Allach/Untermenzing:Wand der Ablehnung

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So stellt sich der Bauherr das neue Quartier zwischen Franz-Albert- und Naßlstraße vor, mit Blick nach Westen auf den Anger. Simulation: Maier Neuberger Architekten (Foto: N/A)

Obwohl die Stadt das "Wohnen-für-alle"-Projekt zwischen der Allacher Franz-Albert-Straße und der Naßlstraße nach Protesten im Umfang deutlich reduziert hat, hagelt es in der Nachbarschaft weiter Kritik

Von Anita Naujokat, Allach/Untermenzing

Kleinere Häuser, weniger Wohnungen und mehr Stellplätze: Die städtische Wohnungsbaugesellschaft Gewofag hat bei dem von der Stadt geplanten "Wohnen-für-alle"-Projekt zwischen der Franz-Albert- und der Naßlstraße planerisch beträchtlich abgespeckt. Statt der ursprünglich vorgesehenen 85 Wohnungen sollen nur mehr 52 entstehen, fast zwei Drittel davon werden mit Familien belegt. In der ersten Planung war das Verhältnis eher umgekehrt: Dort waren nur 20 Prozent für Familien in deutlich kleineren Wohnungen im Gespräch gewesen. 26 Wohnungen werden mit anerkannten Flüchtlingen belegt, die anderen gehen an beim Sozialamt registrierte einkommensschwache Haushalte. Auch sollen im Vergleich zur Ursprungsplanung alle Gebäude unterkellert werden.

Die neue Planung stellte die Gewofag mit Vertretern aus dem Planungsreferat und dem Amt für Wohnen und Migration am Montagabend in der Kantine von Krauss-Maffei vor. Mit ihr ist die Gewofag in sieben Punkten - auch bei der Dachform und der Firstrichtung - bisherigen Anregungen von Bürgern und des Bezirksausschusses Allach-Untermenzing entgegengekommen. Letzterem waren vor allem die Stellplatzanzahl und die Unterkellerung wichtige Anliegen. Gewofag-Geschäftsführer Klaus-Michael Dengler wies gleich zu Beginn der zweiten Info-Veranstaltung zu diesem Thema darauf hin, dass es nicht um das "Ob", sondern das "Wie" gehe. Die Gewofag sei von der Stadt lediglich als Bauherr beauftragt, das Projekt beschlossen habe der Stadtrat. Doch das Wie spielte an diesem Abend bei einem Großteil der Einwände gegen das Projekt kaum eine Rolle.

Die Gewofag hatte den Entwurf vom März 2017 überarbeiten müssen, weil er die Grenzen des seit 1994 bestehenden Bebauungsplans überschritt. Schon allein das rief Misstrauen hervor. Denn hätte es keine Proteste gegeben, wäre der Erstentwurf realisiert worden, mutmaßten Kritiker. Man fühle sich von der Stadt "verarscht". Allein der Name "Wohnen für alle" sei eine "Lüge", weil dort weder Studenten noch alte Leute berücksichtig würden, sagte eine ältere Frau. Ihr Vertrauen in die Stadt sei tief erschüttert.

Aus der Mitte der rund 180 anwesenden Bürger kamen zahlreiche Bedenken. Angefangen bei der rechtlichen Unzulässigkeit des Vorhabens, der schützenswerten Botanik der Grünfläche, über den Einwand, Allach habe genug solcher Einrichtungen, bis hin zu der Feststellung, dass mittlerweile überall im Stadtbezirk schon reichlich gebaut werde, und es nicht noch mehr Wohnungen brauche. Zur Sprache kamen die Angst um Kita-Plätze, weil vom Jugendamt betreute Kinder bevorzugt würden, Ängste vor Überfremdung, Überbelegung und Zweifel an Integration. Daran konnte auch Markus Auerbach (SPD), Vorsitzender des benachbarten Bezirksausschusses Feldmoching-Hasenbergl, wenig ändern, der von einem vergleichbaren Projekt an der Schittgablerstraße berichtete, das zu einer Chance für das Quartier geworden sei. Er appellierte an die Nachbarschaft, sich der neuen Bewohner anzunehmen. Wenn man nicht 26 Migranten-Haushalte integrieren könne, müsse man einmal auf sich selbst schauen, sagte er. "Ob Sie es hinbekommen oder nicht, liegt ganz bei Ihnen."

Streit gab es auch darüber, ob nun 120, 150 oder 200 Menschen zuzögen. Monika Betzenbichler vom Wohnungsamt sagte, dass die Flüchtlinge genauso viel Angst hätten, wo sie hinkämen und wie sie aufgenommen würden. Sie und Stadtdirektorin Ulrike Klar wurden als "Sozialromantikerin" und "Opfer der Stadtpolitik" betitelt, "da ihr mehr für die macht, die kommen, und nicht für die Bürger, die euch gewählt haben".

Knapp 2000 Unterschriften hat die Bürgerinitiative "für den Erhalt der Grünfläche" gegen das Vorhaben nach eigener Aussage inzwischen beisammen. Dazu laufen Petitionen und Schriftwechsel mit der Stadtspitze. Ändern dürfte das aber nichts mehr. Dengler hofft, noch in diesem Jahr die Baugenehmigung zu erhalten, sodass die Gewofag Anfang 2019 mit dem Bau beginnen könnte. Fertiggestellt sein könnten die Gebäude dann Ende 2019, Anfang 2020. Die örtliche Bezirksausschuss-Vorsitzende Heike Kainz (CSU) geht davon aus, dass das Gremium bald eine Sondersitzung einberufen wird, in der man die Anträge und Anregungen behandeln und Stellung beziehen wird. "Förmlich haben wir aber kein Anhörungsrecht."

© SZ vom 21.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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