Theatertage Dachau:Furioser Auftakt

Lesezeit: 2 min

Stefan Wilkening, Roman Bunka und Max Bauer begeistern mit den Geschichten von Till Eulenspiegel.

Von Angelika Aichner, Dachau

Auch wenn nach wie vor nicht geklärt ist, ob Till Eulenspiegel tatsächlich gelebt hat, wird er auf der Bühne im Ludwig-Thoma-Haus lebendig. In Form einer viel zu kurzen, braunen Latzhose, einem ungebügelten, weißen Hemd und mit einer Narrenkappe auf dem Kopf. So feixt Stefan Wilkening, zieht Grimassen, und rappt über den Possenreißer Till Eulenspiegel, dessen Geschichten die Theatertage 2015 eröffneten. Dass die Veranstaltung bereits mehrere Tage vorher ausgebucht war, ist gar nicht mal so verwunderlich, da Stefan Wilkening in Dachau schon mehrmals brilliert hatte. Die 200 Zuhörer erlebten ein Schauspiel und ein Hörspiel gleichermaßen.

Hörspiel mit Musik

Nachdem Wilkening seine Narrenkappe abgenommen hat, verwandelt er sich vom Possenreißer in einen Märchenerzähler. Das Hörspiel mit Musik beginnt. Er schildert Till Eulenspiegels Gaukeleien, die sich angeblich im 14. Jahrhundert so zugetragen haben. Wilkening erzählt, wie Till Eulenspiegel an einem Tag gleich dreimal getauft wurde, wie er zwei Diebe austrickste, wie er die Dorfbewohner, einen Bäcker, den Landgrafen von Marburg, einen Bürgermeister und einen Pfarrer sehr gescheit vorführte. Kinder und Erwachsene schüttlen sich vor Lachen. Besonders toll finden sie die Geschichte, in der Till Eulenspiegel einen Wirt austrickst: Eulenspiegel wartet und wartet in einer Kneipe auf sein Essen. Weil das Fleisch aber noch nicht gar ist, begnügt er sich mit einem Brot und will das Fleisch dann gar nicht mehr haben, er sei schon vom Geruch des Essens satt geworden, sagt er zum Wirt. Dieser will trotzdem kassieren, weil Eulenspiegel ja schließlich satt geworden sei. Daraufhin lässt dieser ein paar Münzen klingeln und sagt, er bezahle mit dem Klang des Geldes, so wie er sich auch mit dem Duft des Essens habe begnügen müssen.

1 / 2
(Foto: Theatertage Dachau,oh)

Das Theater Maskara hat sich den Märchen und dem Stil der Comedia dell'arte verschrieben. Der Eisenhans erzählt vom Erwachsenwerden.

2 / 2
(Foto: Niels P. Jørgensen)

Stefan Wilkening begeistert sich selbst für Till Eulenspiegel.

Über diese Geschichten amüsiert sich das Publikum nicht nur, weil sie lustig sind, sondern auch, weil in jeder Geschichte menschliche Schwächen aufgegriffen werden: sei es die Torheit des Landgrafen von Marburg, der sich nicht eingestehen mag, über den Tisch gezogen worden zu sein, oder die Habgier des Bürgermeisters, der die Beerdigung Eulenspiegels nur deshalb bezahlt, weil er sich einen höheren Lohn aus dem Erbe des Spaßmachers verspricht. Am Ende wird er leer ausgehen, genauso wie all die anderen Figuren, die Till Eulenspiegel an der Nase herum- und vorführt. Wilkening saust über die Bühne, tanzt, er verrenkt seine Arme und Beine und überzeichnet dabei seine Figuren bis hin zur Lächerlichkeit: einen frommen Priester, einen dümmlichen Landfürsten, ein altes Mütterchen, den listigen Till und all die anderen skurrilen Figuren, die in den Geschichten vorkommen.

Nicht nur die Darsteller begeistern

Die Begeisterung des Publikums gebührt aber dem Schauspieler nicht alleine. Denn Roman Bunka an der Gitarre und Perkussionist Max Bauer erschaffen ein Klangbild, das selbst zum Akteur des Schauspiels wird. Vor allem Bauers Geräusche lassen die Geschichten um den Narren Till Eulenspiegel lebendig werden; mit Klangstäben, Körnern, mit Schellen und einem Topf gefüllt mit Wasser, mit Trommeln und allerlei weiteren Utensilien gestaltet er die Veranstaltung zu dem, was sie laut Programmheft sein soll, zu einem Live-Hörspiel.

Zum Abschluss sangen Wilkening und das Publikum das Eulenspiegel-Lied. Sie sangen es so lange, bis sich der Vorhang schloss und selbst draußen vor dem Saal summten noch manche die Melodie. Ein furioser Auftakt der Theatertage.

© SZ vom 10.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: