Kampf um die Nachfolge von OB Ude:Dritte Wahl

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Wer beerbt OB Ude? Josef Schmid, Dieter Reiter und Sabine Nallinger bei einer Podiumsdiskussion in München. (Foto: Robert Haas)

Reiter, Nallinger oder Schmid? Im Münchner Rathaus werden die Karten neu gemischt. Der Kampf um die Nachfolge von OB Ude im Frühjahr 2014 ist die spannendste Wahl seit langen. Doch 2013 werden Landtags- und Bundestagswahl alles überlagern. Für die Strategie der OB-Kandidaten hat das gravierende Folgen.

Von Peter Fahrenholz

Eigentlich steht München im Frühjahr 2014 die spannendste Kommunalwahl seit der legendären Wahlschlacht 1993 zwischen Peter Gauweiler (CSU) und Christian Ude (SPD) bevor. Denn zum ersten Mal tritt nicht ein unangefochtener Amtsinhaber gegen einen chancenlosen Herausforderer an, sondern es werden die Karten neu gemischt. Doch davon wird man im neuen Jahr noch kaum etwas spüren.

Der Kampf ums Münchner Rathaus wird den größten Teil des Jahres 2013 quasi im Schatten stattfinden. Eine komplizierte Gemengelage führt dazu, dass die öffentliche Aufmerksamkeit von anderen Ereignissen absorbiert werden wird.

Da ist zum einen der Wahlkalender, der praktisch so selten ist wie eine Sonnenfinsternis: Ein halbes Jahr vor den Kommunalwahlen finden sowohl Bundestags- als auch Landtagswahl statt. Eine derartige Konstellation wird es erst in 60 Jahren wieder geben, es sei denn, vorzeitige Neuwahlen auf einer der drei Ebenen brächten den Rhythmus durcheinander.

Denn nur alle 60 Jahre fallen der vierjährige Wahlturnus im Bund, der fünfjährige Turnus im Land und der sechsjährige Turnus in den Kommunen wieder in gleicher Weise zusammen. Landtags- und Bundestagswahl werden das ganze Jahr 2013 Wahlkampfstimmung erzeugen, die ferne Kommunalwahl mit ihren Spitzenkandidaten Monate später aber wird da noch niemanden interessieren.

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Udes Doppelrolle

Ausgerechnet der Münchner Oberbürgermeister Ude wird diesen Effekt noch verstärken. Denn weil er als SPD-Spitzenkandidat gegen Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) antritt, wird dieses Duell in München alle kommunalpolitischen Debatten in den Hintergrund drängen. Ude, der als Oberbürgermeister wegen der gesetzlich vorgeschriebenen Altersgrenze abtreten muss, wird weiter im Rampenlicht stehen, seine möglichen Nachfolger müssen sich mit einem Platz am Rand begnügen. Für sie wird der Ring erst frei, wenn das große Duell entscheiden ist.

Für die Münchner Stadtpolitik dürfte das gravierende Auswirkungen haben. Denn die Annahme, im Windschatten der beiden großen Wahlen könne doch so lange wie möglich ganz normale, unaufgeregte Kommunalpolitik betrieben werden, entspricht nicht der politischen Lebenswirklichkeit - dafür wird vor allem Udes Doppelrolle sorgen.

Schon im abgelaufenen Jahr saß bei vielen politischen Auseinandersetzungen der eigentliche Gegner nicht auf der anderen Seite der Rathausbank, sondern in der Staatskanzlei. Ob es der Bürgerentscheid zur dritten Startbahn war, die zweite Stammstrecke oder die GBW-Wohnungen: Immer spielte das Duell Seehofer-Ude hinein und überlagerte alle rein sachlichen Erwägungen. Das wird 2013 nicht anders sein.

München droht damit ein Jahr weitgehenden politischen Stillstandes. Natürlich stehen wichtige kommunale Einzelfragen auf der Agenda: die Sanierung der Großmarkthalle zum Beispiel, die Zukunft der städtischen Kliniken und nach wie vor die GBW-Wohnungen. Doch die Debatte über die Leitlinien für die nächsten Jahre, der Elan für neue Projekte, das alles wird fehlen oder auf später vertagt werden.

Ude selbst beteuert zwar, er werde trotz Wahlkampfes weiter eine 60-Stunden-Woche im Dienste der Stadt verbringen. Aber auch Udes Tag hat nur 24 Stunden, und einen Großteil davon wird er zunehmend außerhalb Münchens verbringen müssen. Im Sommer will sich Ude sogar für zwei Monate ganz aus der Stadtpolitik ausklinken und dabei auf sein OB-Gehalt verzichten - ein durchaus geschickter Schachzug, um dem Vorwurf zu entgehen, er vernachlässige wegen der Wahlkampfaktivitäten seine OB-Pflichten.

Die Amtsgeschäfte werden dann seine Stellvertreter führen müssen. Aber weder die Zweite Bürgermeisterin Christine Strobl (SPD) noch der Dritte Bürgermeister Hep Monatzeder von den Grünen werden Impulse setzen, die in die Nach-Ude-Zeit hineinwirken. Für Monatzeder hätte die udelose Zeit im Rathaus eine große Chance sein können - wenn ihn seine Partei zum OB-Kandidaten gekürt hätte. Dann hätte er sozusagen schon mal üben können. Doch Monatzeder wurde abserviert, sein Ehrgeiz, politisch noch etwas zu bewegen, dürfte in etwa so groß sein wie seine Bereitschaft, der grünen OB-Kandidatin Sabine Nallinger zu helfen.

Für die drei OB-Kandidaten von SPD, CSU und Grünen (der vierte im Bunde, FDP-Fraktionschef Michael Mattar, spielt im Rennen um die Ude-Nachfolge keine Rolle) hat die spezielle Konstellation ganz unterschiedliche Auswirkungen. Wer profitiert am ehesten davon, dass die Frage, wer den Dauerregenten Ude beerbt, im Jahr 2013 noch kaum jemanden elektrisieren wird?

Es könnte eng werden

Den größten Nutzen daraus kann vermutlich Dieter Reiter (SPD) ziehen. Denn er kann sich Zug um Zug bekannter machen. Wenn er irgendwo hinkommt, wird er immer auch als Teil der Stadtregierung wahrgenommen und nicht als Wahlkämpfer in einer Auseinandersetzung, für die sich noch niemand interessiert.

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Nallinger muss dagegen versuchen, mit ihren Themen Aufmerksamkeit zu erregen und auf diese Weise an Profil zu gewinnen. Doch wie soll das gehen, wenn die Münchner Themen im Trommelwirbel der Duelle Merkel gegen Steinbrück und Seehofer gegen Ude untergehen?

Auch CSU-Mann Josef Schmid wird es da schwer haben. Schmid ist kein Mann, der die Stadt mit einer polarisierenden Kampagne überzöge wie einst Gauweiler - und damit Schlagzeilen erzeugen könnte. Schmid muss ganz darauf hoffen, dass ihm die kurze Zeitspanne zu Beginn des Jahres 2014 reicht, um zu verdeutlichen, was die CSU eigentlich anders machen möchte. Das könnte eng werden.

© SZ vom 31.12.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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