Berg am Laim:Ein Gewinn für die Gemeinschaft

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Generaloberin Theodolinde Mehltretter feiert die 175-jährige Präsenz der Vinzentinerinnen in Berg am Laim. Sie begründete den Siegeszug der Adelholzener Quelle und vertraut auf die Zukunft - ihre eigene und die des Ordens

Von Renate Winkler-Schlang, Berg am Laim

"Es ist so", sagt Schwester Theodolinde Mehltretter. Die Generaloberin der Barmherzigen Schwestern vom heiligen Vinzenz von Paul sitzt entspannt und doch konzentriert im Konferenzraum des omega-förmigen Klosters in Berg am Laim. An der Wand ein Bild des heiligen Vinzenz, darunter auf einem Tischchen das Mineralwasser und die Säfte aus den Adelholzener Alpenquellen. Beides prägte das Leben der 69-jährigen Oberin, die von sich sagt, der Weg ins Kloster sei für sie schon in jungen Jahren vorgezeichnet gewesen. "Es gibt manchmal furchtbare Berufungs-Geschichten, meine war einfach." Aufgewachsen in einem "wirklich" katholischen Elternhaus in der Oberpfalz, mit einer Oma, die immer für sie betete, da schien die Sache klar: Sie wollte zu den Strahlfeld-Schwestern nach Afrika. Doch eine weitläufig Verwandte war bei den Vinzentinerinnen: "Ihr strahlendes Gesicht, ihre Augen, die ausladende weiße Flügelhaube", das hat sie fasziniert und überzeugt. "Der Ruf Gottes" sei das gewesen, des Gottes, der einem Verstand und freien Willen gebe und doch auch den Weg vorgebe: "Es ist so. Und es ist gut so."

Seit 175 Jahren sind die Vinzentinerinnen in Berg am Laim präsent. Zur Jubiläumsfeier kürzlich sandte sogar Papst Franziskus würdigende Grußworte aus Rom. Schwester Theodolinde kennt die ganze Geschichte vom Erholungsheim, das 1840 im Südflügel der damaligen Josephburg neben der Kirche St. Michael eingerichtet wurde für die Schwestern, die sich aufgerieben hatten im Dienst an Kranken und Alten. Sie weiß, wie es zum Invaliden- und Emeritenhaus wurde, wie das Noviziat im Nordflügel dazukam, dann die Ökonomie zur Versorgung der Schwestern mit Obst und Gemüse, wie das Altenheim gegründet wurde, die modernen Neubauten erst des Altenheimes, später des Klosters entstanden sind.

Der Südflügel neben der Barockkirche St. Michael, heute betreutes Wohnen, diente den Schwestern einst als Erholungsheim. (Foto: Robert Haas)

Einiges davon hat sie selbst miterlebt, denn schon die damals noch dreijährige Mittelschule der Englischen Fräulein absolvierte sie in Berg am Laim, wohnte bei den Schwestern. Im Februar 1963, endlich 18 geworden, trat sie ein. "So sicher wie der Ruf, so sicher bin ich mir heute noch", sagt sie. 21 Jahre Dienst im Waldsanatorium in Planegg folgten der Ausbildung im Orden. Sie arbeitete in der Verwaltung. "Heimat war das", sagt sie heute. "Zwischen lauter Männern" hatte sie inzwischen bei den Jesuiten zwei Jahre Ausbildung zum praktischen Betriebswirt absolviert. So konnte sie zwei Jahre die Buchhaltung im alten Mutterhaus führen, ehe die damalige Ordensleitung sie nach Bad Adelholzen schickte. Auch dieser Ort diente ursprünglich der Erholung der Vinzentinerinnen, "die Quelle, die seit 286 nach Christi Geburt läuft, war zufälligerweise mit dabei".

1907 wurden die ersten Flaschen dann mit der Hand abgefüllt. Als Theodolinde kam, gab es schon 180 Mitarbeiter und die erste vollautomatische Abfülllinie, 1994 wurde die Primusquelle in die Alpenquellen GmbH umfirmiert: "Dann war ich eben ein Mitglied der Geschäftsleitung." Sie trinkt einen Schluck aus ihrem Glas.

"Ökologisch und wirtschaftlich" konnte sie die GmbH in die Zukunft führen, "unter die Top Ten oder Top 15 auf dem Markt", die Arbeitsplätze sichern "ohne Sonntagsarbeit", 15 Millionen Euro in eine neue Abfüllanlage investieren. Und dennoch Gewinn machen für die Kongregation, die, wie leider die wenigsten wüssten, "keinen Cent" Kirchensteuer bekomme. Seit ihre Mitschwestern sie zur Oberin wählten, hat die GmbH einen weltlichen Geschäftsführer, aber für vieles brauche dieser die Zustimmung der Ordensleitung, sagt sie.

"Gewinn erwirtschaften ist ja was Positives": Sie strahlt. In den sechs von der Kongregation betriebenen Altenheimen gebe es eine höhere Fachkraftquote als üblich, die beiden vom Orden betriebenen Krankenhäuser Neuwittelsbach und Maria Theresia brauchten Investitionen. Der Orden habe eine eigene Berufsfachschule für Pflegeberufe und engagiere sich für psychisch Kranke, helfe in der Kinderklinik und mehr. Überall dort schule man die Mitarbeiter in den christlichen Werten. So könne man sehen: "Das Wasser ist ein Geschenk von Gott, es ist Urquell des Lebens." Sie formt die Hände zu einer Schüssel.

Dass sie Generaloberin werden durfte, "das macht schon was mit dem Inneren", sagt sie. In Adelholzen sei sie seither nicht mehr so oft - "aber immer zur Weihnachtsfeier". Und natürlich zum Verkosten neuer Geschmacksmuster mit dem Beirat.

1400 freie Mitarbeiter habe der Orden, erzählt sie, und meint weltliche Mitarbeiter. Frei, so habe auch sie sich immer gefühlt, die Gelübde der Armut, Ehelosigkeit und des Gehorsams habe sie immer gerne erfüllt, habe immer gewusst, dass Gott ihren Weg vorzeichne. 255 Vinzentinerinnen gibt es noch in Bayern: Durchschnittsalter 80,6 Jahre. Doch die Oberin glaubt zuversichtlich, dass all die Projekte in gutem Sinne weitergeführt werden, auch von den weltlichen Mitarbeitern im Boot.

Der heilige Vinzenz stärkt sie in ihrem Glauben. Ein Bild von ihm, umringt von Vinzentinerinnen, sei nach einer Bombennacht im Krieg als einziges in den Trümmern unversehrt geblieben - es hängt nun im Foyer des Klosters. "Ein Hoffnungszeichen, ein Zukunftszeichen" ist das für sie. Vor ihrer eigenen Zukunft ist ihr nicht bang. Ein drittes Mal zur Generaloberin gewählt werden kann sie nicht. Die Nachfolgerin wird ihr im Oktober 2016 eine neue Aufgabe zuteilen: "Ich verlasse mich auf Vater Vinzenz. Ich vertraue auf Gott."

© SZ vom 07.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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