Bogenhausen:Auf Augenhöhe

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SZ-Karte; Foto: Google Earth Pro (Foto: Stadtviertel)

Bei der Diskussion am sogenannten SEM-Stammtisch zwischen Bürgern und Politik wird einmal mehr deutlich, dass die Verkehrserschließung des neuen Siedlungsgebietes im Münchner Nordosten das derzeit größte Problem ist

Von Johannes HiRschlach und Alfred Dürr, Bogenhausen

Für das neue Siedlungsgebiet im Münchner Nordosten gibt es viele Vergleiche. Eine Stadt so groß wie Passau werde da geplant, bemühte sich die Bogenhauser Bezirksausschuss-Vorsitzende Angelika Pilz-Strasser (Grüne), die Dimensionen des Projektes der sogenannten Städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme (SEM) zu veranschaulichen. "Manchmal erschlägt es mich, wenn ich daran denke, was da auf uns zukommt", sagte sie am Mittwochabend beim SEM-Stammtisch des Bezirksausschusses (BA) Bogenhausen und des Nordost-Forums.

Zu diesem mittlerweile zehnten Stammtisch-Termin war auch Michael Bacherl vom Planungsreferat gebeten - und er hat den Vergleich mit der Dreiflüssestadt nicht so gerne. Für ihn taugt im Hinblick auf die Einwohnerzahl eher die Stadt Erding als Bezugsgröße. Wie auch immer: Bei dem Gebiet handelt es sich um die letzten großen, zusammenhängenden Freiflächen innerhalb der Münchner Stadtgrenzen, die sich für den Wohnungsbau eignen.

In einem trapezförmigen Areal - westlich befindet sich die Trasse der S-Bahn-Linie S 8 auf Höhe der Haltestellen Johanneskirchen, Englschalking und Daglfing, südlich die Bahnstrecke nach Mühldorf und nordöstlich der Lebermoosweg - soll in den kommenden Jahrzehnten ein Viertel für 30 000 Bewohner entstehen. Hinzu soll etwa 10 000 Arbeitsplätze kommen.

Wie aber sollen die künftigen Wohnquartiere und Freiflächen auf dem riesigen Areal angeordnet werden? Dazu hat die Stadt inzwischen verschiedene Planungsalternativen erarbeitet. Bei der Entscheidung, welches Strukturkonzept verwirklicht wird, sollen die Bürger mitreden können. Ihre Ansichten zur Gestaltung des Quartiers und zur Verkehrserschließung fließen in den weiteren Entscheidungsprozess ein. Dieses Vorgehen hat der Planungsausschuss des Stadtrates einstimmig am Mittwoch beschlossen.

Eine breite Beteiligung der Öffentlichkeit an den verschiedenen Planungsschritten war von Anfang an das Ziel der Stadtverwaltung. Man wolle die große Chance nutzen, den neuen Stadtteil zusammen mit den Bürgern zu entwickeln, heißt es: "Denn sie werden in oder in der Nachbarschaft der Quartiere, die in den kommenden Jahrzehnten entstehen, leben und sollen sich damit als Teil ihrer Heimat identifizieren können."

Bislang sei der hohe Anspruch im Hinblick auf eine umfangreiche Projektinformation und Bürgerbeteiligung vorbildlich in die Tat umgesetzt worden, lobte Grünen-Stadtrat Herbert Danner die Verwaltung in der Sitzung des Planungsausschusses. Größtes Sorgenthema sei im Moment die Verkehrserschließung des neuen Siedlungsgebietes; Danner beantragte schon einmal, dafür eine eigene Arbeitsgruppe bei der Stadt einzurichten. Dabei geht es vor allem um den viergleisigen Ausbau der S 8-Trasse und die Verlegung der Schienen in einen Tunnel. Dies böte die Möglichkeit, an der Oberfläche und im Umfeld der Unterführung zusätzliche Wohnungen zu errichten. Weitere Möglichkeiten seien eine Verlängerung der U-Bahn U 4 und eine neue Straße, die in Nord-Süd-Richtung durch das künftige Viertel führt.

Nicht nur Herbert Danner, auch Bettina Messinger (SPD), Marian Offman und Walter Zöller (beide CSU) weisen auf die verkehrliche Anbindung als zentralem Planungsaspekt hin. Allerdings dürfe es nicht Jahrzehnte dauern, bis das Konzept der Bahn konkret würde. Das Verfahren müsse beschleunigt werden, fordern die Stadträte. Die Deutsche Bahn will sich über die genauen Zeitpläne nicht äußern - nur so viel: Der Bau eines Tunnels dauere deutlich länger als eine oberirdische Gleisführung, teilt ein Bahnsprecher mit.

Bei all den vagen Formulierungen drangen die SEM-Stammtisch-Besucher gegenüber dem anwesenden Stadtplaner auf Details. Dass bei der Beteiligung der Öffentlichkeit lediglich abstrakte Linien und Flächen auf einer Karte zur Debatte stünden, befürchtete ein Bürger. "Es gibt Modelle und Pläne, an denen man arbeiten kann", beschwichtigte Bacherl. Zwischen dem 7. März und dem 6. April sollen Workshops stattfinden, Experten Erfahrungen ähnlicher Projekte diskutieren sowie Grundstückseigentümer und Jugendliche miteinbezogen werden. Nach der Auswertung der Ergebnisse im Sommer plant auch der SEM-Stammtisch seine weiteren Treffen.

© SZ vom 20.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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