Brauchtum:Oarbetteln und Jaudasfeuer

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Willi Junglas hat in seinem Garten in Hilgertshausen einen Osterbaum in Form einer Krone errichtet. (Foto: Niels P. Joergensen)

Viele Osterbräuche haben einen heidnischen Ursprung und gehen auf Fruchtbarkeitsrituale zurück. Bauern verfüttern geweihte Palmbuschen an ihr Vieh, Hühner bekommen Eierschalen zum Fressen. In der Freinacht treiben junge Burschen manchmal bösen Unfug

Von Deborah Portejoie, Dachau

Die Supermärkte sind schon einige Wochen voll mit Schokoladenhasen und die Kinder freuen sich schon auf die Eier (und eventuelle Süßigkeiten), die der Osterhase am Sonntag bringen wird. Wie der Brauch des Eier bringenden Hasen überhaupt entstand, ist aber bis heute nicht eindeutig geklärt. "Früher wurden die Eier auch nicht vom Hasen gebracht, sondern vom Gockel", weiß Kreisheimatpflegerin Birgitta Unger-Richter. Bekannt sei, dass der Hase ein Fruchtbarkeitssymbol ist, sagt Norbert Göttler, Bezirksheimatpfleger und ehemaliger Kreisheimatpfleger des Landkreises Dachau. Das Osterfest ist nicht an ein festes Datum gebunden und wird auch nicht anstelle eines heidnischen Festes gefeiert, wie es heute vom Weihnachtsfest angenommen wird. "Ostern ist ein christlicher Zeitpunkt." Zu diesem Zeitpunkt im Frühling beginnt auch die Natur aufzublühen, Tiere, wie zum Beispiel der Hase, bekommen im Frühjahr sehr viel Nachwuchs. Deswegen gingen der theologische Gehalt des Osterfestes und Fruchtbarkeitsrituale ineinander über, erklärt Norbert Göttler.

Osterbräuche, die ihren Ursprung im Dachauer Land haben oder ausschließlich dort gepflegt werden, gibt es nicht. Die meisten Bräuche sind überregional, wie auch die Osterbrunnen, die ursprünglich aus Franken kommen und mittlerweile auch im Landkreis verbreitet sind. Einige der heutigen kirchlichen Osterbräuche sind "Fruchtbarkeitsbrauchtümer". Am Palmsonntag zum Beispiel bringen die Gläubigen Palmbuschen in die Kirche, die vom Pfarrer geweiht werden. Die geweihten Palmbuschen werden an das Vieh verfüttert. Hühner erhalten Eierschalen als Futter. Das soll die Fruchtbarkeit der Tiere erhöhen und allgemein Unheil abwehren.

Zur Gründonnerstagsliturgie gehört die Fußwaschung. Zudem werden in vielen Familien grüne Speisen wie grüne Suppen oder grüne Soßen gegessen. Das "Grün" in Gründonnerstag wird hier wörtlich genommen. Eigentlich komme das "Grün" aber von dem mittelhochdeutschen Wort "greinen", was so viel wie weinen bedeute, erzählt Göttler. Auf den Gründonnerstag folgt der Karfreitag, in der Kirche ein "stiller Tag", an dem keine Glocken läuten. Früher wurde der Gottesdienst mit Karfreitagsratschen angekündigt. Noch heute gehen die Ministranten zum Beispiel in Indersdorf mit einem Ratschenwagen durch die Gemeinde.

Am Samstag gibt es in vielen Dörfern im Landkreis vorgezogene Osterfeuer, die Judas- oder Jaudasfeuer genannt werden. Vor allem junge Leute suchen sich Brennmaterial und zünden es an. Anschließend feiern die jungen Leute gemeinsam, wobei manchmal auch "kräftig getrunken wird", sagt Birgitta Unger-Richter. Die Judasfeuer haben antisemitischen Charakter, häufig werden auch Strohpuppen, die den Verräter darstellen, verbrannt. In der Nacht von Samstag auf Sonntag ist eine Freinacht. Junge Burschen ziehen umher und treiben Unfug. "Früher war die Freinacht eine Art Sozialkontrolle für die Bauern", sagt Göttler. Schlampige Bauern, die ihre Gerätschaften im Hof herumliegen ließen, wurden zurechtgewiesen, indem ihr Werkzeug versteckt wurde. Heute wird manchmal die Grenze zum Vandalismus überschritten. "Kanaldeckel ausheben ist nicht erlaubt und auch gefährlich. Allgemein ist es nicht in Ordnung, Dinge zu zerstören", so Göttler. Auch das "Oarbetteln" findet in der Nacht von Samstag auf Sonntag statt. Burschen bitten vor den Fenstern der Mädchen um Eier. Bekommen sie ein rotes Ei, können sie sich Hoffnung auf mehr machen. Heute sei das Eierbetteln aber oft eher ein "Schnapsbetteln", sagt Göttler.

Am Ostersonntag geht es am Morgen dann in die Kirche. Dort wird das Osterfeuer entzündet, das die Auferstehung Jesu symbolisiert. Die Gläubigen bringen Körbe mit, oft traditionell gefüllt mit gefärbten Eiern, Osterbrot, einem Osterlamm, geräuchertem Fleisch und manchmal Wein. Der Korb wird vom Pfarrer gesegnet und der Inhalt zum Osterfrühstück verzehrt. Am Ostersonntag werden in manchen Familien auch Spiele gespielt. Da gibt es das Eierrollen oder das Eierpecken. Beim Eierpecken schlägt ein Spieler sein hart gekochtes Ei gegen das Ei seines Gegenspielers. Das Spiel kann reihum am Tisch gespielt werden. Sieger ist derjenige Spieler, dessen Ei am Ende unversehrt geblieben ist.

Am Ostermontag schließlich gibt es noch den Emmausgang, bei dem Leute, manchmal begleitet von einem Pfarrer, einen langen Spaziergang am Morgen machen.

© SZ vom 12.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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