Nachlese zum "Tatort" aus Leipzig:Verlierer unter sich

Lesezeit: 3 min

Planlos: die Leipziger Kommissare Eva Saalfeld (Simone Thomalla) und Andreas Keppler (Martin Wuttke) (Foto: MDR/Steffen Junghans)

Sie wollen mitreden über den Leipziger "Tatort"? Hier erfahren Sie, warum Kommissarin Eva Saalfeld "Scheiße" sagt und Selbstjustiz manchmal schon okay ist. Die Nachlese - mit den besten Zuschauerkommentaren.

Von Johanna Bruckner

Darum geht's:

Ja, wenn man das mal so genau wüsste. Der erste Tote des Leipziger Tatorts "Blutschuld" ist Harald Kosen, Abfallunternehmer und Rundum-Unsympath. Nun liegt er im Schlafzimmer seiner Villa, erschlagen, 200 000 Euro Schwarzgeld aus seinem Safe sind verschwunden. Kommissar Keppler ist sich schnell sicher: "Die Entpersonifizierung des Opfers - das ist das Motiv." Doch eigentlich ist gar nichts klar. Sohn, Tochter, Schwiegersohn und Ex-Kompagnon - die Liste der Verdächtigen ist so lang wie die möglichen Tathintergründe. Kollegin Saalfeld ist auch keine Hilfe: Die ist nämlich vor allem mit sich selbst beschäftigt.

Lesen Sie hier die Rezension von SZ-Tatort-Kritiker Holger Gertz:

"Tatort" aus Leipzig
:Kabinett der Lauernden

"Wie schief hängt denn der Haussegen bei Ihnen?": Die Leipziger Kommissare Saalfeld und Keppler sind spürbar amtsmüde. An herausragende "Tatort"-Folgen kommt "Blutschuld" nicht ansatzweise ran.

Von Holger Gertz

Bezeichnender Dialog:

Sofie Kosen, die Tochter des Mordopfers, macht aus ihrer Bewunderung für Eva Saalfeld keinen Hehl. Und die Kommissarin? Ist sich nicht sicher, ob sie nun peinlich berührt sein soll oder sich geschmeichelt fühlt. Und dann ist da ja noch die Sache mit der professionellen Distanz. Trotzdem geht Saalfeld schließlich auf eine Essenseinladung der jungen Frau ein.

Eva Saalfeld: Keiner da. Bin ich zu früh?

Sophie Kosen: Sie haben meine Nachrichten nicht abgehört.

Eva Saalfeld: Da bin ich nicht dazu gekommen, entschuldigen Sie.

Sophie Kosen: Ich mag das mit dem Sie. Das schafft so 'ne angenehme Distanz. Macht Sie interessant - steht Ihnen. ... Ja, meine Freundinnen hatten spontan doch andere Pläne. Bescheuert, aber ich freu' mich, dass Sie hier sind.

Eva Saalfeld: Ich freu' mich auch.

Sophie Kosen: Sie sind nicht im Dienst, oder?

Eva Saalfeld: Doch, also gewissermaßen schon, aber ... macht nix. ... Und was kochen wir denn?

Sophie Kosen: Eintopf, meine Spezialität, ist auch schon alles fertig. Hat mein Vater mir beigebracht. Ist auch so ein bisschen ihm zu Ehren gedacht.

Eva Saalfeld: Sie haben allen Grund, ihren Vater nicht zu ehren.

Sophie Kosen: Kann sein, dass das eine mit dem anderen sich widerspricht. Wer hat das schon so im Griff. ... Von Ihrer Selbstsicherheit hätte ich auch gerne was. Wie wird man so? Das haben Sie mir noch nicht beantwortet.

Eva Saalfeld: Ich tu' nur so.

Die besten Zuschauerkommentare:

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Die beste Szene:

Ist die allererste: mitten in Leipzig, mitten auf dem Gleisbett der Straßenbahn, ein junger Mann stolpert vorwärts. In seinem Hals steckt ein Schraubenzieher. Im Hintergrund singt Roger Daltrey von The Who "Can You See The Real Me".

I went back to the doctor to get another shrink

I sit and tell him about my weekend

But he never betray what he thinks

Can you see the real me, doctor?

Top:

Um krimi-klischeehaftes dumpfes Getrommel kommt auch dieser Tatort nicht herum. Aber die Musikauswahl ist durchaus bestechend. In der allerletzten Szene darf Daltreys-Bandkollege Pete Townshend aufspielen: "I'm One", das Klagelied eines Lebenslosers. Das passt, weil "Blutrausch" nur Verlierer kennt. Nicht zuletzt die Kommissare, die zusehen müssen, wie ihnen die Zeugen direkt unter der Nase weggemordet werden.

Flop:

Wo soll man anfangen? Bei der wirren Geschichte? Den platten Dialogen ("Ist Ihnen irgendwas aufgefallen? War Ihr Mann anders als sonst - nervös oder so?")? Der Überfrachtung mit psychologischen Motiven (jeder hat hier einen Knacks wegen irgendetwas)? Den hölzernen Schauspielern (immer wieder: Simone Thomalla; aber auch: Tino Hillebrand als Patrick Kosen)?

Bester Auftritt:

Vielleicht ... Aber nein, doch nicht.

Die Erkenntnis:

Nur weil jemand nicht dem Klischee eines Opfers entspricht, kann er dennoch Opfer sein. Eva Saalfeld hält ihre Bewunderin Sofie Kosen für überdreht, zweifelt an ihrer Glaubwürdigkeit (und der Zuschauer ist geneigt, ihr zuzustimmen - was aber vor allem daran liegt, dass sie eingekleidet wurde wie Madonna in den Achtzigern). Doch dann ist die junge Frau tot. Und der Kommissarin bleibt nur dies zu sagen: "Ich hab' zuerst geglaubt, die zieht 'ne Show ab. So eine Scheiße auch."

Die Schlusspointe:

Selbstjustiz ist manchmal schon okay. So scheinen das zumindest die Kommissare zu sehen. Als der Mörder zum Schluss selbst erschlagen wird, fragt Saalfeld ihren Kollegen Keppler: "Waren wir jetzt zu früh oder zu spät?" Und dann wandern die beiden in den Sonnenuntergang.

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