Bayernkaserne:Rathaus-Runde gegen Vorurteile

Straßenszene entl. der Heidemannstraße mit Flüchtlingen vor der Kasernenmauer

Nach wochenlangen Protesten von Anwohnern über die überfüllte Bayernkaserne wird die Politik nun aktiv und will die Bürger informieren.

(Foto: Florian Peljak)

Erst die Proteste der Anwohner und rechte Hetze haben zu einem Umdenken bei der Stadt geführt: Jetzt wollen Bürgermeisterin Strobl und mehrere Stadträte darüber nachdenken, wie man die Bürger besser über die Flüchtlinge in der Bayernkaserne informieren kann.

Von Bernd Kastner

Im Rathaus ist der Rechtsextremist Karl Richter isoliert, seine Stadtratskollegen meiden ihn. Was aber nicht heißt, dass er und seine Freunde aus dem braunen Lager keinen Einfluss auf die Stadtpolitik hätten. Zu beobachten ist dies derzeit rund um die Bayernkaserne. Es bedurfte dreier Kundgebungen Richters und seiner Bürgerinitiative Ausländerstopp (BIA) am Samstag in Freimann, in denen er Ressentiments gegen die Flüchtlinge in der Erstaufnahmeeinrichtung schürte, dass Politiker von SPD, CSU und Grünen miteinander ins Gespräch kommen.

Nach Wochen des Protests von Anwohnern über die überfüllte Kaserne vereinbarten mehrere Stadträte zusammen mit Bürgermeisterin Christine Strobl (SPD): Lasst uns in dieser Woche mal zusammensetzen und überlegen, wie wir die Bürger besänftigen und über die Asylbewerber informieren.

Neben dem Ärger über das Benehmen einiger Flüchtlinge ist dies die meistgehörte Kritik von Nachbarn: Wir wissen zu wenig über die Bayernkaserne, wo seit Wochen um die 2000 Flüchtlinge für jeweils einige Wochen einquartiert sind, teils in alten Fahrzeughallen. Bislang verließ sich die Stadtspitze weitgehend auf die Kommunikation des örtlichen Bezirksausschusses (BA). Auf dessen Initiative verteilten Ehrenamtliche am Wochenende 7000 dicht bedruckte Flugblätter mit Infos über die Unterkunft. "Wir sind etwas überfordert": BA-Mitglied Patric Wolf (CSU), einer der engagiertesten Lokalpolitiker im Kampf gegen Vorurteile, wandte sich Hilfe suchend an Bürgermeisterin Strobl. Die Stadtspitze möge sich doch bitte mal mit den vor Ort Aktiven austauschen. Langsam erkennt man wohl auch im Rathaus die Notwendigkeit, sich um die Akzeptanz in der Bevölkerung zu kümmern. Und dass es nicht genügt, die CSU-Staatsregierung mit ihrer Unterkunftspolitik für die Misere in der Kaserne anzuprangern.

Man nehme "das Thema als hochprioritär" wahr, beeilte sich SPD-Stadtrat Christian Vorländer zu versichern, während er in einer Gruppe von etwa 100 Demokraten gegen Richter protestierte. Und ja, man wolle über eine Anwohnerversammlung nachdenken, vielleicht auch über ein weiteres, professionell gestaltetes Infoblatt. Strobl regte an, in der Kaserne mehr Aufenthaltsmöglichkeiten für die Asylsuchenden zu schaffen, eine Art Wirtschaft vielleicht. In der Kaserne gilt Alkoholverbot, weshalb einige Flüchtlinge auf der Wiese vor der Mauer ihr Bier trinken, manchmal auch zu viel davon. Das sorgt für Ärger in der Nachbarschaft.

Der brach sich nach der Kapazitätserweiterung der Kaserne auf gut 2000 Plätze Bahn, etwa über eine Facebookgruppe mit 1700 Mitgliedern. Und diesen Unmut versuchen seit Wochen Politiker vom rechten Rand weiter anzuheizen und für sich zu nutzen. Der Islamhasser Michael Stürzenberger etwa sammelte Unterschriften gegen das Moschee-Projekt in der Innenstadt, die Neonazi-Partei "Der dritte Weg" verteilte Flugblätter, und Karl Richter rief die Nachbarn auf, sich zusammenzutun. Er wolle wieder kommen nach Freimann, kündigte er an: "Wir werden in den nächsten Tagen hier weiter Druck machen." Derweil beginnt das Rathaus darüber nachzudenken, wie man mit den Bürgern kommunizieren könnte.

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