Dachau:Ganz oder gar nicht

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Fachbehörden verlangen eine komplette Entsorgung der Altlasten auf dem MD-Gelände und bestätigen das Sanierungskonzept des Investors Herbert R. Ullmann. Solange das Areal nicht bebaut wird, besteht keine Gefahr.

Von Helmut Zeller

Nach seinem Auftritt im Bauausschuss des Dachauer Stadtrats wurde der Experte vom Wasserwirtschaftsamt München noch deutlicher: "Ich wäre glücklich, wenn das Sanierungskonzept des Investors umgesetzt würde", sagte Sachgebietsleiter Horst Schmidt der SZ. Der Dachauer Bauunternehmer Herbert R. Ullmann und die finnische Grundbesitzerfamilie Myllykoski entwickeln die MD-Industriebrache am Fuß der Altstadt. Im Mai präsentierten sie den Stadträten ein Konzept zur Altlastenentsorgung auf dem 17 Hektar großen Areal der ehemaligen Papierfabrik. Das Gelände soll demnach komplett dekontaminiert werden - für geschätzte 30 Millionen Euro Kosten. Kai Kühnel (Bündnis für Dachau) wollte der einseitigen Information des Investors nicht vertrauen und forderte Stellungnahmen der Fachbehörden - die fielen jetzt aber anders aus als erwartet und bestätigten letztlich Ullmanns Sanierungskonzept.

Im Hintergrund der Debatte wirkt der Verdacht, dass der Investor wegen dieser immensen Kosten der Altlastenentsorgung, die er tragen muss, eine höhere Baudichte und eine scheibchenweise Entwicklung des Geländes durchsetzen wolle. Das wäre dann jene Rosinenpickerei, gegen die sich die Stadträte schon immer ausgesprochen haben. Oberbürgermeister Florian Hartmann (SPD) stellte zu Beginn der Sitzung die Gretchenfrage: Welche Entsorgung ist aus der Sicht der Fachleute nötig? Und Bündnis-Stadtrat Kühnel stellte in Frage, dass ein Gelände wie die Industriebrache komplett saniert werden muss.

Alfred Schreyer von der Bodenschutzbehörde des Landratsamts sprach sich jedoch für eine komplette Sanierung des Areals aus, da die geplante Wohnbebauung aber auch Gewerbe und Dienstleistung eine sensible Nutzung darstellten. Der Sanierungsplan des Investors sei kritisch bewertet worden, sagte Schreyer auf Nachfrage der SPD. Bodenschutzbehörde, Gesundheitsamt, Landwirtschaftsamt und Wasserwirtschaftsamt sind eingeschaltet gewesen. Auch die vorgesehene Abtragung von sechs Metern Erdreich wurde von den Experten als sinnvoll erachtet.

Es gebe zwei Arten von Altlasten, sagte Horst Schmidt. Auffüllungen mit Schlackenresten aus dem ehemaligen Kohlekraftwerken und - wirklich problematisch - betriebsbedingte Einträge LHKW (leichtflüchtige halogenierte Kohlewasserwasserstoffe), die krebserregend sind und die Ozonschicht schädigen . Diese Stoffe befänden sich im Grundwasser und es reiche nicht aus, etwa nur zwei Meter tief zu graben, erklärte Schmidt. Bei einer Absenkung des Mühlbachs auf dem Gelände der früheren Papierfabrik habe man 4200 Mikrogramm LHKW pro Liter Wasser gemessen - laut Schmidt ein unzumutbarer Wert. Am meisten belastet sind die Flächen des ehemaligen zentralen Werksgebäudes, der Schleiferei und der Walzenwerkstatt.

Allerdings besteht laut Fachleuten kein Grund zur Beunruhigung: Die Altlasten liegen unter versiegelten Flächen und der natürliche Austrag ist sehr gering, liegt bei nur ein Kilogramm LHKW im Jahr. Bündnis-Stadtrat Kühnel wollte aber schon wissen, warum denn die Behörden seit zwölf Jahren nicht schon tätig geworden sind. "Warum nimmt das eine Behörde so hin, wenn ein Betrieb schließt", fragte Kühnel. Die MD-Papierfabrik wurde vor sieben Jahren geschlossen. Schreyer und Schmidt wiesen die Vorwürfe zurück. Man habe einen Katastereintrag über die belasteten Flächen gemacht und kontrolliere die Kontamination seit Jahren über ein Grundwassermonitoring, das der Grundstückseigentümer bezahlen muss. "Derzeit besteht kein Handlungsbedarf", sagte Schmidt und betonte " derzeit".

Die CSU-Fraktion sprach sich für den Sanierungsplan des Investors aus. "Wir müssten doch alle das Interesse haben, dass der ganze Dreck wegkommt", sagte Gertrud Schmidt-Podolsky. Fraktionssprecher Dominik Härtl erklärte: Den Kollegen Kühnel treibe die Sorge um, der Investor könne mehr Wohnungen bauen wollen. "Diese Sorge teile ich nicht." Stadtrat Wolfgang Moll sagte mit Blick auf die voll besetzten Besucherränge im Sitzungszimmer: "Wir wollen den Bauwerber nicht gleicher behandeln. Wir sanieren hier ganz normal." Nach dem Zeitplan für die Sanierung der Industriebrache dauert es noch Jahre, bis mit dem Bau des neuen Stadtteils am Rande der Altstadt begonnen werden kann.

© SZ vom 16.07.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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