CSD in München:Mehr Politik, weniger Party

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CSD in München. In diesem Jahr wollen die CSD-Veranstalter die bevorstehenden Wahlen nutzen (Foto: Catherina Hess)

Lange Wimpern, schrille Klamotten und viel nackte Haut: Am Samstag ist wieder Christopher-Street-Day in München. Einst protestierten Homosexuelle damit gegen ihre Diskriminierung, inzwischen gilt der Umzug als eine Art Karnevalszug. Doch auch in München geht es diesmal wieder politischer zu.

Von Dominik Hutter

Lange Wimpern, schrille Klamotten und viel nackte Haut - das Klischee vom exzentrischen Partyspaß verdeckt ein wenig, worum es eigentlich geht beim Christopher-Street-Day. Und worum es ging, als 1969 im New Yorker Greenwich Village - dort liegt die namensgebende Christopher Street - Homosexuelle erstmals mit großer Außenwirkung gegen ihre Diskriminierung protestierten.

Was hochpolitisch begann und später in den Medien eher als eine Art Karnevalszug daherkam, nähert sich nun wieder seinen Ursprüngen an. Beim Münchner Christopher-Street-Day geht es inzwischen deutlich politischer zu. Woran, wie Rita Braaz vom Organisationskomitee berichtet, nicht zuletzt die anstehenden Wahlen schuld sind. Es gibt schließlich viele aktuelle Themen rund um die Gleichberechtigung der "Community" - sei es im Steuerrecht, bei Adoptionen oder bei der Öffnung der Ehe.

Braaz hofft deshalb, dass beim Umzug am Samstag viele Teilnehmer mit politischen Transparenten durch die Straßen ziehen. "Die Geduld der Community mit der Blockadepolitik von Schwarz-Gelb ist vorbei", sagt sie. Es gebe in Deutschland noch erhebliche Defizite, die es zu thematisieren gelte.

An Adressaten aus der Politik herrscht dabei kein Mangel: Oberbürgermeister Christian Ude (SPD), Schirmherr des Christopher-Street-Days seit 20 Jahren, wird auf dem Wagen der sozialdemokratischen Schwulengruppe "Schwusos" mitfahren - zusammen mit der Zweiten Bürgermeisterin Christine Strobl und OB-Kandidat Dieter Reiter. Auf dem Wagen mit der Nummer 32 sind Grünen-Bundeschefin Claudia Roth, der Parlamentarische Geschäftsführer Volker Beck und Landtags-Spitzenkandidatin Margarete Bause mit von der Partie. Spannend dürften aber auch die Beiträge der Politiker von CSU und FDP sein. Josef Schmid und Michael Mattar diskutieren in der Runde der OB-Kandidaten mit - sie könnten aus dem Publikum einiges zu hören bekommen.

Aus Sicht der CSU war es eine Revolution, als Schmid im vergangenen Jahr ans Mikrofon trat und die Szene seiner Solidarität versicherte. Der Rathaus-Fraktionschef gilt in Gesellschaftsfragen als liberal, er nimmt in der eigenen Partei eine Sonderrolle ein. Braaz will ihn aber ebenso wenig aus der Verantwortung entlassen wie den bekennend schwulen FDP-Fraktionschef Mattar. "Als Vertreter ihrer Parteien müssen sie die Konsequenzen aus der Politik ihrer Parteien tragen", findet die Aktivistin der Lesbenorganisation Letra. Da mögen die beiden noch so liberal oder verständnisvoll daherkommen - was zähle, sei die politische Realität.

Sensibilisiert ist die Münchner Szene aber auch durch die offene Feindseligkeit gegenüber Homosexuellen in Russland und der Ukraine. An der Spitze des Zuges werden daher Bürgermeister Hep Monatzeder (Grüne) und eine Abordnung aus Kiew marschieren. Die Ukrainer sind zum Gegenbesuch in München - ihr "Pride March" Anfang Mai war durch eine von Monatzeder angeführte Münchner Delegation unterstützt worden. Auch das ist Politik. Nicht Party.

© SZ vom 13.07.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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