Beim Amoklauf am Münchner Olympia-Einkaufszentrum wurden direkt neben ihnen Menschen verletzt oder gar getötet. Erst jetzt bemerken manche Augenzeugen des Attentats, dass sie alleine nicht mit ihren Erlebnissen fertig werden. "Diese Nachwirkungen beschäftigen uns massiv", sagt Wolfgang Bössenroth, Leiter der Dachauer Außenstelle des Weißen Rings. Der Opferhilfe-Verein vermittelt Betroffenen rasch einen Termin bei spezialisierten Psychologen, organisiert finanzielle Leistungen für Geschädigte, die aufgrund der traumatischen Erfahrung ihren Beruf zeitweise nicht ausüben können. Aber nicht nur nach solch schweren Gewalttaten ist der Weiße Ring gefragt. Denn egal ob Attentat, Wohnungseinbruch, Cybermobbing oder Überfall: Jede Straftat schädigt und traumatisiert die Betroffenen, wenn auch unterschiedlich schwer. Damit die Leidtragenden nicht alleine dastehen, hilft der Weiße Ring seit 40 Jahren Opfern von Kriminalität und Gewalt. Auch im Landkreis, wo engagierte Bürger seit 20 Jahren Geschädigte beraten, betreuen und ihnen finanzielle Unterstützung vermitteln.
Die Bilanz der Außenstelle für Stadt und Landkreis Dachau, die seit 2011 der Karlsfelder Wolfgang Bössenroth leitet, kann sich sehen lassen: Mehr als 1200 Opfer wurden persönlich betreut, fast eine halbe Million Euro ausbezahlt. Entscheidend ist aber die menschliche Zuwendung, mit der ehrenamtliche Helfer die Betroffenen begleiten. Das betonte ausdrücklich Landrat Stefan Löwl (CSU) bei einer Feierstunde zum Doppel-Jubiläum, zu der Mitglieder, Unterstützer, betroffene Opfer und Kommunalpolitiker ins Landratsamt gekommen waren. Die Unterstützung für Opfer von Straftaten richtet sich nach dem individuellen Bedarf. Betroffene werden begleitet zu Terminen bei Behörden, Polizei, Anwälten und Gerichtsverfahren, auch fachliche Unterstützung wird vermittelt. Die Tätigkeit der freiwilligen Helfer setzt da an, wo der Staat keine Unterstützung bietet. Die ehrenamtliche Arbeit beim Weißen Ring wird ohne verwaltungstechnischen Aufwand und auch ohne Büro geleistet. Umso wichtiger ist die Unterstützung, die von den Kreisgemeinden wie von den örtlichen Banken geleistet wird. "Nicht nur durch regelmäßige finanzielle Zuwendungen, sondern auch durch die Bereitstellung von Räumen für Besprechungen". Auch trügen Mitglieder dazu bei, "den dringend notwendigen Einfluss auf Politik und Gesellschaft zu verstärken", sagt Bössenroth.
Auf Bundesebene wurde der Weiße Ring als Organisation der Opferhilfe 1976 auf Initiative des Fernsehjournalisten Eduard Zimmermann gegründet, der durch seine Sendung "Aktenzeichen XY - ungelöst" bekannt ist. Im Vordergrund standen von Anfang an persönliche Betreuung, finanzielle Überbrückung von Notlagen wie auch die Übernahme von Anwaltskosten zur Wahrung von Opferschutzrechten. Ziel war und ist, dass Betroffene gut informiert und ohne Angst vor Kosten die für sie persönlich richtigen Entscheidungen treffen, daraus Kraft und neuen Lebensmut gewinnen können. Nach diesen Leitlinien arbeiten auch die regionalen Außenstellen, die der nach wie vor in seinem Amt aktive Landesvorsitzende Bayern Süd, Franz Pabst, vor 20 Jahren initiiert hat. Heute unterstützen in Deutschland 50000 Mitglieder den Weißen Ring, 3200 Ehrenamtliche sind in 420 Außenstellen für die Opferhilfe tätig.
Im Landkreis kümmern sich einige Ehrenamtliche schon besonders lange Zeit um die Opferhilfe. Unter den Festgästen der Jubiläumsfeier waren drei Gründungsmitglieder der Dachauer Außenstelle, die seit 20 Jahren nicht nur Mitglied, sondern im Verein aktiv sind. Susanne Seßler (stellvertretende Leiterin der Außenstelle), Gisela Meikis (bis 2011 Leiterin der Außenstelle) und Petra Wagner dankte Wolfgang Bössenroth ausdrücklich für dieses Engagement und würdigte die Geehrten als "Rückgrat der Außenstelle".