Allach:Böse Post

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Heiß umkämpft: die freie Fläche zwischen der Franz-Albert-Straße (rechts) und der Naßlstraße (unten). (Foto: Google Earth)

Den Streit um das Allacher "Wohnen-für-alle"-Projekt und den Erhalt der Grünfläche an der Franz-Albert-Straße tragen die Bürgerinitiative und der Bezirksausschuss jetzt in harschen offenen Briefen aus

Von Anita Naujokat, Allach

Die Fronten zwischen Mitgliedern der Bürgerinitiative für den Erhalt der Grünfläche an der Franz-Albert-Straße und dem Bezirksausschuss (BA) haben sich hinter den Kulissen weiter verhärtet. Nach einem Brief unter anderem an die Mandatsträger des Stadtteilgremiums von Kurt Parsiegla, "gezeichnet für die Bürgerinitiative", wirft Grünen-Fraktionssprecher Falk Lamkewitz der Bürgerinitiative in einem Antwortschreiben "Verlogenheit" und eine "bewusst angelegte Irreführung (Fake News)" vor.

In seinem Brief listet Parsiegla "historische Fakten zur Grünfläche an der Franz-Albert-Straße" auf: vom Flächennutzungsplan von 1967 über den Acker der Familie Weiß und den Verkauf der Fläche an die Stadt bis hin zur "klammheimlichen" Änderung des Flächennutzungsplans 1988 und der Umwidmung eines Teils in ein reines Wohngebiet. Damit will Parsiegla auch mit dem Gerücht aufräumen, die Anwohner seien selbst schuld, weil sie seinerzeit die Erschließungskosten zum Erhalt der Grünfläche nicht hätten aufbringen wollen, weshalb die Stadt dann für einen Teil den Bebauungsplan beschlossen habe, wie es in seiner Vorbemerkung heißt. Tatsächlich hätten die Anwohner Erschließungsbeiträge abgelehnt, weil die Grünanlage als wichtige Verbindung zwischen der Würm und der Freifläche im Westen des Wohngebiets ausgewiesen gewesen sei und somit "im übergeordneten Interesse der Allgemeinheit liegt". Eine rechtliche Auseinandersetzung habe die Stadt letztlich vermieden und die Kosten selbst übernommen.

Parsiegla zieht daraus das Fazit, dass für die Anwohner nie das Angebot vorgelegen habe, gegen einen Beitrag die Grünfläche als Ganzes zu erhalten. Die Auslegung für die Änderung sei damals an den Betroffenen vorbeigegangen. "Formal ist das wahrscheinlich alles korrekt verlaufen, moralisch ist das Ausnutzen der Unwissenheit der Bürger eher verwerflich, insbesondere, wenn es um die eigene Stadtverwaltung geht! Die Bürger fühlen sich über den Tisch gezogen!", schreibt Parsiegla.

Lamkewitz hält es, wie er schreibt, für "bemerkenswert dreist", wie Parsiegla im Namen der BI für sich in Anspruch nehme, "Fakten zu benennen". Schon allein mit ihrem Namen täusche die BI seit Monaten die Bevölkerung Allachs. Der BI gehe es ausschließlich darum, das geplante "Wohnen-für-alle"-Projekt zu verhindern, und dabei tue sie so, als ob es ihr um Natur- oder gar Umweltschutz ginge. Eine "derartige Verlogenheit" habe er in seiner 25-jährigen Tätigkeit als Bürgervertreter im BA noch nicht erlebt, so Lamkewitz in seiner Antwort, die an fast denselben Verteiler wie Parsieglas Schreiben ging. Niemand habe vor, so Lamkewitz, die Grünanlage zu verkleinern oder gar zu entfernen. Im Gegenteil werde diese noch von einer Dirt-Bike-Anlage aufgewertet werden.

Der Grüne weist darauf hin, dass im gesamten Stadtteil Rücksicht auf soziale Belange genommen werde und werden müsse. "Wenn dann in einer bisher beschaulichen, wohlhabenden Gegend ein paar harmlose Häuser für die Bedürftigsten unserer Stadt gebaut werden sollen und ein entrüsteter Protest ausbricht, dann frage ich mich schon, wie es um die soziale Kompetenz dieser Wohlstandsbürger steht", so Lamkewitz. So gesehen halte er es aus pädagogischen Gründen geradezu für dringend erforderlich, in von Wohlstand, guten Einkommen und schönen Eigenheimen mit üppigen Gärten geprägten Vierteln soziale Einrichtungen unterzubringen.

In der Sitzung des BA wurde der Schriftwechsel von den Mandatsträgern bisher nicht öffentlich diskutiert oder kommentiert. Einzig ein Bürger, der die E-Mails offenbar auch erhalten hatte, meldete sich mit den Worten, dass er eigentlich etwas über Lamkewitz' Antwort habe sagen wollen. Er habe es sich aber anders überlegt. Zu so "etwas Niveaulosem" wolle er sich lieber doch nicht äußern.

© SZ vom 09.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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