"Bild"-Reporter wird verklagt:Interview mit Fritzl erschlichen?

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Ein Interview mit Josef Fritzl hätte nie stattfinden dürfen, meint das österreichische Justizministerium. Die Behörde verklagt nun "Bild"-Reporter.

Christina Maria Berr

Schon wieder gibt es Ärger mit Reportern der Bild-Zeitung. Diesmal echauffiert sich das österreichische Justizministerium über ein Interview, das Bild mit dem Straftäter Josef Fritzl führte. Fritzl hatte seine Tochter mehr als 24 Jahre lang in den Keller seines Wohnhauses gesperrt und mit ihr Kinder gezeugt. Dafür wurde er im vorigen Jahr zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt - und schien damit aus der Öffentlichkeit zu verschwinden.

War das Interview mit Josef Fritzl nicht genehmigt? Das österreichische Justizministerium erstattet Anzeige gegen einen "Bild"-Reporter. (Foto: AP)

Doch bei der Bild-Zeitung verschwand das Interesse an dem "Inzest-Monster", wie das Boulevard-Blatt den Täter bezeichnete, überhaupt nicht. Hatte die Redaktion schon zahlreiche Facetten des Falls aufgedröselt, gelang ihr nun vermutlich das, was man in Boulevard-Kreisen wohl einen Coup nennt: Die Bild-Zeitung sprach mit dem "Monster" höchstpersönlich : "Fritzl, warum zeigen Sie keine Reue?", fragte man in der Axel-Springer-Publikation und setzte online sogar ein Video dazu mit aktuellen Fritzl-Bildern aus dem Gefängnis. Dort spricht er über die Ausstattung seiner Zelle - und im Interview äußert er sich auch über seine Familie.

Dass dieses Interview nicht hätte stattfinden dürfen - und überhaupt nur unter Vorspiegelung falscher Tatsachen erschlichen wurde, davon ist man im österreichischen Justizministerium überzeugt. Die für die Justizanstalt Stein, in dem Fritzl inhaftiert ist, zuständige Behörde erstattet nun gegen einen Reporter von Bild sowie gegen Fritzls Anwalt Anzeige wegen, wie es in Behördensprache formuliert ist, "unerlaubtem Verkehr mit Gefangenen". Der Grund: Es habe keine ensprechende "gesetzlich nötige Bewilligung" für das Interview gegeben, so eine offizielle Stellungnahme des Ministeriums. Stattdessen hätte sich der Reporter, so heißt es weiter, als Mitarbeiter von Fritzls Anwalt ausgegeben - und sich so gemeinsam mit Fritzls Anwalt Zutritt zum Gefängnis verschafft.

Bild bestreitet dies konsequent: "Unser Reporter hat sich nie als Mitarbeiter des Anwalts ausgegeben", teilt Bild-Sprecher Tobias Fröhlich mit und erklärt weiter: "Vielmehr war ein Verlagsgespräch und Interview als Besuchsgrund angegeben, denn Josef Fritzl wollte über sein geplantes Buchprojekt sprechen."

Ein Buch von Bild-Reportern über Fritzl? Der Axel-Springer-Verlag, der gerade wieder Erfolge verkündete, freut sich sicher, falls sich da eine Einkommensquelle auftun könnte. Und ein Prozess würde dem Verlag da als PR-Coup gerade recht kommen.

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