Artenschutz:Die Muschelschützer

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Günter Schön und Michael Keller kümmern sich um die bedrohten Schalentiere in heimischen Gewässern.

Von Deborah Portejoie, Dachau

Um die 400 Muscheln liegen im Schlamm. Sie drohen auszutrocknen. Ein Biber hat ein Loch in einen Damm zwischen Weiher und Bach gebohrt. Und so ist das Wasser aus dem Weiher gelaufen. Gut, dass es Günter Schön aus Markt Indersdorf gibt: Er klaubt die Muscheln schleunigst auf und bringt sie in ein anderes Gewässer, damit sie nicht verenden. "Das ist ein schönes Beispiel dafür, welche Probleme zwischen zwei geschützten Arten entstehen können. Aber dafür sind wir ja da", sagt Schön. Er ist ausgebildeter Muschelbetreuer und kümmert sich zusammen mit Michael Keller aus Oberzeitlbach um die Muschelpopulationen im Landkreis Dachau.

Tja, wer jetzt stutzt und denkt Muscheln gibt es doch nur im Meer, der irrt. In den Gewässern des Landkreises gibt es nämlich Teich- und Bachmuscheln. Besonders letztere sind akut vom Aussterben bedroht und unterliegen deshalb strengen Schutzbestimmungen. Die Population ist in Bayern inzwischen soweit dezimiert, dass nur noch 20 Prozent der Tiere leben, sagt Schön. Vor allem in einem Bach im Landkreis tummeln sich die Muscheln gerne, das wissen die beiden Betreuer. Teichmuscheln findet man indes noch in mehreren Gewässern. Wo genau diese sind, will Schön aber nicht verraten, "weil wir die Bestände behalten wollen". Er fürchtet, dass "Leute Unfug treiben und den Muscheln schaden". Aber selbst wenn die Menschen sie nur anschauen wollen, kann das schon Gefahr für die bedrohten Tiere bedeuten. Etwa wenn jemand aus Versehen auf eine Muschel tritt. Das sei in anderen Landkreisen bereits passiert.

Die größte Gefahr geht aber von Verschmutzungen aus, wie etwa Düngemittel oder Abwässer, die unbemerkt in die Bäche fließen. Muscheln reagieren sehr empfindlich darauf. Und dann gibt es noch die weit verbreiteten Bisamratten, die die Schalentiere gerne fressen. Deshalb überwachen Schön und Keller die Bäche und Weiher genau, um rechtzeitig eingreifen zu können, falls es nötig wird.

Wenn nötig, werden Muscheln auch mal in Obhut genommen

Die beiden Betreuer haben aber auch die Aufgabe zu beraten und aufzuklären. Anders als Naturschutzwächter, die die Personalien von Umweltsündern aufnehmen, Gegenstände sicherstellen und die Störer vom Platz verweisen dürfen, haben die Muschelbetreuer keine so weitreichenden Befugnisse. Sie dürfen die Leute nur belehren. Gegenüber der Koordinationsstelle für Muschelschutz haben sie indes eine Meldepflicht. Etwa wenn sie die seltenen Schalen in Gewässern finden, von denen noch nicht bekannt war, dass sie Muschelpopulationen beherbergen.

Andererseits dürfen sich die Betreuer auch auf die Kooperation der Gemeinden verlassen. Hat eine Kommune zum Beispiel vor, am Ufer eines Bachs oder Teichs etwas zu verändern, muss sie Schön oder Keller informieren, sodass die beiden die Muscheln schützen können. So nehmen sie die Tiere schon mal aus dem Wasser, wenn ihnen dort Gefahr droht und setzen sie später, wenn das Problem behoben ist, wieder an ihren Platz. Wenn das nicht möglich ist, muss ein neues Gewässer für die Muscheln gefunden werden.

Aber warum wird man Muschelbetreuer? Schön und Keller mussten sich immerhin fortbilden, um den Titel zu erhalten und müssen viele ehrenamtliche Stunden aufwenden, um die Tiere wirksam schützen zu können. Gut, jetzt im Winter hatten sie nicht viel zu tun, denn in der kalten Jahreszeit sind die Muscheln nicht zu sehen. Aber das wird sich jetzt ändern. Schön war 20 Jahre Fischereiaufseher und hat deshalb ein großes Interesse an Gewässern. Keller war früher Landwirt, jetzt ist er in Rente und widmet sich seiner Leidenschaft: dem Naturschutz. Übrigens sowohl Schön, als auch Keller kümmern sich nicht nur um Muscheln, sie sind auch Biberberater.

© SZ vom 22.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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