Streit um die Kabelgebühren:Im schlimmsten Fall ein Zuschlag

Lesezeit: 2 min

Dass ARD und ZDF ihre Kabel-Verträge mit den Netzbetreibern gekündigt haben, war keine Überraschung. Die Entscheidung könnte aber die deutsche TV-Landschaft nachhaltig verändern - und für die Zuschauer zusätzliche Kosten bedeuten.

Jörg Seewald

Vor vier Jahren haben die öffentlich-rechtlichen Sender erstmals ankündigt, nach 2012 keine Gebühr mehr für die Einspeisung ihrer Programme ins Kabelnetz bezahlen zu wollen. Dass ARD und ZDF ihre Verträge mit Kabel Deutschland, Unitymedia und Kabel BW nun gekündigt haben, ist also keine Überraschung - dennoch könnte der Schritt die deutsche TV-Landschaft nachhaltig verändern. Für die Zuschauer und für die Anbieter.

Spätestens seit die von der ehemaligen Bundespost verlegten Kabelnetze an private Konzerne übergingen, empfanden ARD und ZDF, die zusammen zuletzt 45 Millionen Euro pro Jahr bezahlt haben sollen, die Gebühr als eine Art Solidaritätszuschlag aus den Pionierzeiten dieser Infrastruktur. In den USA etwa ist es üblich, dass die Sender von der Kabelanbietern Geld für ihre Programme bekommen - es geht also auch um das Verhältnis von Inhalten und Verbreitungswegen. Die Verträge enden in diesem Dezember, nun soll mit den Kabelanbietern verhandelt werden.

"Verhandlungslösung" angestrebt

Ob am Ende ein Kompromiss steht, erscheint mehr als fraglich. Aus der ARD ist zu hören, dass man in der Sache hart bleiben wolle. Es gehe nicht um eine Reduzierung der Einspeisegebühren, man sehe die Zahlungen schlicht nicht mehr ein und verfüge nicht über die finanziellen Mittel. ARD und ZDF stellen sich auf juristische Auseinandersetzungen ein. KDG-Vorstandschef Adrian von Hammerstein kündigte für die kommenden Monate eine "Verhandlungslösung" an. Keinesfalls wolle man aber die öffentlich-rechtlichen Programme kostenlos durchleiten.

Was also bedeutet es für die 17 Millionen analogen und digitalen Kabelkunden, sollte es zu einer gerichtlichen Auseinandersetzung kommen? ARD und ZDF verweisen auf die sogenannte "Must Carry-Vereinbarung", die die Betreiber verpflichte, die öffentlich-rechtlichen Programme einzuspeisen. Das gelte auch für Arte, 3sat, Phoenix und Kika.

Möglicherweise Veränderungen für den restlichen TV-Markt

Für Kunden des analogen Kabels hingegen könnten die Betreiber nur das dritte Programm des entsprechenden Bundeslands einspeisen. "Aber auch das werden sie sich überlegen", heißt es beim in der ARD zuständigen MDR, "denn die großen Netzbetreiber befinden sich ja in einer Konkurrenzsituation zu den kleinen, die noch nie eine Einspeisungsgebühr bekamen". Betreiber wie der Kabel Medien Service in München finanzieren sich nur über die Abogebühren der Zuschauer - so wie ARD und ZDF das nun bei den drei großen im Markt durchsetzen möchten.

Von den Medienanstalten können ARD und ZDF in dieser Frage nicht auf Unterstützung hoffen: Die Kommission für Zulassung und Aufsicht erklärte, man werde die Betreiber nicht anweisen, die öffentlich-rechtlichen Programme ohne vertragliche Einigung einzuspeisen. Im schlimmsten Fall könnten die Kabelfirmen von ihren Kunden also einen Zuschlag für die Dritten Programme verlangen. Kabelkunden sind unflexibel. Sie haben Verträge mit ihren Hausverwaltungen und oft keine Alternative wie Satellit.

Sollten ARD und ZDF sich durchsetzen, wird das auch für den restlichen TV-Markt Veränderungen bringen. RTL Deutschland und Pro Sieben Sat 1, die auch mehrere Millionen Euro Einspeisegebühren jährlich zahlen, warten gespannt auf den Ausgang. Claus Grewenig, Geschäftsführer des Verbands Privater Rundfunk und Telemedien erklärte, dass jeder Sender über Konsequenzen selbst entscheiden müsse, "aber grundsätzlich wollen wir keine Diskriminierung akzeptieren."

© SZ vom 27.06.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: