Aquaball nonstop:Der nasse Wahnsinn

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24 Stunden lang spielten die Dachauer "Bunnyhunters" 2004 Aquaball. Andreas Reuschel war dabei und schwor sich: Nie wieder. Jetzt hat er mit seiner Mannschaft einen neuen Weltrekord aufgestellt.

Petra Neumaier

Wie bei einem schweren Sturm ist das Wasser aufgewühlt. Sieben Männer und eine Frau stehen in dem kleinen Becken, rudern mit den Armen, schlagen mit den Beinen, springen, gleiten. Von Hand zu Hand zischt der bunte Ball, rechts, links, nach vorne, knallt gegen die rote Bande, klatscht an die Wand und ist weg. Pause? Gibt's nicht. Sofort geht's weiter, 26 Stunden lang nonstop beim Weltrekordversuch der Dachauer Aquaballer im Hallenbad.

Samstagabend, 22 Uhr. In fast subtropischer Temperatur kämpfen die Bunnyhunters, so nennen sich die Aquaballer des SVD, bei lauter, flotter Musik nicht nur darum, 26 Stunden lang durchzuhalten. Sondern auch gegen die angetretenen Mannschaften zu siegen. 24 haben zugesagt, Handballer, Firmenkollegen, Bekannte, freiwillig sogar zu den Nachtzeiten, was Abteilungsleiter Peter Demmelmayr "ziemlich cool" findet.

Bereits 2001 hatte er den ersten Rekordversuch organisiert, nicht aus Profilierungsgründen, sondern um den noch jungen Sport bekannter zu machen. Damals musste die Truppe nach 19 Stunden aufgeben. 2004 klappte dann der 24-Stunden-Weltrekord. Mit dabei war damals auch Andreas Reuschel, der sich schwor, eine solche Tortur nie wieder mitzumachen. Jetzt sitzt er am Beckenrand, feuert seine Kameraden an, kommentiert Spielzüge und sorgt für Verpflegung. Ohne die ging gar nichts. Mit ordentlichen Nudelportionen, Mineralien, Powerdrinks und viel Wasser versuchen sich die sechs Sportler (Henning Knebel (49), Peter Demmelmayr (33), Jonas Hücherig (21), Korbinian Kaspar (22), Andreas Lutzenberger (25) und Matthias Gattinger (17) 26 Stunden bei Kräften zu bleiben.

Ein schweres Unterfangen. Vier von ihnen sind in einer Mannschaft, zwei haben Pause, nach einer Stunde werden sie eingewechselt. Macht zwei Stunden Power-Handball im Wasser am Stück. Die übliche Dauer eines Spiels ist zweimal acht Minuten. Hochleistungssport im Dauerstress. Denn obwohl noch 13 Stunden vor ihnen liegen, schenken sich die Spieler nichts. Demmelmayr steigt aus dem Wasser. Endlich Ablösung. Die Haut aufgeweicht und schrumpelig, die Augen vom Chlor gezeichnet lässt er sich auf die Bank fallen. Im Abstellraum haben sich die Spieler Matratzen ausgelegt. Schlafen? Fatal. Wer einmal schläft, wird kaum mehr wach. Die Erfahrung sollte Korbinian machen: Andreas Reuschel hatte gegen fünf Uhr große Mühe, den erschöpften Spieler wieder aufzuwecken. Die Kräfte sind zu diesem Zeitpunkt fast dahin. Krämpfe stellen sich ein, das Wasser wirkt immer kälter, Neoprenanzüge werden ausgepackt. Nur mit Mühe stellen sie sich den noch frischen Gegnern, schaffen trotzdem fast durchweg Siege. "Gute Gegner motivieren", sagt Peter Demmelmayr.

Trotzdem dehnt sich die Zeit jetzt wie Kaugummi. Die Arme sind schwer wie Blei, die Füße voller Blasen, die Haut blass und aufgeschwemmt, die Augen dunkelrote Schlitze. Die Sonne geht über dem Hallenbad auf und mit ihr neue Hoffnung, den Rekord zu schaffen. Die Würfe sind zwar langsamer, das Wasser ruhiger, trotzdem hagelt es Treffer. Um sechs Uhr das 1000. Tor, geworfen vom jüngsten Spieler Matthias, um neun schafft Korbinian, jetzt wieder voll da, Tor Nummer 1200. Vier Stunden später ist es geschafft - mit 1652 zu 851 Toren.

In das Guinnessbuch der Rekorde kommen sie mit ihrem neuen Weltrekord zwar nicht (der Herausgeber wollte zur Beschleunigung des Genehmigungsverfahrens im Vorfeld 490 Pfund haben, was die Sportler ablehnten). Ihre Leistung schmälert das aber nicht. Peter Demmelmayr, kaum fähig, sich alleine das Trikot auszuziehen, sagt: "Sollte ich noch einmal auf die Idee kommen, den Rekord zu brechen, dürfen meine Kameraden mich erschlagen."

© SZ vom 27.09.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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