Aubing:Ohne Hürden unten durch

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Halt mit Barriere: Wer schlecht zu Fuß, gehbehindert oder mit dem Kinderwagen unterwegs ist, kommt nur mit Schwierigkeiten zum Bahnsteig in Aubing. (Foto: Alessandra Schellnegger)

Auf Betreiben einer Bürgervereinigung legen Architekten ein Konzept vor, wie der unschöne Aubinger Bahnhof barrierefrei ausgebaut werden könnte. Die Stadt zeigt sich offen - und will das Projekt weiter vorantreiben

Von Ellen Draxel, Aubing

"Das Schönste am Aubinger Bahnhof ist der blaue Himmel. Das ist aber auch schon alles." Gerhard Feuser nimmt kein Blatt vor den Mund. Aubings S-Bahnhof findet der Architekt scheußlich, trostlos, obendrein funktional mangelhaft. Feuser ist kein Aubinger, aber seine Meinung wird von vielen Menschen im Viertel geteilt. Und inzwischen auch von der Stadtverwaltung.

Denn der Bahnhof ist nicht nur alt und schmuddelig. Er schafft vor allem eine Barriere: Mittels Treppe trennt er Aubing von Neuaubing. Wer schlecht zu Fuß, gehbehindert oder mit dem Kinderwagen unterwegs ist, kann die Unterführung zwischen den Stadtteilen nicht nutzen.

"Nach zig Anträgen und Schreiben an die Stadt und die Bahn, die lange nicht fruchteten, hatten wir es irgendwann satt", sagt Karin Binsteiner. Mit "wir" meint die Grünen-Politikerin die Bürgervereinigung Aubing-Neuaubing, deren Vorsitzende sie ist. Der Verein hat deshalb gehandelt: Auf eigene Kosten beauftragte er das Büro für Städtebau, Architektur und Umwelt Plan.ed, ein Konzept für den S-Bahnhof zu entwerfen. Das Ergebnis wurde jetzt präsentiert.

Kernelement des von den Architekten Gerhard Feuser und Manfred Huber entwickelten Entwurfs ist eine kreisrunde Spirale: eine Rampe in Schneckenform mit einer fünfprozentigen Neigung, die sich auf einer Länge von 80 Metern langsam in die Tiefe schraubt - bis zur Ebene der Unterführung. Beleuchtet werden soll der Kreisel mit einem oberirdisch gut sichtbaren, großen Ring. "Damit man den Bahnhof dann auch findet", erklärt Feuser. Wichtig erscheint den Planern dabei nicht nur Nutzen und Optik. Am Herzen liegt ihnen auch die Sicherheit der Passanten. Niemand, so legt die Lichterkranz-Idee nahe, soll sich auf dem Bahnhofsareal in dunklen Ecken verstecken können.

Ergänzend zur Rampe haben die Architekten aber noch ein zweites Bauwerk vorgesehen: ein längliches Gebäude, östlich der Spirale situiert. Es soll einen Aufzug beherbergen, der einen weiteren Zugang zu den Bahnsteigen und zur unteren Ebene ermöglicht. Dort könnten außerdem ein Kiosk und Arztpraxen unterkommen. Auch Wohnraum halten die Planer in dem Haus für denkbar. Den Vorplatz des Bahnhofs stellen sich die Architekten Feuser und Huber als verkehrsberuhigte Zone vor, mit verschwenktem Straßenverlauf und Aufpflasterung, auf jeden Fall jedoch mit Platz für eine Bushaltestelle. Momentan gibt es auf dieser Seite des Bahnhofs keinen Bus-Stopp, die nächste Bushaltestelle befindet sich 300 Meter entfernt an der Altostraße.

Aubings Bürger, zumindest diejenigen, die bei der Präsentation zugegen waren, finden die Planung unisono "toll". Offen allerdings bleibt, wie realistisch deren Umsetzung ist. Denn die Bahn als Eigentümerin des Grundstücks mauert seit Jahren bei der Bitte, den barrierefreien Ausbau des Bahnhofs voranzutreiben. Auch zum Ärger der Stadt: "Die Bahn", so sagte Robert Adam vom städtischen Planungsreferat, "ist kein einfacher Partner". Münchens Verwaltung sei im Fall eines Umbaus lediglich "Bittsteller". Trotzdem - oder gerade weil der Stadt die barrierefreie Ortsverbindung so wichtig ist - hat das Planungsreferat in seinem Drängen nicht nachgelassen.

2015 beschloss der Stadtrat, 45 000 Euro für eine technische Machbarkeitsstudie auszugeben, ohne zu wissen, ob sich die Investition letztlich rechnet. "Diese Machbarkeitsstudie läuft im Moment. Vor den Sommerferien werden wir intern hoffentlich erste Ergebnisse und Kostenkalkulationen haben", sagte Adam. Dann müsse man wieder an die Bahn herantreten. "Wir haben jetzt den Auftrag, diese Unterführung zu planen." Der Vorschlag der Bürgervereinigung sei auch für die Stadt Ansporn, das Projekt voranzutreiben. Das Planungsreferat werde die Idee der Architekten deshalb auf jeden Fall an die Bahn weiterleiten. "Das Konzept ist eine Möglichkeit. Wir müssen aber sehen, ob wir nicht zuerst eine andere Notlösung realisieren müssen."

© SZ vom 19.05.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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