Bogenhausen:Bauen für die Rente

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Bayerische Versorgungskammer bereitet ihr Projekt für das frühere Siemens-Areal an der Richard-Strauss-Straße vor

Von Ulrike Steinbacher, Bogenhausen

Dass München aus allen Nähten platzt, ist inzwischen eine Binsenweisheit. Die Stadt wächst aufs Land hinaus, gleichzeitig wird im Inneren verdichtet und aufgestockt, werden Grünflächen auf ihre Verwertungsmöglichkeiten hin betrachtet. Je mehr Wohnraum, desto besser. Zu diesem Trend passt das Projekt, das da an der Richard-Strauss-Straße in Bogenhausen weitgehend unbemerkt von der Öffentlichkeit allmählich in Gang kommt. Ein bisschen anders gelagert ist es allerdings schon: Neue Wohnungen werden dort wohl nur eine untergeordnete Rolle spielen, entstehen sollen vor allem neue Bürogebäude - nach dem Abriss des Siemens-Komplexes.

Vor knapp einem Jahr hatte die Bayerische Versorgungskammer (BVK) der Siemens AG das Grundstück an der Richard-Strauss-Straße 76 abgekauft. Zum Kaufpreis möchte BVK-Pressesprecherin Maike Kolbeck auch heute noch keine Angaben machen, das sei bei der BVK nicht üblich, erklärte sie. Dass das zwei Hektar große Areal seinen Preis hatte, liegt aber auf der Hand. "Grundstücke in dieser Größe und Lage sind in München äußerst rar gesät, dementsprechend sind wir sehr froh darüber, dass wir uns dieses Premiumgrundstück in dem hart umkämpften Wettbewerb sichern konnten", erklärte André Heimrich, Vorstand Kapitalanlagen der BVK, nach dem Kauf im April 2016.

Errichtet worden war der weitläufige Siemens-Komplex in Bogenhausen Mitte der Sechzigerjahre: sechs x-förmig angeordnete und miteinander verbundene Gebäude mit vier bis sechs Etagen direkt am Westrand des 20 Hektar großen Denninger Angers gelegen und nur einen Steinwurf entfernt vom Arabellapark im Norden. 1967 zog das Vertriebsbüro ein, 2014 wurde als letzte die Vertriebsabteilung für den Raum Süddeutschland nach Perlach ausgelagert und der Standort dichtgemacht. Danach war in einem Teil der sechs Siemens-Gebäude vorübergehend eine Flüchtlingsunterkunft untergebracht, bis Anfang April nutzte die Stadt die ehemalige Betriebskantine, um ein anderes großes Bogenhauser Bauprojekt der Öffentlichkeit vorzustellen: die städtebauliche Entwicklungsmaßnahme (SEM) Nordost.

Der neue Eigentümer des Areals ist kein Technologiekonzern. Die Bayerische Versorgungskammer bezeichnet sich selbst als "Dienstleistungs- und Kompetenzzentrum für berufsständische und kommunale Altersversorgung". Sie führt die Geschäfte von zwölf rechtlich selbständigen Altersversorgungseinrichtungen, von den Ärzten und Rechtsanwälten bis hin zu den Angestellten im öffentlichen Dienst, von den Versorgungsanstalten der deutschen Bühnen bis zum Versorgungswerk des bayerischen Landtags. Die Kaminkehrer und Ingenieure sind auch dabei. "Es ist ein bunter Strauß", sagt Pressesprecherin Kolbeck. Insgesamt hat die BVK nach eigenen Angaben etwa 2,1 Millionen Versicherte und Versorgungsempfänger, nimmt pro Jahr etwa 4,2 Milliarden Euro aus Beiträgen und Umlagen ein und zahlt rund drei Milliarden Euro Renten aus. Sie beschäftigt 1200 Mitarbeiter und managt insgesamt ein Kapitalanlagevolumen von weit mehr als 60 Milliarden Euro.

Für den Kauf des Siemens-Komplexes wurde eigens eine Objektgesellschaft gegründet, an der alle zwölf Versorgungseinrichtungen beteiligt sind. Was die BVK jetzt mit ihrem Neuerwerb anfängt, "das ist eine gute Frage", sagt Pressesprecherin Kolbeck. Gerade sei man im Gespräch mit der Stadt über die Möglichkeiten der Nutzung und eventuelle Auflagen. In den Neubauten werde "sicherlich ein großer Anteil Büros" unterkommen, sagt sie, "möglicherweise" werde es auch Wohnbebauung geben. Mit einer Entscheidung habe man es aber nicht eilig. Sie werde "nicht unbedingt in diesem Jahr" fallen. Unter den neuen Nachbarn in Bogenhausen jedenfalls ist für die BVK auch eine alte Bekannte: Gleich nebenan im Arabellapark wurde 2015 das "Arabeska" eingeweiht, ein geschwungener Gebäudekomplex mit Büros, Wohnungen und Kinderkrippe. Dessen Eigentümer gehört zum "bunten Strauß" der BVK-Mitglieder. Es ist die Bayerische Ärzteversorgung.

© SZ vom 20.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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