Bauvorhaben:Angst vor einer neuen Lawine

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Auf einem Acker und dem angrenzenden Fußballplatz an der Truderinger Straße sollen 750 neue Wohnungen entstehen. Der Bezirksausschuss begrüßt das Projekt grundsätzlich, obwohl bis zu 2300 Autos am Tag zusätzlich im Quartier fahren werden

Von Renate Winkler-Schlang, Berg am Laim

Beim Blick vom Dach des Hochhauses des Süddeutschen Verlags in Richtung Süden erkennt man die große Freifläche, die bebaut werden soll. (Foto: Jakob Berr)

Berg am Laim boomt: Etwa 750 neue Wohnungen sollen entstehen auf dem Acker südlich der Truderinger, westlich der Roßsteinstraße. Die Eigentümer, die Park Immobilien Projekt Truderinger Straße Gmbh & Co KG und eine Eigentümerfamilie haben ernsthaftes Interesse bekundet, die bisher landwirtschaftlich genutzte Fläche und den angrenzenden Fußballplatz des ESV München Ost zu bebauen - die Kicker des ESV ziehen ohnehin um an die Thomas-Hauser-Straße. Noch ist das Neubaugebiet in einem frühen Stadium - ein Termin, wann der Planungsausschuss des Stadtrates hierfür den Flächennutzungsplan ändern und einen Bebauungsplan auf den Weg bringen wird, steht noch nicht fest. Doch im Bezirksausschuss wurden bereits erste Details diskutiert. Der Tenor: Der Verkehr wird zum Problem - und dennoch muss man froh sein über jede neue Wohnung.

Insgesamt 83 475 Quadratmeter groß ist die Fläche, an die im Süden der Rosenheimer Bahndamm grenzt. Rund 60 000 davon sind in Privatbesitz, der Rest gehört der Stadt. An den öffentlichen Nahverkehr ist das Gebiet gut angebunden. Es gibt Busse, den S-Bahnhof in 500 Metern Entfernung, gleich dahinter fährt die Tram. Auch die U 2 ist nicht weit. Dies wurde in einem ersten Verkehrsgutachten berücksichtigt - und dennoch gehen die Experten von rund 2300 zusätzlichen Fahrten am Tag aus. Kommentar in der Stadtratsvorlage: "Die Mehrung des Verkehrs ist spürbar, aber noch vertretbar."

Man müsse diese erschreckende Zahl mit allen nur erdenklichen Mitteln reduzieren, seien es Car-Sharing, das perfekte Rad- und Fußweg-Angebot - oder was auch immer. Die Straßen in Berg am Laim jedenfalls seien dicht, erklärte dagegen der Bezirksausschuss. Und werde die für die Truderinger Straße im Bereich Straßtrudering diskutierte Verkehrsberuhigung wirklich realisiert, komme auf Berg am Laim eine weitere Verkehrslawine zu.

Ein Nadelöhr sei auch die Unterführung unterm S-Bahnhof Berg am Laim, so die CSU. Da deren Sanierung dringend anstehe - die Bahn hatte sie ursprünglich schon im vergangenen Jahr in Angriff nehmen wollen -, bestehe eine günstige Gelegenheit, mit der Bahn über eine Verbreiterung zu diskutieren. Sichtlich ungelegen kam dem BA-Vorsitzenden Robert Kulzer (SPD) dieser Vorstoß der Christsozialen. Er hätte es lieber gesehen, erst einmal auszurechnen, ob eine Verbreiterung das Problem überhaupt lösen oder sogar noch verschärfen würde, und dann, falls sinnvoll, bei der Bahn vorzufühlen, ehe man bei der Bevölkerung vielleicht unerfüllbare Begehrlichkeiten weckt.

Brigitte Schulz (Grüne) kritisierte als einzige die an der Truderinger Straße beabsichtigte Dichte. In Obermenzing solle eine ebenso große Fläche mit etwa halb so vielen Wohnungen bebaut werden und selbst dagegen gebe es dort Widerstand, erklärte sie. Als störend empfand sie auch die in den Voruntersuchungen bis zu acht Stockwerken hohen Häuser, die dort ausgerechnet im Süden des Gebiets platziert seien. Das seien doch nur unverbindliche Vorüberlegungen, antwortete Kulzer. Er plädierte für die hohen Häuser, die in der Umgebung, sowohl an der Hansjakobstraße wie auch im nahen Baugebiet Baumkirchen Mitte durchaus Bezugsfälle hätten: "Besser in die Höhe bauen als in die Breite", sagte Kulzer - und die Mehrheit gab ihm Recht.

In der Stadtratsvorlage wird auch erwähnt, dass dieser unversiegelte Acker "eine sehr hohe bioklimatische Bedeutung" habe. Er liege an der Kreuzung zweier Grünzüge. Das hier beidseits des künftigen Hachinger Baches geplante Grün werde die zur Zeit in dem Gebiet relativ geringe Grün- und Freiflächenversorgung verbessern, so das Planungsreferat. Dieses weist auch darauf hin, dass sich die neuen Bewohner dank des Einkaufszentrums in Baumkirchen Mitte über eine gute Nahversorgung werden freuen können. Wie man mit der Fläche stadtplanerisch am besten umgeht, soll nun ein Wettbewerb zeigen. Der solle auch die genaue Zahl der hier möglichen Wohngen aufzeigen, "gegebenenfalls auch mehr als 750".

© SZ vom 02.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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