Mode:Wie ein Pop-Up-Store die Maximilianstraße aufmischt

Lesezeit: 3 min

Künstler und Modeschaffende aus dem Super&Unholzer stellen hier als Zwischennutzer ihre Arbeiten aus. (Foto: Catherina Hess)

Im Super + Maxistore können Münchner Designer ihre Werke präsentieren - aber nur für kurze Zeit.

Von Franziska Gerlach

Es hält einem niemand die Tür auf, auch schreitet der Kunde nicht über einen roten Teppich zur Ware, wie bei manch anderen Luxusläden hier. Dafür gibt es Unikate made in Munich in dem neuen Laden an der Maximilianstraße - ein weiterer Unterschied zu den Boutiquen auf Münchens glamourösester Einkaufsmeile.

Dass sich dort insbesondere Touristen gerne aufhalten, wissen natürlich auch die Macher des neuen Ladens, deshalb haben sie ihren Flyer sicherheitshalber in verschiedenen Sprachen verfasst. "Design Pop-Up Store. Fashion, Lights. Photography", steht da auf Englisch. Aber auch auf Russisch, Chinesisch und Arabisch.

Ein guter Gag. Und einer, der etwas aussagt über das temporäre Projekt Super + Maxistore, bei dem 18 Designer der Ateliergemeinschaft Super + Unholzer mitmachen.

Es ist eine Chance für sie, auch wenn sie ihre Produkte nur bis zum 6. Februar in dem ehemaligen Teppichgeschäft an der Maximilianstraße 33 verkaufen werden, danach wollen Konstantin Landuris, Christian Muscheid und Alex Deubl, die die Ateliergemeinschaft gegründet haben, ein großes Kunstprojekt in den Räumen installieren. Eine bunte Tropfsteinhöhle soll es werden. "Danach gibt es vielleicht sogar noch eine dritte Runde", sagt Landuris, "mit einer Pop-Up-Gallery".

Die Designer zahlen keine Miete

Eine Chance ist das Projekt vor allem deshalb, weil die Designer ihre Arbeiten nun - anders als in ihren Ateliers in der alten Lodenfabrik in Moosach, wohin sich kaum je ein Kunde zufällig verirrt, geschweige denn solvente München-Touristen - an prominenter Stelle zeigen können. "Es geht darum, gesehen zu werden", sagt Landuris, womöglich ergäben sich auch neue Kontakte.

Neues Kreativquartier in München
:"Echtes Experiment"

Auf rund 20 Hektar soll an der Dachauer Straße ein neues Künstlerviertel entstehen. Einziehen sollen vor allem professionelle Kulturschaffende. Wie die Stadt verhindern will, dass auf die Kunst hohe Mietpreise folgen.

Von Franz Kotteder

Die Designer bezahlen keine Miete für den Super + Maxistore, die Stadt als Eigentümerin hat ihnen das Ladenlokal kostenfrei überlassen. Gleich links vom Eingang präsentiert Larissa Ziegler ihre geometrisch geformten Taschen, daneben hängt ein Kunstfellkragen in Pastelltönen.

Das neue Label Noko-o hat unterschiedliche Materialien wie Jersey, Frottee und Neopren zu Pullovern in zartem Eisblau zusammengesetzt, in den hinteren Räumen blinken Lichtinstallationen und im Schaufenster präsentiert ein Holzkünstler großflächige Schalen.

Im sanften Schein einer imposanten Papierleuchte steht Svenja Weimann vom Label Vanook. Sie hat die Aufgabe übernommen, jedem Designer eine Präsentationsfläche in dem Laden zuzuweisen, der durchaus provisorisch aussehen darf - ist ja nur vorübergehend.

Eine Toilette gibt es nicht, entlang der Decke verlaufen Kabel, hier und da bröckelt der Putz. "Wir haben nicht gestrichen, das hätten wir nicht gestemmt", sagt sie. "Stattdessen setzen wir lieber auf den Kontrast."

Vernissage Maximilianstrasse 33.Künstler und Modeschaffende aus dem Super&Unholzer (Ateliergemeinchaft in der Trachtenfabrik Moosach) stellen hier als Zwischennutzer ihre Arbeiten aus. Foto:Catherina Hess (Foto: Catherina Hess)

Wie gut ein solcher Kontrast gerade einer auf Hochglanz polierten Straße tut, wie erfrischend es ist, wenn sich die Szenen ungeachtet ihres Kontostands vermischen, zeigte sich bereits im Sommer 2013 - in exakt demselben Haus. "Haeppi Piecis" hieß der Laden, als die Stadt erstmals junge Designer in ihre Immobilie an der Maximilianstraße ließ. Nun regte das Kommunalreferat an, die Räume erneut zu belegen.

Kompetenzteam Kultur- und Kreativwirtschaft

Diesmal hat das im Herbst 2014 gegründete städtische Kompetenzteam Kultur- und Kreativwirtschaft in Zusammenarbeit mit dem Kulturreferat Kreative auf die freie Fläche gebracht. Mitte Dezember ging es los, nach einem Lichtdesigner wurde das Haus zuletzt von Künstlern des städtischen Atelierhauses an der Baumstraße zwischengenutzt.

Puerto Giesing: Eine Bilanz
:Hier zieht Subkultur. Weg.

Der Ausstieg ist beschlossen: Ende Oktober läuft das Partygeschäft im Puerto Giesing aus. Frontfrau Zehra Spindler über die Exit-Strategie der Kreativen - und über die Hassliebe der Münchner zur Subkultur.

Kathrin Haimerl

Dieses Prinzip kennt man an der Isar spätestens, seit Zehra Spindler 2010 das frühere Hertie-Kaufhaus an der Tegernseer Landstraße zum "Puerto Giesing" gemacht und dort ein illustres Unterhaltungspaket aus Partys und Kulturveranstaltungen geboten hatte.

Allerdings musste sich die Stadt immer wieder nachsagen lassen, die Idee setze sich hier langsamer durch als andernorts - was wohl auch damit zu tun hat, dass frei stehende oder brach liegende Immobilien in München Mangelware sind.

Der Reiz des Vergänglichen

Mit dem Kompetenzteam Kultur- und Kreativwirtschaft, das mit dem Kommunalreferat, dem Kulturreferat sowie dem Referat für Arbeit und Wirtschaft zusammenarbeitet, soll die Vermittlung künftig schneller erfolgen. "Wir matchen Angebot und Nachfrage", sagt Leiter Jürgen Enninger; inzwischen böten Eigentümer sogar von sich aus Raum an.

Im Super + Maxistore zieht Eva-Maria Kohler gerade ein Kleid aus goldenem Kunstleder ein Stück weiter nach oben, es hängt an einer Schnur von der Decke herab. Niemand soll daran hängen bleiben.

Kreative Mischung beim Zwischennutzungsprojekt Super + Maxistore. (Foto: Catherina Hess)

Der Laden wird gut angenommen, zur Eröffnung drängten sich mehr als 1000 Gäste zwischen Kunst und Design, als hätten sie Angst, etwas zu verpassen. Offenbar liegt der Reiz eines temporären Angebotes gerade in seiner Vergänglichkeit.

Die Inszenierung des Unfertigen kommt aber auch bei jenen an, die sich ein anderes München wünschen - mit weniger Chichi und einer Subkultur, die nicht nur in ausgedienten Fabrikgebäuden am Stadtrand stattfindet. So etwa bei den jungen Frauen, die vor dem Laden eine rauchen. "In der Maximilianstraße hat was Alternatives eröffnet", sagen sie, "das ist doch super."

© SZ vom 02.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: