Berg am Laim:Ende des Dornröschenschlafs

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Der hell erleuchtete Block im Vordergrund stellt die geplante Neubebauung des sogenannten Temmler-Areals an der Berg-am-Laim-Straße (rechts) dar. (Foto: OSA Ochs Schmidhuber Architekten)

Auf dem "Temmler-Areal" in Berg am Laim soll neues Leben einziehen: Investoren wollen die ehemalige Industriefläche für Büros, Geschäfte, Kneipen und ein Hotel nutzen. Die Stadtviertelvertreter sind strikt gegen diese Form von Nachverdichtung

Von Alfred Dürr und Renate Winkler-Schlang, Berg am Laim

Das seit einiger Zeit aufgelassene Industriegebiet "Temmler-Areal" an der Ecke Berg-am-Laim-/Weihenstephaner Straße soll aus seinem Dornröschenschlaf erwachen. Die alten Gemäuer kommen weg und werden durch fünf moderne Komplexe ersetzt. Eine lebendige Mischung aus Loft-Büros für Start-up-Unternehmen, einem Hotel, Geschäften und Kneipen wird zum 24-Stunden-Anziehungspunkt. So jedenfalls sieht es das Konzept der Investoren von Art Invest Real Estate und der Accumulata Immobilien vor. Doch vom Bezirksausschuss kommt deutlicher Widerstand gegen diese Pläne, die jetzt erstmals der Stadtgestaltungskommission vorgestellt wurden.

Das Gebiet "Neumarkter Straße" biete kein gutes Bild, heißt es im städtischen Planungsreferat. Die einzelnen Bereiche hätten sich sehr unterschiedlich entwickelt. Zwischen den Baufeldern gebe es keine Verbindungen, es fehlten vor allem auch Grün- und Freiflächen. Das Viertel könne nicht auf ein Zentrum oder auf eine eigene Mitte mit besonderer räumlicher Qualität verweisen. Damit vertrage das gesamte Gebiet eine Aufwertung. Durch die Neuordnung des Temmler-Areals soll ein Beitrag dazu geleistet werden. Man könne in dem neuen Quartier zwischen den einzelnen individuellen Bauten Wege anlegen und attraktive Plätze gestalten, erläuterte Fabian Ochs aus dem Büro OSA Ochs Schmidhuber Architekten. 55 Prozent der Flächen auf dem Areal würden öffentlich zugänglich sein.

Das seien möglicherweise alles gute Ansätze, sagte der BA-Vorsitzende Robert Kulzer (SPD) in der Stadtgestaltungskommission, aber das Konzept funktioniere nicht. Das zu erwartende Verkehrsaufkommen sei enorm. Die daraus resultierende Belastung für die Wohnbevölkerung könne jedoch nicht akzeptiert werden: "Wenn das Schule macht, müssen wir auch an anderen Stellen im Gewerbegebiet mit einer massiven Nachverdichtung rechnen - mit allen negativen Auswirkungen." Der Bezirkausschuss wünsche sich Wohnungen auf dem Temmler -Areal.

Die Stadtgestaltungskommission sah sich offensichtlich überfordert, im aktuellen Stadium des Projekts eine Stellungnahme dazu abzugeben. Das Konzept sei noch zu vage, hieß es in der Diskussion. Außerdem sei für ein Gebiet dieser Größenordnung ein Architektenwettbewerb nötig. Ferner ist eine Reihe von planungsrechtlichen Fragen offen. Zum Beispiel geht es um die Frage, wie viele Wohnungen auf dem Areal entstehen könnten. Stadtbaurätin Elisabeth Merk versprach, dies zu klären und mit Vertretern des Stadtrats und des Bezirksausschusses weiter im Gespräch zu bleiben.

Am Abend brachte Kulzer dies als gute Nachricht mit zur Sitzung des Bezirksausschusses. Von den Plänen der Investoren, hier zahllose Bürowaben und überflüssige Hotelbetten hinzustellen, sei er "negativ überrascht" worden, so Kulzer: Schließlich habe er den Investoren im Frühjahr sein Konzept erläutert. Dieses stelle das Gewerbegebiet grundsätzlich infrage, denn die kleinen Werkstätten schluckten zu viel Platz, die unerwünschten Supermärkte zögen Kaufkraft aus dem Zentrum des Viertels, das man aufwerten wolle, und die Rotlichtbetriebe seien auch nicht gerade die erwünschte Art von Gewerbe. Zudem brauche München vor allem Flächen für Wohnungsbau - der dort gut verortet wäre. Damit verbunden wäre auch die Chance, dass die durch das Gewerbegebiet getrennten Sektoren des Stadtteils besser zusammenwachsen könnten. Das alles habe er den Investoren erklärt - und sie hätten ihm signalisiert, dass sie sich auf dem Temmler-Areal gut Wohnungsbau vorstellen könnten. Nun aber hätten sie sich offenbar von der Stadtverwaltung beeinflussen lassen und wollten den für sie leichteren und schnelleren Weg wählen, so Kulzer.

Seit vielen Jahren schon habe er versucht, für seine Vorschläge im Referat für Arbeit und Wirtschaft, im Planungsreferat und bei Stadträten offene Ohren zu finden, doch das sei leider ein ungemein zäher Prozess gewesen. Nun aber habe er das Gefühl, Stadtbaurätin Merk habe verstanden.

Konsequenterweise lehnte der Bezirksausschuss am Abend die Voranfrage einstimmig ab, denn das Temmler-Areal setze den Trend für den Rest des Gewerbegebiets.

© SZ vom 28.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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