Italienisches Restaurant Oberföhring "Anema e core":Seele und Herz aus Neapel

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Ziemlich bodenständig: Im "Anema e core" in Bogenhausen gibt es italienische Spezialitäten und traditionelle Musik. (Foto: Catherina Hess)

Paste, "Scampi al Pizzico" und sündig-süße Nachspeisen: Im "Anema e core" in Bogenhausen gibt es neapolitanische Leckereien in südländischem Flair.

Johanna N. Hummel

Wer Seele und Herz besingen will, wandelt auf ausgetretenen Pfaden, das Lied "Anema e core" ist seit fünfzig Jahren von Neapel aus in der Welt herumgekommen, eine Erfolgsgeschichte. Wer mag sich schon Seele und Herz entziehen? Vielleicht hat deshalb der Neapolitaner Francesco Pecchia seine Trattoria in der Lohengrinstraße ANEMA E CORE genannt.

Der alte Liedtext steht in der Speisenkarte, und er macht ratlos, weil außerhalb von Neapel kaum jemand die Sprache der Stadt versteht. Selbst einer der Kellner winkte ab, er könne das Lied nicht übersetzen, er komme aus Brindisi, sagte er so energisch, als folge er Lohengrin: "Nie sollst Du mich befragen."

Im eher nüchternen Gehörlosenzentrum nahe der Effnerstraße liegt die Trattoria, und was der Umgebung an Flair fehlt, soll im Inneren südliches Gepräge ausgleichen. Im Gastraum weiß gedeckte Tische, ein großer Baum, keine Nippes und in der Regel auch keine Gäste, denn alles drängt sich in der angrenzenden langgestreckten Veranda mit vielen grünen Pflanzen. Bei Kälte wird sie mit Markisen und verkratzten, durchsichtigen Plastikfolien auf Wintergarten getrimmt, zwei lodernde Öfen verbreiten Wärme, Gartenlaternen mildes Licht - ein sorgfältig geplantes Provisorium.

"Wir kochen mit Seele und rechnen mit Herz", steht in der Speisenkarte, wobei das Herz nicht nur uneigennützig für die Gäste schlägt, die Trattoria rechnet sich durchaus zu den gehobenen Restaurants, auch in den Preisen. Die Tageskarte wechselt ständig, die Weine stammen aus den italienischen Regionen, auch einige offene sind darunter, ein dünner weißer und ein akzeptabler roter preiswerter Hauswein (0,2 Liter 3 Euro). Der Lugana 2008 vom Weingut Zenato war frisch und trocken (0,2 Liter 6 Euro).

Die Stimmungsschwankungen der Paste

Und die Seele der Köche? Bei den Vorspeisen schien sie hochgestimmt zu sein, das gepflegte Carpaccio vom Rind mit Rucola und Parmesanspänen (10,50) wurde schön temperiert aufgetischt. Der gegrillte Käse der sizilianischen Käserei Auricchio war ein Gedicht, zart und pikant, mit milder Peperoncino-Marmelade und Salat perfekt komponiert (11).

Unter stärkeren Stimmungsschwankungen litten die Paste: die Paccheri, eine Art überdimensionale Rigatoni mit feinem Hirschragout, hatten zu viel Biss; an den Spaghetti bella donna mit Kapern, Oliven und Tomaten gab es nichts zu meckern, im Gegensatz zu den hausgemachten Tagliatelle mit Babygarnelen und Mangold: Batzig klebten sie im Teller. Und die Brot-Gnocchi - eine italienische Version von Semmelknödeln - mit lauwarmer Parmesansoße waren schlicht eine sehr fade Sache (9 bis 11,50).

Mit Fisch und Fleisch geht die Küche gekonnt um. Goldbrasse, Calamari oder Scampi kamen im richtigen Moment vom Grill (18,50 bis 22,50), ebenso das Rinderfilet. Schön rosa wurde es aufgetischt, das Einverständnis des Gastes vorausgesetzt, denn gefragt hatte ihn niemand, wie er das Fleisch gebraten haben wollte (25,50).

Braves Triamisu und verlockende Profiteroles

Es waren oft Kleinigkeiten, die des Gastes Seele eintrübten. Bei den "Scampi al Pizzico" schien der Peperoncino ausgegangen zu sein, das zarte Saltimbocca hungerte nach mehr Salbei, die Involtini vom Kalb und Wirsing - schlichte Krautwickerl - lagen zwar in einer feinen, intensiven Zwiebelsoße, doch sie gerieten völlig aus der Form, man hätte sie löffeln können, so weich waren sie.

Dabei zeigt die Küche immer wieder, was sie kann, beim sautierten Kaninchen zum Beispiel, mit geschmorten Schalotten und einer wunderbaren, nicht zu schweren Soße, die aus beiden herausholte, was in ihnen steckt. (19,50 bis 23,50). Dazu gab es gemischte Gemüse, mit Biss gegart, zierlich auf einem Teller drapiert und mit Olivenöl beträufelt: ein Sieg des Einfachen.

Die Küche bleibt ihren Hochs und Tiefs treu, auch bei den Nachspeisen: Das brave Tiramisu war auffallend bleich, kein Stäubchen Kakao hatte es abbekommen. Die Panna cotta war langweilig und die Crema catalana schmeckte wie eine Zitronencrème, dekoriert mit Mandeln und einigen Kringeln Karamellsauce. Und dann das Gegenteil, die Profiteroles: Ein Schokoladen-Teigmantel umhüllte eine feine Crème, sündig süß, sündig gut und sehr versöhnlich (6 und 6,50).

Nun fällt das Verzeihen an sich nicht schwer, weil die Kellner alle schnell und freundlich sind, weil sie Kinder so ernsthaft bedienen wie ihre Eltern und weil sie Gästen helfen, wenn diese nicht zurechtkommen und sei es nur mit einer großen Serviette. Unauffällig machen sie das, geduldig und ungemein liebevoll - mit Seele und Herz eben.

ANEMA E CORE, Lohengrinstraße 11, Telefon 089 - 909 55 626, Geöffnet von Sonntag bis Freitag von 11.30 bis 23 Uhr.

© SZ vom 06.04.2009/sus - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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