Bogenhausen:Die Nase voll vom Präzedenzfall

Lesezeit: 2 min

Nach dem illegalen Abriss des Giesinger Uhrmacherhäusls wollen Bogenhausens Lokalpolitiker bei den Umbauplänen für einen Siebzigerjahre-Anbau an die HNO-Klinik Dr. Gaertner hart bleiben

Von Ulrike Steinbacher, Bogenhausen

Mag, sein, dass die Sache in der August-Sitzung noch anders ausgegangen wäre. Mag sein, dass der Bezirksausschuss (BA) Bogenhausen da noch ein Ohr gehabt hätte für den Umbauantrag der HNO-Klinik Dr. Gaertner und sich bei der nachträglichen Genehmigung eines eigentlich provisorischen Siebzigerjahre-Anbaus an der Rückseite der denkmalgeschützten Walmdachvilla in Alt-Bogenhausen hätte erweichen lassen. Aber dann rissen Bauarbeiter in Obergiesing in einer Blitzaktion illegal ein denkmalgeschütztes Handwerkerhaus ab, was in der ganzen Stadt Empörung auslöste. Und jetzt sei es an der Zeit, im Denkmalschutz mal "klare Kante" zu zeigen, sagte Robert Brannekämper (CSU) in der jüngsten BA-Sitzung.

Die Klinik Dr. Gaertner ist eine Fachklinik für Hals-, Nasen- und Ohrenleiden (HNO), hat aber unter anderem auch eine Abteilung für Schlafmedizin und behandelt Beschwerden wie Schwindel und Tinnitus. Gegründet hat sie 1953 Wolfram Gaertner, dessen Sohn, der Diplom-Sozialpädagoge Kilian Gaertner, ist seit 1994 Träger und Geschäftsführer. Zunächst war die Gaertner-Klinik auf die 1912 gebaute Gründerzeit-Villa an der Possartstraße 29 beschränkt, die 1977 um den Anbau an der Rückseite erweitert wurde. Das Haus beherbergt die beiden Operationssäle, in denen pro Jahr 1400 Eingriffe vorgenommen werden. 1999 wurde die Klinik erweitert: Hausnummer 27 kam dazu. Der ebenfalls denkmalgeschützte Walmdachbau beherbergt das medizinische Versorgungszentrum. Bei der zweiten Erweiterung 2013 wurde auch das andere Nachbarhaus einbezogen: In Hausnummer 31, einer weiteren herrschaftlichen Villa aus derselben Epoche, ebenfalls unter Denkmalschutz, ist die HNO-Psychosomatik untergebracht.

Im aktuellen Bauantrag der Gaertner-Klinik für Nummer 29 geht es um Brandschutz, die Sanierung der OP-Abteilung und ein Tiefgeschoss für den 40 Jahre alten Anbau, um einen Technikraum unterzubringen. Das Haus werde so bleiben, wie es seit Jahrzehnten dastehe, versicherte Kilian Gaertner in der Sitzung. Lediglich "Verbesserungen am Fassadenkleid" würden vorgenommen. Darüber hinaus aber beantragt die Klinik auch die endgültige Legalisierung des Anbaus. Dessen Baugenehmigung war nach Brannekämpers Worten 1977 nur befristet auf 15 Jahre erteilt und dann bis 2017 verlängert worden. Der Denkmalschutz habe aber damals schon Bauchschmerzen gehabt. Heute sähen sowohl das Landesamt wie auch die Untere Denkmalschutzbehörde in der Stadtverwaltung die Sache sehr kritisch.

"Die Klinik hat 40 Jahre Zeit gehabt, sich einen anderen Standort zu suchen", fasste Brannekämper die ablehnende Haltung der Bogenhauser Stadtviertelvertreter zur Legalisierung des Anbaus zusammen. "Es kann nicht sein, dass man aus der Großzügigkeit von damals jetzt einen Rechtsanspruch ableitet." Xaver Finkenzeller (CSU) sprach von einer "Verschandelung" und versicherte: "Wir werden viel dafür machen, dass das so nicht betrieben wird." Der Denkmalschutz müsse jetzt Vorrang haben, ein Präzedenzfall abgewendet werden. Die CSU-Vertreter kündigten schon einmal juristische Schritte an: Wenn die Lokalbaukommission trotz aller Einwände eine Genehmigung erteile, "müssen wir klären, ob das rechtlich geht", sagte Brannekämper.

© SZ vom 26.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: