Berg am Laim:"Ziemlich eintönig"

Lesezeit: 2 min

Ansichtssache: der Hotel- und Wohnturm "Werk 4". (Foto: Steidle Architekten (Simulation))

Im Bezirksausschuss kommen die Pläne für den Wohn- und Hotelturm "Werk 4" gar nicht gut an. Im Gegensatz zur Stadtgestaltungskommission stellen einige Stadtviertelvertreter die Fassadengestaltung in Frage

Von Renate Winkler-Schlang und Stefan Mühleisen, Berg am Laim

Altes Bewahren und Neues zu einer attraktiven urbanen Mischung kombinieren - das ist die Zielvorgabe für das Werksviertel im Münchner Osten. Ein Beispiel für diese Strategie sind die Pläne für einen markanten Wohn- und Hotelturm mit dem Namen "Werk 4" in diesem an markanten Objekten nicht armen Entwicklungsgebiet. Es gilt als spektakulärstes Projekt und zentraler Baustein im Gesamtkonzept des Werksviertels. Während Architekturexperten, die Stadtspitze und führende Stadtpolitiker den Entwurf in höchsten Tönen loben, kommen die Pläne im Bezirksausschuss gar nicht gut an. Als "ziemlich eintönig und auch ein Stück weit fantasielos", wertete SPD-Sprecher Torsten Bötzow die Fassadengestaltung in der Sitzung des Gremiums.

Noch zu Zeiten der Pfanni-Fabrik hinter dem Ostbahnhof fand sich an dieser Stelle der riesige Kartoffelsilo. Den gibt es heute immer noch, nur hangeln sich an den Innenwänden heute Sportbegeisterte in der Kletterhalle "Heavens Gate" empor. Das Silo mitsamt Kletterhalle bleibt erhalten - und wird in den Sockel eines neuen Bauwerks integriert. "Die Kultivierung und Verfeinerung bestehender Nutzungspotenziale wird zugleich zum architektonischen Leitthema des Areals", heißt es in einem Dossier des Bauherrn, der Otec GmbH von Pfanni-Erbe Werner Eckart, für die Stadtgestaltungskommission.

Konkret soll das so vonstatten gehen: An den historischen Bestandsbau der Kletterhalle wird über sechs Geschosse ein preisgünstiges Jugendhostel in einem erweiterten Sockel angebaut; darauf wird dann 16 Stockwerke aufgesattelt, in die ein edles Hotel der Aldina-Gruppe einzieht und die Gäste von den Luxusapartments einen traumhaften Blick über die Stadt und in die Alpen haben werden. Spa, Restaurant und Ballsaal gehören zum Konzept.

Entworfen hat den 80 Meter hohen Turm das Team um den Werksviertel-Gesamtplaner Johannes Ernst vom Münchner Büro Steidle Architekten. Es wird neben dem Konzertsaal das Wahrzeichen des Werksviertels werden. Die Fassade der 24 aufgesetzten Stockwerke soll mit eloxierten Metallelementen und mattierten Scheiben gestaltet werden. Der Sockel des Silos wird in gelochtem Trapezblech eingehüllt. "Wie eine Art Umschlag wird das Material um die unterschiedlichen Funktionen herum entwickelt", heißt es im Dossier zum "Werk 4". Diese Gestaltung soll an die industrielle Tradition des früheren Fabrikgeländes anknüpfen.

Das hochkarätig besetzte Gremium der Stadtgestaltungskommission, das den Stadtrat in Architekturfragen berät, zeigte sich begeistert von dem Konzept. Der Münchner Architekt Manfred Kovatsch rühmte den "besonderen Auftritt" und die "Luftigkeit" des Entwurfes. Sein Kollege aus Zürich, Jürg Sulzer, würdigte das "tolle städtebauliche Konzept". Und Walter Ziller, Planungssprecher der CSU-Stadtratsfraktion, verlieh seiner Freude Ausdruck über die "hochinteressante und spannende Mischung aus Alt und Neu". Alle blickten dabei nahezu dankbar auf Werner Eckart, der als Eigentümer und Unternehmer offenbar sehr gedeihlich mit der Stadt in der Neugestaltung des Stadtquartiers zusammenarbeitet. Er will die Seele des Geländes erhalten, sagte er und "etwas Gutes schaffen" im Andenken an seinen Großvater, den Pfanni-Werk-Gründer.

Als gar nicht gut bewerten allerdings die Stadtviertelvertreter im Bezirksausschuss Berg am Laim das Konzept für das "Werk 4". Nach Torsten Bötzows Rede von der eintönigen und fantasielosen Fassade angesichts der Schwarz-weiß-Ausdrucke, meldete sich CSU-Sprecher Fabian Ewald im ähnlichen Duktus zu Wort - er hatte sich die farbige Simulation im Internet angesehen. Ein Gebäude dieser Dimension habe eine ganz erhebliche Bedeutung, so Ewald. "Die Visualisierung aber wirkt monoton, recht duster. Es entsteht ein klotziger Eindruck." Er wünscht sich "für ein inhaltlich so schönes Vorhaben etwas mehr Glanz". Egon Wullinger (CSU) sagte: "Bitte optisch attraktiver". Allein Johann Kott (CSU) erinnerte an das positive Votum der Stadtgestaltungskommission. Der BA-Vorsitzende Robert Kulzer (SPD) warnte davor, das Projekt nur wegen Kritik an der Fassade infrage zu stellen. Er kündigte an, bei der Sitzung des für das Werksviertel zuständige Beraterkreises in zwei Wochen die Skepsis anzusprechen.

© SZ vom 27.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: