Ottfried Fischer hat sich gewehrt, und er hat zumindest die erste Runde gewonnen. Natürlich hat es einen Preis: dass er nun vor Gericht erscheinen musste als Zeuge und Nebenkläger, dass nun endgültig das ganze Land über seine unglückliche Affäre mit Prostituierten redet. Aber Fischer wirkte am Ende, als sei er im Reinen mit sich, als habe er ein Exempel statuiert. Er, der schwarze Riese, bekannt als Pfarrer Braun, hat sich mit dem roten Riesen in Deutschland, der Bild-Zeitung, angelegt. Aus seiner Sicht hat er dem Boulevard Grenzen gesetzt, spät, aber immerhin. Aus seiner Sicht hat er allen, die sich von dem Blatt drangsaliert fühlen, gezeigt, dass es sich zu kämpfen lohnt.
Nebenkläger Ottfried Fischer (links) mit seinem Anwalt Christoph Knauer (2. v. li.) im Amtsgericht beim Prozess gegen Bild-Journalisten.
(Foto: dapd)Er hatte ja nichts mehr zu verlieren. Bild hatte ihn längst vorgeführt mit seinem bis dahin nicht öffentlich bekannten Rotlichtproblem. Anschließend soll der Bild-Redakteur sich bei Fischers Agentin gemeldet haben, er soll gesagt haben, ihm sei ein sehr kompromittierender Film zugespielt worden, der Fischer mit den Huren zeige. Die Agentin hat Fischer dann überredet, exklusiv mit Bild zu reden über die Affäre.
Falls nämlich der Film irgendwie veröffentlicht würde, wäre Fischers Karriere beschädigt, es wäre vorbei mit Pfarrer Braun und dem Werbevertrag. Der Schauspieler ließ sich darauf ein, das Interview ist dann ein selten peinlicher Seelen-Striptease geworden, wobei man bei mutmaßlichem Striptease unter Zwang auch nichts anderes erwarten kann. Viele haben sich damals gefragt, warum Fischer sich so etwas antut.
Der Bild-Redakteur ist an diesem Montag verurteilt worden wegen Nötigung und wegen "Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen". Der Münchner Amtsrichter Hilmar Buch blieb zwar unter der Forderung des Staatsanwalts, der eine achtmonatige Bewährungsstrafe beantragt hatte. Doch der Reporter muss 14.400 Euro Geldstrafe (180 Tagessätze à 80 Euro) bezahlen, er wäre damit vorbestraft. Der Richter sah die Nötigung "aufgrund der Gesamtumstände als erwiesen" an. Der Reporter habe nicht nur klar den Wunsch nach einem Interview mit Fischer zum Ausdruck gebracht, sondern auch auf das in seinem Besitz befindliche Video hingewiesen. Das Gericht erkannte darin eine "konkludente Drohung".
Das Landgericht München wird dies nun überprüfen, denn der Journalist hat an diesem Dienstag Berufung eingelegt. Sein Anwalt Spyros Aroukatos kritisierte die mündliche Urteilsbegründung: "Der reine Besitz eines diskreditierenden Beweisstücks wird hier mit einer permanenten Nötigung gleichgesetzt, obwohl mein Mandant den Film weder verwenden wollte noch konnte und dies zu Fischers Agentin auch klar gesagt hat." Das Gericht habe die Presse während der Verhandlung einmal als "Gewerbe" bezeichnet, das zeige bereits, welchen Stellenwert es der Pressefreiheit beimesse.
Auch der Axel-Springer-Verlag sieht die Pressefreiheit in Gefahr. Das Münchner Urteil sei falsch und setze jede journalistische Recherche der Gefahr aus, kriminalisiert zu werden.Richtig hätte es heißen müssen, dass jetzt bestimmte Methoden von Boulevard-Reportern als kriminell eingestuft werden.