Bergkirchen:"We wanna thank you"

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Mathew James White leitet das Musikprojekt. (Foto: Stephen Porteous (oh))

Mit Singer-Songwriter Mathew James White nehmen acht Flüchtlinge einen selbstkomponierten Song auf - auch als Dank an das Gastland.

Von Tobias Roeske, Bergkirchen

Die Eindrücke, die ein Flüchtling in seiner teils vom Krieg zerrütteten Heimat und auf seiner Flucht in ein unbekanntes Land erlebt, können Narben hinterlassen. Damit sie verheilen, bedarf es eines besonderen Maßes an Zuwendung. Neben persönlichen Gesprächen und der Unterstützung durch lokale Helferkreise kann auch die Musik ihren Beitrag dazu leisten. Im Rahmen der Veranstaltung "P.Obb-Labor" haben acht Flüchtlinge und zwei deutsche Teilnehmer das Lied "I Wanna thank You" geschrieben, in dem sie sich für die Hilfe bedanken, die die Flüchtlinge in Deutschland erfahren haben. Unter der Leitung des Singer-Songwriters Mathew James White wird die Eigenkomposition am 18. und 19. April im Bruggerhaus in Bergkirchen aufgenommen.

Als erster "Popularmusikbeauftragter des Regierungsbezirks Oberbayern" hat der Jazz-Schlagzeuger, Mediengestalter und Musikjournalist Matthias Fischer die Veranstaltungsreihe "P.Obb-Labor" ins Leben gerufen. Mit dem Ziel, angehende Künstler und Musiker zu fördern, kann sich jeder Landkreis und jede kreisfreie Stadt in Oberbayern als Veranstalter für einen Workshop in Kooperation mit dem Bezirk bewerben. Der Veranstalter hat freie Themenwahl aus den vier Modulen: PR, Musikbranche, Handwerk und Präsentation. Er kann Ort und Zeit selbst bestimmen und bekommt vom Bezirk einen Zuschuss von etwa 500 Euro, sowie die Kosten für Dozenten erstattet.

Die Initiative für das Lied ging allein von den Teilnehmern aus

Die Church's Hill Jugendkultur aus Bergkirchen hat am 21. Februar zum zweiten Mal die Chance ergriffen und einen Workshop zu dem Thema Songwriting veranstaltet. Dazu haben sie den eigens aus Berlin angereisten Songwriter Mathew James White eingeladen. Da sich die Church's Hill Jugendkultur nicht nur mit Jugendarbeit sondern auch mit Integrationshilfe beschäftigt, gaben sie acht Flüchtlingen aus der Traglufthalle im Bergkirchener Gewerbegebiet Gada die Möglichkeit, an dem Workshop teilzunehmen.Nach einer Einführung von Mathew James White in die Theorie des Liedermachens hatten die sechs Nigerianer und zwei Syrer den Wunsch, einen Song mit dem Thema "Thank you Germany for the Hope you gave us" zu schreiben.

"Die Initiative für dieses Lied ging komplett von den Teilnehmern aus. Niemand hat sie dazu gedrängt", versicherte Korbinian Königsberger, der Vorsitzende der Church's Hill Jugendkultur. Nachdem feststand, mit welchen Inhalten sich der Song befassen sollte, diskutierten die Teilnehmer über Harmonie, Melodie und Liedtext. Zur Orientierung bedienten sie sich an dem Song "We are the World" von der Gruppe USA for Africa. Für die Textgestaltung erzählten Flüchtlinge von ihren Erlebnissen, die sie teilweise in Kämpfen in ihrer Heimat und auf ihrer Flucht gemacht hatten. Auch die Dankbarkeit und Hoffnung, die sie nach ihrer Ankunft in Deutschland spürten, sollte thematisiert werden. Damit stand das Grundgerüst für das Lied, das mit dem Chorus "We wanna thank you" umrahmt werden sollte. "Nach dem Ende dieses hochemotionalen Workshops versprach White, die Ideen in seinem Heimstudio aufzunehmen und an alle Teilnehmer zu schicken", sagte Königsberger.

Große Begeisterung

Die Begeisterung und das Interesse an diesem Projekt war so groß, dass der Bezirk für Oberbayern nur einen Tag später weitere Gelder für die Fortführung des Projekts genehmigte: Kommende Woche treffen sich Mathew James White, die Flüchtlinge und die übrigen Teilnehmer zu einem weiteren P.Obb-Labor Workshop in Bergkirchen. Dort wollen sie den Song auf textlicher Ebene fertigstellen, sowie Solo-Stimmen, Rap-Passagen, den Chorus und Instrumentstimmen aufnehmen.

Auch wenn die Projektleiterin der Bayerischen Landeskoordinierungsstelle Musik, Birgit Huber, offiziell nichts mit der Veranstaltung zu tun hat, weckte der Erfolg des Workshops ihr Interesse. Sie wird deshalb auch bei den Aufnahmen zugegen sein. Matthias Fischer wird ebenfalls teilnehmen. Für ihn sei es wichtig, Orientierung zu geben, anstatt strikte Kursinhalte zu vermitteln. Er sehe sich eher als Impulsgeber für eigene Ideen und nicht für die Imitation bestehender Stücke. "Ich werde kreativ Schaffende tatkräftig unterstützen", erklärt der Popmusikbeauftragte.

Und dann noch eine Flüchtlingsband

Neben den P.Obb-Labor-Veranstaltungen engagiert sich die Church's Hill Jugendkultur noch mit weiteren Projekten in der Flüchtlingshilfe. Unter anderem versuchen sie gerade, eine Band aus Flüchtlingen zu gründen, die sich mit einer musikalischen Leitung einmal pro Woche treffen soll um gemeinsam zu musizieren. Korbinian Königsberger: "Das wäre eine tolle Sache für die Flüchtlinge. Wir haben schon viele Spenden dafür bekommen. Leider reicht das Geld bis jetzt noch nicht aus."

© SZ vom 14.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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