dem Möbelhaus. De Fabritiis hat es bepflanzt, aus dem Grün zirpt es und atmet ein neonwuschliges Etwas vor sich hin. Eine Hommage an alle, die den Tag im Bett mit Blick in den Himmel verträumen wollen. Blümchenbettwäsche in die Realität übersetzt. Nicht nur in den Raum, sondern auch in die Zeit haben die Videoarbeiten von Sascha Günay und Johannes Karl die Formatvorgabe übertragen. Karl lässt in der für ihn typischen, humorigen und hintergründigen Arbeit, einen Eisbecher schmelzen. Günay lässt in seinem 3D-Clip "Flying Fortress" Städte in den Himmel wachsen.

Günther Urban hat das Quadrat konsequent zerlegt. Sein Werk "Druck - Gegendruck" hat die Stadt angekauft. (Foto: Niels P. Joergensen)

Manchmal weiß man bei einem Abschied erst hinterher, dass es einer war. Ein Abschied von immer vom Schloss, darauf will sich die KVD noch nicht festlegen. Vielleicht kann sich das nach all den Jahren auch niemand vorstellen. Es bleibt noch immer die KVD-Galerie. Die wird mit Einzelschauen weiterhin und auch im nächsten Jahr bespielt. Bereits am 15. September eröffnet die nächste Ausstellung.

© SZ vom 04.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: