Asylpolitik:Flüchtlingshelfer sind frustriert

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Ehrenamtliche protestieren gegen die "Abschiebungskultur"

Von Thomas Anlauf

Sie kommen aus Günzburg und Gröbenzell, aus Olching und Otterfing - und sie haben ein gemeinsames Ziel: Geflüchteten Menschen zu helfen, ihnen ein Stück neue Heimat zu geben und sie, wenn möglich, vor einer Abschiebung in ihre alte Heimat zu bewahren, wo ihnen Tod oder Verfolgung drohen. Es sind mehr als 1500 Menschen aus mehr als 50 Helferkreisen aus München und ganz Bayern, die am Sonntagnachmittag auf dem Marienplatz versammelt sind und ihrem Frust über die Asylpolitik der Bundesregierung und der bayerischen Staatsregierung Luft zu machen. Und die zeigen wollen, dass sie auch fast zwei Jahre nach den Bildern vom Münchner Hauptbahnhof immer noch in ihren Dörfern und Städten denen helfen, die in Bayern Asyl suchen.

Thomas Lechner hatte vor zwei Monaten das Gefühl, "wir sind so unsichtbar und es geht uns nicht gut". Wir, das sind die vielen tausend Ehrenamtlichen in München und Bayern, die sich seit Jahren in Flüchtlingsinitiativen und Helferkreisen engagieren. Im September 2015 waren es die freiwilligen Helfer, die "Erste Hilfe leisteten und Struktur ins Chaos brachten", so Lechner. Doch heute sei in der Politik nur noch von Abschiebungen die Rede. "Wo steht unsere viel gelobte Demokratie, wo sind heute unsere demokratischen Prozesse", fragt der Organisator der Kundgebung, die unter dem Motto "Gemeinsam für Menschenrechte und Demokratie" steht. Er fordert nun einen "Aufstand der Leisen", gerade in einem Wahljahr wie diesem.

Rubeh Sadeghi, selbst Flüchtling und heute hauptamtlicher Mitarbeiter bei der Arbeiterwohlfahrt, empfindet es als "gespenstisches Realexperiment", das derzeit in Deutschland zu erleben sei. "Die Willkommenskultur soll nun ersetzt werden in eine Abschiebungs- und Ausgrenzungskultur." Die CSU empfindet er mittlerweile "als erfolgreiche PR-Agentur der AfD". Noch immer würden Menschen nach Afghanistan abgeschoben. Dabei beweise der Anschlag am Freitag, bei dem Taliban mehr als 140 Soldaten töteten: "Afghanistan ist kein sicheres Land, für niemanden!"

Die Kundgebung am Sonntag soll der Auftakt von zahlreichen Veranstaltungen sein. Im Mai will das Bündnis von Ehrenamtlichen in der Flüchtlingshilfe erneut eine Aktion in München starten. Die Ehrenamtlichen seien eine tragende Säule der Gesellschaft, und diese müsse viel sichtbarer werden.

© SZ vom 24.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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