Clowns ohne Grenzen:Lachen kennt keine Grenzen

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Clowns ohne Grenzen hier bei einer Show in der Pfarrei St Peter und Paul in Trudering. (Foto: Florian Peljak)

Mit ihren Besuchen in rumänischen Roma-Siedlungen bringen Münchner Clowns willkommene Abwechslung in den tristen Alltag der Menschen dort - und vermitteln Lehrern, wie man Humor in den Unterricht einbaut.

Von Melanie Staudinger

Die Namen der vier Clowns sind ganz einfach zu merken: Blau, Rot, Lila und Grün nennen sie sich, wie unschwer an ihrer Kleidung in der jeweiligen Farbe zu erkennen ist. Wie alle Clowns haben sie Dinge dabei, die für Kinder nicht spannender sein könnten: rote Jonglierbälle, von denen manche springen, wenn sie auf den Boden fallen, und andere nicht, Herzluftballons, krachende Musikinstrumente und natürlich Seifenblasen. Und sie dürfen Dinge tun, die Kindern normalerweise verboten sind: laut Niesen zum Beispiel, wenn einer sich gerade vorstellen will, sich wilde Verfolgungsjagden liefern quer durchs Publikum, während alle anderen sitzen müssen, und sich gegenseitig durch Hypnose in Tiere verwandeln. In Katzen, Meerschweinchen, Kaninchen, Dinos und Einhörner.

Keine Frage: Den Kindern im katholischen Kindergarten "St. Peter und Paul" gefällt der Auftritt, den sie gerade 40 Minuten im Schatten ihres Gartens sehen durften. Für Michael Dietrich, Mia Rohrbach, Uta Strack und Peter Kisters bedeutet das: Generalprobe geglückt. Denn die Truderinger Kinder waren ihr Versuchspublikum, bevor es auf große Reise geht. Die vier engagieren sich ehrenamtlich bei Clowns ohne Grenzen und sind in dieser Funktion für 16 Tage nach Rumänien aufgebrochen, in die Gegend um Sibiu (Hermannstadt). Dort treten sie vor allem in Romasiedlungen auf, als humorvolle Unterstützung im oft tristen Alltag dort. Die Clowns aus München bieten auch Workshops für Pädagogen an, damit diese mit den Kindern und Jugendlichen nach Abreise der deutschen Delegation weiter lachen können.

Clowns ohne Grenzen fährt ehrenamtlich in Krisengebiete

Die Bilanz ihrer Besuche liest sich beeindruckend: 6135 Fotos, 4760 klatschende Hände, 2380 Zuschauer, 1560 Kilometer im Bus, 255 durchgeschwitzte Show-T-Shirts, 200 Luftballons, 195 überholte Pferdefuhrwerke, 175 Fotorechteerklärungen, 132 Zaubertricks, 130 mal Schminken, 120 getrunkene Limo-Dosen, 111 Portionen Kohl, 33 Shows, 33 mal Wetterglück, 26 Geburtstagsständchen, sechs Liter Seifenblasenflüssigkeit und vier verletzte Clowns-Gliedmaßen. "Nicht in Zahlen zu fassen sind die Bilder von Armut und Einsamkeit, die uns zeigen, wie wichtig unsere Arbeit hier ist", schreiben die Vier auf ihrer Facebook-Seite. Unendlich sei aber auch das Engagement der Menschen, das Lachen, der Zauber der Begegnungen, die Herzlichkeit, die Freude, die Umarmungen, die Gastfreundlichkeit, die Hilfsbereitschaft und die Unterstützung.

Clowns ohne Grenzen ist ein deutschlandweit tätiger Zusammenschluss von professionellen Clowns, Artisten und Musikern, die ehrenamtlich in Krisengebiete fahren und dort kostenlos auftreten. Seit 2007 fanden 45 Reisen in 17 Länder statt, nach Sri Lanka, in die Ukraine, nach Georgien, Indien, Iran, Israel, Türkei, Kenia, Nepal, Jordanien, Syrien, Russland, Albanien, Peru, Bolivien und Rumänien. Alleine im vergangenen Jahr wurden 92 Shows gespielt und 20 Workshops gegeben - und damit mehr als 23 300 Menschen erreicht. Das alles stemmen 217 Mitglieder, die auf Spenden angewiesen sind.

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(Foto: Florian Peljak)

Wenn die Clowns ohne Grenzen auftreten, lacht nicht nur das Premierenpublikum im Garten der Pfarrei St. Peter und Paul in Trudering.

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(Foto: Florian Peljak)

Die Clowns zeigen ihre Fertigkeiten beim Jonglieren...

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(Foto: Florian Peljak)

...und machen manch anderen Schabernack.

Die Münchner Delegation war erst im April 2017 in Sibiu, "Wir hatten immer wieder das Gefühl, dass uns Orte mit besonders prekären Zuständen nicht ,zugemutet' werden", sagt Mia Rohrbach. Erst nach und nach hätten sie und ihre Mit-Clowns den Kooperationspartnern klar machen können, dass sie genau wegen dieser Menschen hier seien und ihnen helfen wollten.

Diese Menschen in Rumänien - das sind oft Roma-Familien, die trotz gesetzlicher Gleichberechtigung im Alltag häufig diskriminiert und ausgegrenzt werden und unter denen die Analphabetenrate besonders hoch ist. Für 80 Prozent der Roma-Kinder, so schreibt der neueste Caritas-Bericht über Rumänien, endet die Schullaufbahn bereits nach der Grundschule. 51 Prozent aller rumänischen Kinder sind von Armut oder sozialer Ausgrenzung bedroht.

Die Clowns ohne Grenzen wollen mit ihren Shows bewusst einen Kontrapunkt setzen und gleichzeitig Pädagogen fortbilden, ihnen die Grundzüge der Spielpädagogik, Clownerie und Improvisation näherbringen. Der erklärte Wunsch sei, dass ein paar humorvolle Ansätze in den Lehralltag einfließen, sagt Rohrbach. "Bevor ihr kamt, haben die Kinder Krieg gespielt. Jetzt spielen sie Clown", hat der Mitarbeiter einer Hilfsorganisation im jordanischen Flüchtlingslager Za'atari mal zu den Clowns gesagt. Genau das wollen die ehrenamtlichen Spaßmacher und Pädagogen erreichen.

Mehr Informationen zur Arbeit der Clowns ohne Grenzen unter www.clownsohnegrenzen.org.

© SZ vom 22.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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