Bogenhausen:Missverständnis führt zum Krach

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Anwohner eines geplanten Asylbewerberheims verlassen unter Protest den Saal, weil sie sich übergangen fühlen

Von Ulrike Steinbacher, Bogenhausen

Asylbewerberunterkünfte bleiben im Stadtbezirk Bogenhausen ein zentrales Thema. Der Bezirksausschuss (BA) hatte am Dienstagabend eine ganze Reihe von Aspekten dazu auf der Tagesordnung, in allen Fällen war sich das Gremium einig. Dafür mag eine Rolle gespielt haben, dass die CSU-Fraktion im Rathaus jüngst auf eine neue Linie eingeschwenkt ist und ihren Widerstand gegen größere Unterkünfte aufgegeben hat.

Die einzige Kontroverse zu dem Thema gab es am Dienstag jedenfalls mit Anwohnern des Schimmelwegs in Daglfing. Dabei ging es allerdings gar nicht um Sach-, sondern um Verfahrensfragen. Die Bürger kritisierten, dass der BA ihren Antrag auf Verkleinerung der geplanten Unterkunft am Schimmelweg von 200 auf 50 bis 60 Plätze abgelehnt hatte, ohne darüber zu debattieren und ohne ihnen das Wort zu geben.

Die Unterkunft am Schimmelweg hat schon in verschiedenen Gremien zu scharfen Wortwechseln geführt. Die Anwohner sind überzeugt, dass es den Ortsteil Daglfing überfordert, bis zu 200 Flüchtlinge zu integrieren. Sie verweisen auf fehlende Infrastruktur. "So gibt es in Daglfing keine einzige öffentliche Schule, keinen öffentlichen Sportplatz, geschweige denn einen Sportverein, keinen Park, keine Bibliothek, kein Freibad, keinen Gemeindesaal und kein Kulturhaus, vielerorts nicht einmal Gehwege", hat eine Anwohnerin einmal aufgezählt. Eine kleinere Unterkunft mit 50 bis 60 Menschen hingegen können sich die Daglfinger vorstellen. In ihrem Antrag versprachen sie, aktiv zu deren Integration beizutragen und forderten gleich noch Flächen für Sport und Begegnung.

In der Mai-Sitzung des BA war der Antrag nicht zur Abstimmung gekommen, weil er zu spät eingegangen war. Jetzt, in der Juni-Sitzung wurde er ohne Diskussion abgelehnt, das negative Votum hatte zuvor der Unterausschuss Planung einstimmig vorgeschlagen - "nach intensiver Beratung", wie es im Protokoll hieß. "Wir sehen das nicht als den richtigen Weg an", sagte die BA-Vorsitzende Angelika Pilz-Strasser (Grüne) abschließend zu den Anwohnern, ehe diese unter Protest den Saal verließen.

Unumstritten war im Bezirksausschuss ein Antrag der Grünen auf einem Bolzplatz für die Unterkunft an der Max-Proebstl-Straße in Daglfing. Dort leben bereits mehr als 130 Menschen, eine zusätzliche Notunterkunft ist vorgesehen. Sie wird jetzt aber etwas kleiner ausfallen als zunächst geplant, wie die BA-Vorsitzende von einem runden Tisch der Asylinitiative "Miteinander leben in Daglfing" mit Vertretern der Stadt berichtete.

Demnach sind statt ursprünglich 300 jetzt 228 Plätze geplant, die Wohncontainer sollen nicht dreistöckig, sondern zweistöckig übereinander gestapelt werden, die Bewohner werden rund um die Uhr betreut. Dennoch werden die Flüchtlinge auf dem Grundstück beengt leben, der Bolzplatz soll ihnen eine Möglichkeit zur Bewegung bieten, aber auch zur Begegnung mit den Nachbarn. Zusätzlich fordert der BA, auf dieser Fußball-Wiese, die vorerst noch an eine Hundeschule vermietet ist, Raum für urban gardening unterzubringen.

Fragen hat die CSU noch zu einem zweiten Antrag der Grünen, der den Flüchtlingen das Leben erleichtern soll: Gefordert wird darin, dass die Stadt angesichts des Mangels an Betreuungsplätzen im Stadtbezirk in jetzigen und künftigen Bogenhauser Gemeinschaftsunterkünften Räume für die Kinderbetreuung samt Fachpersonal zur Verfügung stellt. In der Unterkunft an der Truderinger Straße in Steinhausen lebten derzeit 80 Kinder, 13 davon bräuchten dringend einen Kindergartenplatz, heißt es zur Begründung. Der Unterausschuss Planung klärt jetzt die Details.

Zur Kenntnis nahm der BA schließlich, dass in Bogenhausen eine weitere Gemeinschaftsunterkunft entsteht. Bis zu 300 Flüchtlinge sollen von Herbst an in Containern auf einer Wiese östlich der Kronstadter Straße am Rand des Zamdorfer Gewerbegebiets leben. Gleich um die Ecke an der Griesfeldstraße sollen außerdem anerkannte oder geduldete Flüchtlinge unterkommen. Dort errichtet ein privater Investor bis Mai 2016 ein Boardinghouse mit zwei Flügeln. Im einen Trakt entsteht ein Arbeiterwohnheim, den anderen will das Sozialreferat für 15 Jahre mieten, um dort bis zu 290 Flüchtlinge ohne Wohnung unterzubringen.

© SZ vom 11.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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