Bogenhausen:Hoffen auf die gute Fee

Lesezeit: 2 min

Happy End: Zumindest in der Performance des Vereins Nordostkultur nimmt der Kampf für kulturelle Freiräume ein gutes Ende. (Foto: Stephan Rumpf)

Mit Kunstperformance und Demonstration stemmen sich Bogenhausens Kulturszene und Kommunalpolitik gegen die Sparversion des Kulturbürgerhauses im Prinz-Eugen-Park, die der Stadtrat beschlossen hat

Von Björn Struss, Bogenhausen

"In einem Märchen würde nun eine kluge Fee den Stadtrat mit Sternenstaub bestreuen." Angelika Pilz-Strasser (Grüne) hat ihren Redebeitrag wie eine kleine Fabel vorgetragen. Die Vorsitzende des Bezirksausschusses Bogenhausen kämpft für das geplante Kulturbürgerhaus im Neubaugebiet Prinz-Eugen-Park und fordert, dass es erstens möglichst schnell und zweitens ohne Abstriche gebaut werden soll. Die Polizei zählte bei der Demonstration vor dem Cosimabad am Wochenende 80 Teilnehmer.

Sie stemmen sich gegen den Stadtrat, der im Oktober 2016 auf Antrag von CSU und SPD Einsparungen in Höhe von rund 1,2 Millionen Euro beschloss und damit die Planungen für das 11,3 Millionen teure Bauvorhaben kippte. Das Baukonzept muss nun überarbeitet werden, der Baubeginn verschiebt sich dadurch auf unbestimmte Zeit. Pilz-Strasser hofft aber noch auf die "Klugheit und Weisheit" des Stadtrats, denn sie ist von dem Kulturbürgerhaus in seiner ursprünglich geplanten Form überzeugt. Sie vertritt damit auch die Haltung ihres Bezirksausschusses, der sich fraktionsübergreifend immer für das Ursprungs-Projekt ausgesprochen hat.

Vier verschiedene Organisationen sollen das Zentrum gemeinsam nutzen. Neben einem Nachbarschafts- und einem Familientreff sollen auch ein neues Alten- und Service-Zentrum sowie der 13er Bürger- und Kulturtreff in das Gebäude einziehen. Damit die Mehrfachnutzung möglich wird, sind bewegliche Zwischenwände, Schallschutz und eine hydraulisch versenkbare Bühne vorgesehen. Ein derartiges Podium ist teuer; hier sollen die Planer den Rotstift ansetzen. Gleiches gilt für eine Galerie, die die Zuschauerkapazität des Saals auf knapp 300 erhöhen soll. Die aufwendige Konzeption ist aber auch die Folge einer früheren Panne: Die nahegelegene neue Grundschulaula sollte ursprünglich auch als Theatersaal genutzt werden. Für die Bühnentechnik wäre eine Deckenhöhe von sechs Metern nötig gewesen, die Aula wird aber lediglich 3,60 Meter hoch gebaut.

"Jeder Zentimeter war ausgerechnet", sagt Pilz-Strasser über die Planungen ihres Herzensprojekts. Unter Beteiligung von drei Referaten sei das Baukonzept in mehreren Sitzungen des Stadtrats angenommen worden, argumentiert die Kommunalpolitikerin. "Und wir wollen keinen Palast bauen." Sie bezweifelt auch, dass mit der Umplanung unter dem Strich wirklich Geld eingespart wird. Denn Bauvorhaben verteuerten sich in der Regel pro Jahr um etwa drei Prozent. Hinzu kämen die Kosten der Neuplanung von 50 000 Euro. "Am Ende bekommen wir ein schlechteres Haus zum gleichen Preis", befürchtet Pilz-Strasser.

Während die Politikerin ihre Kritik in einer Rede ausdrückt, verpacken die Künstler des Vereins Nordostkultur ihren Widerspruch in eine schweigsame Performance. In weiße Maleranzüge gekleidet halten zwölf Personen Absperrbänder in ihren Händen, die in der Mitte an einem Pfahl befestigt sind. Das Zwölfeck nimmt eine große Fläche der grünen Wiese ein. An den Eckpunkten transportieren Plakate Parolen wie: "Kunst braucht Raum". Unter der Dramatik von rhythmischen Trommelschlägen wird die freie Fläche aber von den Teilnehmern Stück für Stück verkleinert. Ihren Bändern zum Pfahl folgend kauern sich die Künstler in der Mitte zusammen. Dann entfaltet sich das Zwölfeck wieder und wird in einem Schlussakt von einem Absperrband umzogen.

"Das ist der Raum, den wir haben wollen", erklärt Helga Katrin Stano, die in einem der Maleranzüge steckt. Das Zwölfeck habe die Größe des Veranstaltungssaals im geplanten Kulturbürgerhaus. Ohne die hydraulische Bühnenanlage und die Zuschauergalerie wäre er für Kultur nur noch eingeschränkt nutzbar. "Die Einspaarungen sind ein Schmarrn", meint Stano. Die Landschaftsmalerin würde das neue Kulturzentrum gern dazu nutzen, sich künstlerisch zu entfalten.

Nach der Kunstperformance vor dem Cosimabad tragen die Teilnehmer ihren Unmut zum Prinz-Eugen-Park, Parolen wie "Keine Sparversion!" werden skandiert. Gemeinsam mit einigen bunten Schleifenbändern hängen sie die Plakate an den Bauzaun. Sie sollen die Aufmerksamkeit der Passanten auf sich ziehen. Im Prinz-Eugen-Park stehen derweil bereits die ersten Rohbauten, das Kulturbürgerhaus sollte eigentlich bald hinzukommen. Nun rechnet Pilz-Strasser mit der Eröffnung nicht vor 2021. Und das, obwohl sich der Stadtrat bereits im Jahr 2013 erstmals für das Projekt ausgesprochen hatte. Doch die Bogenhauser hoffen weiterhin auf ein Einlenken der Stadtpolitik. In Ermangelung einer guten Fee bleibt ihnen keine andere Wahl.

© SZ vom 08.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: