Berg am Laim:CSU setzt auf digitale Verkehrsprognose

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Nach kontroverser Diskussion will sich der Bezirksausschuss Berg am Laim zuerst von der Stadt informieren lassen

Von Renate Winkler-Schlang, Berg am Laim

Die CSU in Berg am Laim denkt fortschrittlich: Ein paar Rentner an ein paar Tagen alle zwei Jahre an wenigen Kreuzungen Strichlisten führen zu lassen - das sei bisher die Grundlage für Verkehrsprognosen der Stadt. Dabei schwirrten doch Daten zuhauf herum: Navigationssysteme, digitale Straßenkarten, Fahrradrouten-Apps und die Fahrgastdienste der Verkehrsbetriebe solle die Stadt anzapfen und so zu belastbareren Aussagen kommen, befand Johann Kott (CSU).

Die Stadt wachse und mit ihr der Verkehr, die Straßenräume aber blieben durch Häuserfronten eingegrenzt. Ohne den Einsatz innovativer Technologien, die die tatsächlich vorhandenen Verkehrsströme kennen, seien die Herausforderungen nicht zu meistern. Schließlich sei Bayern "das Land des digitalen Aufbruchs", auch die Landeshauptstadt solle "die weitere Entwicklung des digitalen Wandels maßgeblich mitgestalten". Und nur auf Grundlage von umfangreich recherchierten Verkehrsdaten könne eine "zukunftsweisende, ausgewogene und nachhaltige Konzeption" effektive Mobilität sicherstellen, so Kott. Verkehrskonzepte seien derzeit oft subjektiv oder von Parteiideologie geprägt, mit genügend Daten könne man sie künftig auf eine objektive Basis stellen.

Der Verkehrsausschuss des Gremiums hatte diesen Antrag jedoch laut Sprecher Hubert Kragler schon mit drei zu vier Stimmen abgelehnt. Und auch im Plenum schlug der CSU geballte Skepsis entgegen. So leicht ließen sich die Daten nicht herbeizaubern, das verursache Kosten, binde Personal. Dann sei die Hochrechnung schwierig, denn viele Menschen nutzten diese Neuerungen nicht oder bemühten sich bewusst, dort keine bleibenden Spuren zu hinterlassen, so die SPD. "Die Stadt als Datenkrake", das gefalle ihm nicht, erklärte etwa Jakob Wilxmann. Vor allem die Grünen hatten Datenschutz-Bedenken. "Da stellen sich mir alle Haare auf", sagte Brigitte Schulz.

Die CSU verwies auf andere Städte, die da weiter seien. Natürlich wolle man nicht die Wege von Frau Schulz oder Herrn Mayer nachzeichnen, das Ganze könne aber anonym passieren - wie heute, wenn das Navi einen Stau voraussage, so Anton Spitlbauer junior. Einmal implementiert, liefere ein solches System eben laufend Daten, ergänzte Fabian Ewald. Kott ergänzte, in jedem Smartphone seien heute mehr Datenkapazitäten, als seinerzeit für die Mondlandung zur Verfügung standen - da sei die Praxis mit den Rentnern und den Strichlisten wirklich nicht mehr zeitgemäß. Die Gegenseite aber blieb dabei: "Großer Aufwand für kaum Nutzen", befand Hubert Kragler (Grüne).

Zum Kompromiss führte ein Redebeitrag des Vorsitzenden Robert Kulzer (SPD): Man wisse schlicht zu wenig darüber, was die Stadt auf diesem Feld ohnehin ausprobiere. Das könne der BA erfragen und sich dann erklären lassen, was von Kotts Vorschlägen aus technischer, aber auch aus juristischer Sicht sinnvoll sein könnte. So, als Prüfantrag, fand die Idee dann auch Gnade bei den meisten Gegnern.

© SZ vom 06.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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