Allach/Untermenzing:Großer Durchbruch

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Wenn alle Wünsche wahr werden, soll auch das Allacher Vereinsheim renoviert werden - aber erst, wenn das Kulturbürgerhaus in unmittelbarer Nähe steht. (Foto: Rumpf)

Kehrtwende für den Bau eines Kulturzentrums: Nach der Bedarfsanalyse des Bezirksausschusses hat der Kulturausschuss des Stadtrates erstmals die Notwendigkeit für ein Bürgerhaus anerkannt

Von Anita Naujokat, Allach/Untermenzing

Den Kampf haben die Allacher und Untermenzinger durch Hartnäckigkeit gewonnen. Nachdem die Stadt 2012 ein Kulturbürgerhaus für den Stadtbezirk schon einmal abgelehnt hatte und im Jahr darauf wieder eine Niederlage drohte, hat der Kulturausschuss jetzt erstmals den Bedarf für den Bau eines Kulturzentrums anerkannt. Der Ausschuss beschloss, das Projekt an der Eversbuschstraße zu konkretisieren und weiter voranzutreiben. Außerdem soll das bestehende Vereinsheim gründlich überholt werden. Einzig die Stadtkämmerei macht derzeit noch Schwierigkeiten und stellt das Vorhaben in Frage.

Die Kehrtwende herbeigeführt hat eine Bedarfsanalyse des Bezirksausschusses über potenzielle Nutzer und Veranstaltungen in einem solchen Haus. Um diese Untersuchung erstellen zu können, hatten die Allach-Untermenzinger vor der zweiten Entscheidung einen Aufschub von knapp einem Jahr herausgehandelt. In Summe listet das Gremium mehr als 2000 Veranstaltungen von Vereinen, Tanzgruppen, Musikern, Chören, Akteuren aus dem Sozial- und Gesundheitsbereich, Künstlern, Migrantengruppen, Aktiven aus Sport, Umwelt und Stadtgeschichte auf - davon 500 in einem Saal und 150 an Wochenenden. Aber auch das prognostizierte Wachstum spielt eine Rolle: Demnach wird Allach-Untermenzing mit seinen derzeit 30 000 Einwohnern bis 2030 fast 4000 Bewohner mehr haben. In der "Perspektive München" ist der Bezirk als Schwerpunktgebiet der zukünftigen Stadtentwicklung ausgewiesen und einer von zehn Handlungsräumen, was auch zu neuen Ansprüchen an den Stadtraum führe. Das vorläufige Nutzerkonzept sieht einen 250 Quadratmeter großen Saal mit einer bodengleich versenkbaren Bühne vor. In ihm können mit Bühne und Reihenbestuhlung 200 Menschen Platz finden, zu Vorträgen ohne Bühne etwa 260. Dazu ist einschließlich Garderobe ein 180 Quadratmeter großes Foyer geplant, das über Flügeltüren oder Faltwände mit dem Saal verbunden werden kann. Dazu kommen ein 50 Quadratmeter großer Werkraum, zwei Gruppenräume mit je 30 Quadratmetern, ein Musikübungsraum (55 Quadratmeter), ein 65 Quadratmeter großer Gymnastikraum, Archiv und bis zu zwei Arbeitsplätze für die Geschichtswerkstatt, eine Nachbarschaftsbörse, Umkleiden, Büros, Lager sowie eine größere und kleinere Küche.

Im Raumprogramm nicht berücksichtigt hat das Kulturreferat Nutzungen für das Alten- und Service-Zentrum, weil dieses am Oertelplatz eine eigene Dependance erhalten wird. Auch die Mittagsbetreuung der Grundschule an der Eversbuschstraße will das Kulturreferat nicht in dem Haus ansiedeln, da laut Referat für Bildung und Sport dafür kein Bedarf bestehe.

Der Bau selbst dürfte allerdings nicht leicht werden. Die dafür vorgesehenen städtischen Grundstücke südlich des Vereinsheims liegen allesamt im Ensembleschutzgebiet "Dorfkern Allach", überwiegend auch im Landschaftsschutzgebiet und unterliegen der Baumschutzverordnung. Der westliche Teil ist als Überschwemmungsgebiet der Würm ausgewiesen. Dort seien Veränderungen des Geländes und Einbauten unzulässig, stellt das Kommunalreferat fest.

Außerdem dürfen in einer 15 bis 20 Meter breiten Zone vom Ostufer der Würm aus gesehen keine Eingriffe vorgenommen werden. Dieser Uferbereich sei als naturnahes ungenutztes Gebiet mit seiner auetypischen Vegetation aus bestimmten Bäumen, Sträuchern und Pflanzen zu erhalten und müsse auf Dauer seinen natürlichen Veränderungen überlassen bleiben. Einige der Flurstücke sind unbebaut. Ein Gebäude, das ehemalige Gemeindehaus, steht leer. Auf einem steht die Kegelbahn. Dazu gibt es noch einen Gewerbebetrieb mit einem unbefristeten Mietvertrag.

Auch das Vereinsheim, das seit 1981 kulturell genutzt wird, soll mittelfristig renoviert und, sofern möglich, auch barrierefrei werden. Aber erst, wenn das Kulturbürgerhaus steht, damit Saal und Räume im Vereinsheim noch so lange zur Verfügung stehen. Geprüft werden soll auch, ob ein Abriss und Neubau an gleicher Stelle oder eine Integration in das neue Kulturbürgerhaus besser wäre.

Für die Stadtkämmerei, die nach eigener Aussage die Flächen- und Ausbaustandards für Kulturzentren generell unter die Lupe nimmt, ist das neue Projekt alles andere als "entscheidungsreif". Ohne Machbarkeitsstudie und Kostenrahmen könne die Stadt gar nicht erwägen, was da auf sie zukomme. Zudem hält die Kämmerei die Größe - Saal für 115 Personen im Vereinsheim plus Saal im neuen Haus für 260 Besucher - im Vergleich zu anderen Stadtteilkulturzentren für "deutlich überdimensioniert". Auch seien zwei Säle unter dem Gesichtspunkt der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit kritisch zu sehen. Das Kommunalreferat als Grundstückseigentümer und künftiger Bauherr hat nun zu entscheiden, ob es das Vorhaben zunächst über eine Machbarkeitsstudie oder auf anderem Wege prüft. Laut Kulturreferat sind für die Situierung des Neubaus verschiedene Varianten denkbar. Zusammen mit dem Planungsreferat soll das Kommunalreferat jetzt die Möglichkeiten ausloten. Die Rathaus-ÖDP hat sofort einen Folgeantrag eingereicht: Sie fordert die Stadtverwaltung auf, gleich eine Brücke für Fußgänger und Radfahrer über die Würm mit einzuplanen, damit das künftige Kulturzentrum auch von Westen her zu erreichen ist.

© SZ vom 07.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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