Nach Anschlag auf Satiremagazin:So sieht die neue Ausgabe von "Charlie Hebdo" aus

  • Das französische Satiremagazin Charlie Hebdo veröffentlicht die erste Ausgabe seit dem Terrorangriff vor einer Woche - mit einer Mammutauflage von drei Millionen Exemplaren.
  • Das Cover zeigt einen weinenden Propheten Mohammed, der ein Schild mit der Solidaritätsbekundung "Je suis Charlie" in den Händen hält.
  • Scharfe Kritik an der neuen Mohammed-Karikatur kommt von der islamischen Al-Azhar-Universität mit Sitz in Kairo.

Oben zu sehen ist eine Doppelseite aus dem aktuellen Heft von Charlie Hebdo. Schon am Tag nach dem Attentat hatten die Überlebenden angekündigt, es werde auch diese Woche eine Ausgabe erscheinen. Die Tageszeitung Libération stellte ihnen ein ganzes Stockwerk zur Verfügung.

Die achtseitige Sonderausgabe erscheint am heutigen Mittwoch in 16 Sprachen und einer Auflage von drei Millionen Exemplaren, normalerweise liegt die Auflage bei rund 60 000. Vor den Verkaufsstellen in Paris bilden sich lange Schlangen. An vielen Zeitungskiosken war die Ausgabe des Blattes schnell vergriffen. Viele Stammkunden hätten sich schon im Vorfeld Exemplare reserviert, berichten die Verkäufer.

Hier eine Auswahl der Karikaturen in Übersetzung: (links) Madonna unterstützt Charlie Hebdo: "Und ich werfe ihnen mein kleines Unterhöschen hin". Auch Angela Merkel unterstützt Charlie, die Kanzlerin versucht, Französisch zu sprechen: "Ich bin nein porter de culotte" (Ich tragen nein Unterhose). Auf dem Triumphbogen in der Mitte steht: "Paris ist Charlie", und aus der Flamme kommt die Stimme: "Ich kriege einen Steifen". 11. Januar 2015: "Mehr Menschen bei Charlie als bei der Messe." Darüber: "Es wäre schön, wenn Mustafa unter uns wäre. Dann könnte er diesen ganzen Irrsinn mit Rotstift korrigieren und Elsa würde uns davon überzeugen, dass wir gerade in einem bösen Traum von Lacan stecken ..."

Titel zeigt weinenden Propheten Mohammed

Das vorab veröffentlichte Titelbild des Magazins zeigt ganzseitig eine Zeichnung des Propheten, der trauernd ein Schild mit der Aufschrift "Je suis Charlie" (deutsch: Ich bin Charlie) in den Händen hält. Über der Zeichnung steht in großen Buchstaben "Tout est pardonné" (deutsch: Alles ist vergeben). Der Karikaturist Luz (mit bürgerlichem Namen Renald Luzier) beschrieb die Produktion der neuen Ausgabe als Kraftakt.

Im Heft selbst befinden sich allerdings keine Mohammed-Karikaturen mehr. Dafür gibt es viele zu islamistischen Extremisten - ganz in der charakteristischen Handschrift der Charlie-Hebdo-Zeichner. Eine Karikatur zeigt zwei Terroristen, die in den Himmel kommen und fragen: "Wo sind die 70 Jungfrauen?" Im Hintergrund zu sehen: die ermordeten Journalisten und Zeichner, wie sie eine wilde Party feiern.

Eine andere Zeichnung spielt darauf an, dass einer der Attentäter bei einem Entsorgungsbetrieb arbeitete. In der Karikatur steht der Abfallsortierer ratlos vor zwei Mülltonnen. Die eine trägt die Aufschrift "Gut", die andere "Böse". "Das ist zu kompliziert", steht dazu in der Sprechblase.

Ägyptische Islam-Gelehrte warnen vor "neuen Welle des Hasses"

Kritik an der neuen Mohammed-Karikatur kam von der islamischen Al-Azhar-Universität mit Sitz in Kairo. Die Zeichnung werde "den Hass schüren", erklärte die höchste Autorität des sunnitischen Islam. Sie diene "nicht der friedlichen Koexistenz der Volksgruppen und behindere die Integration der Muslime in den europäischen und westlichen Gesellschaften". Auch das ägyptische Fatwa-Amt bezeichnete die neue Ausgabe als "ungerechtfertigte Provokation", die zu einer "neuen Welle des Hasses" führen werde.

Neue Ausgabe soll auch in Türkei erscheinen

In Teilen soll die neue Ausgabe auch in der Türkei erscheinen. Das Blatt werde in türkischer Sprache der renommierten Tageszeitung Cumhuriyet beigelegt, sagte Charlie-Hebdo-Chefredakteur Gérard Biard der Nachrichtenagentur AFP. Die türkische Ausgabe sei "die wichtigste" überhaupt. Ein Mitarbeiter von Cumhuriyet sagte, nach langer Diskussion habe sich die Leitung der Zeitung entschieden, nicht die ganze Ausgabe, sondern nur vier Seiten der Zeitschrift zu veröffentlichen.

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