54-jähriges Opfer kann seinen Beruf nicht mehr ausüben:Roh, brutal, menschenverachtend

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Ein 35-jähriger Mann hat im Februar vergangenen Jahres eine Dachauer Taxifahrerin überfallen und schwer verletzt. Jetzt muss er acht Jahre ins Gefängnis.

Von Benjamin Emonts, Markt Indersdorf / München

"Brutal. Roh. Und ohne jede Wertschätzung anderen Lebens." Die junge Staatsanwältin am Landgericht München II findet in ihrem Schlussvortrag deutliche Worte über den Mann, der im Februar vergangenen Jahres eine Dachauer Taxi-Fahrerin brutal überfallen und ausgeraubt hat. Die erste Strafkammer unter Vorsitz von Richter Thomas Bott verurteilt den 35-Jährigen wenig später zu acht Jahren Gefängnis. Der gebürtige Rumäne hat sich nach Auffassung des Gerichts des räuberischen Angriffs auf einen Kraftfahrer, des besonders schweren Raubes und der gefährlichen Körperverletzung schuldig gemacht.

Der Dachauer Anwalt des Opfers, Jürgen Lietz, quittiert das Urteil mit einem zufriedenen Kopfnicken und einem wohlwollenden Blick in die Augen seiner Mandantin.

Die Konfrontation mit den traumatischen Erlebnissen an den fünf Verhandlungstagen hat offensichtlich Spuren bei der Frau hinterlassen. Bis heute leidet die 54-Jährige unter Schlafstörungen und Angstzuständen infolge des brutalen Gewaltverbrechens. Ihren Beruf als Taxi-Fahrerin will sie nie wieder ausüben.

Schon 2010 versuchte ein Fahrgast, die Frau umzubringen

Und dennoch wirkte die 54-Jährige sehr gefestigt, als sie bei Prozessbeginn ihre schwer zu ertragende Geschichte erzählte. Bereits im Jahr 2010 hatte ein psychisch kranker Kunde versucht, die Taxi-Fahrerin von hinten mit einem Kabel zu erdrosseln, um nicht bezahlen zu müssen. Die Frau konnte sich damals aus eigener Kraft befreien und kämpfte sich über Therapien mühsam zurück ins Leben. Auch damals sagte sie gegen den Täter vor dem Landgericht München II aus. Der Mann wurde zu drei Jahren und zehn Monaten Haft verurteilt.

Sechs Jahre später dann der nächste Raubüberfall. Ein mehrfach vorbestrafter Rumäne stieg sonntagabends am Dachauer Bahnhof in ihr Auto ein und forderte sie auf, zum OBI-Markt im Gewerbegebiet zu fahren. Weil dort viele Personen unterwegs waren, dirigierte er die Frau weiter zu einer Pizzeria in Markt Indersdorf. Kurz nach dem Kloster packte er sie von hinten an der Schulter und bedrohte sie mit einem Messer. Er zwang die Frau, in Richtung Gut Häusern zu fahren und in einen Waldweg abzubiegen. Dann schlug er auf sie ein und fügte ihr mehrere Schnittwunden an Fingern und am Unterarm zu. Als die Frau zu Boden ging, trat er ihr mehrmals gegen den Kopf und schlug ihr zwei Zähne aus. Anschließend flüchtete der Rumäne mit dem Wagen im Wert von 25 000 Euro. Ein Taxi-Kollege, der unterwegs zum Golfplatz Gut Häusern war, entdeckte die stark blutende Frau und brachte sie ins Krankenhaus.

"Es tut mit sehr, sehr leid"

Aus einem Gutachten geht hervor, dass das Opfer noch relativ glimpflich davon gekommen war. Insbesondere die Fußtritte gegen den Kopf und eine Schnittverletzung unweit der Hauptschlagader seien lebensbedrohlich gewesen. Der Rumäne entledigte sich nach der Tat aller Utensilien, die das Fahrzeug als Taxi erkennbar machten, und flüchtete in Richtung Baden-Württemberg, wo er seinerzeit mit seiner Frau lebte. Unterwegs machte er mehrfach an Raststätten Halt, um sich Alkohol zu beschaffen. Seine konfuse Fahrt endete erst nach fast 500 Kilometern in der Nähe von Trier, weil er den falschen Kraftstoff getankt hatte. In dem Fahrzeug stellten die Fahnder am Tag darauf die Tatwaffe mit der DNA des Täters sicher. An einem Rückspiegel fanden sie zudem Fingerspuren des Mannes. Der 35-Jährige begab sich später mit dem Zug zurück zu Freunden nach München. Drei Tage nach der Tat beging er dort völlig betrunken einen Selbstmordversuch und wurde in eine psychiatrische Klinik gebracht. Von dort begab er sich zwei Tage später nach Hause zu seiner Frau und setzte sich schließlich in seine Heimat Rumänien ab. In seinem Elternhaus wurde er am 8. April 2016 aufgrund eines europäischen Haftbefehls festgenommen.

"Es tut mit sehr, sehr leid. Ich weiß, dass es schwer zu glauben ist. Aber ich bin nicht der Mensch von diesem Abend", sagt er vor dem Landgericht. Die 54-jährige Taxi-Fahrerin wirkt davon unbeeindruckt. Schon zu Beginn des Prozesses wollte sie eine Entschuldigung des Täters nicht hören. Richter Thomas Bott formuliert dennoch die Hoffnung: "Wir können uns nur wünschen, dass dieses Verfahren der Angeklagten hilft, mit der Geschichte abzuschließen und sich von den psychischen Folgen zu erholen." Die 54-Jährige verlässt danach mit ihrer Familie den Sitzungssaal. "Sie muss das Ganze erst einmal sacken lassen", sagt ihr Anwalt.

© SZ vom 12.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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