40 Jahre Biene Maja:Ein Leben in Summs und Braus

Lesezeit: 3 min

1976 schlüpfte eine ganz besondere Biene im ZDF. (Foto: dpa)

Seit 40 Jahren fliegt Biene Maja durch das Kinderfernsehen. Heute muss sie sich in einer veränderten TV-Landschaft gegen neue, harte Konkurrenten behaupten.

Von Bernd Graff

Als die Biene Maja auf die Welt kommt, also die Fernsehbiene Maja in der ersten Folge der allerersten Staffel, da ruft ihr das Fräulein Kassandra zu: "Komm Maja, du bist die Letzte!" Maja fragt: "Wer ist Maja? Bin ich die Maja? Warum habt ihr mich Maja genannt?" "Das wissen wir auch nicht", meint Kassandra "Einfach so. Weil jeder einen Namen braucht. Und warum bist du die Letzte?" - "Weil ich gerade so etwas Schönes geträumt habe." - "Was sagst du? Ein Biene, die träumt?" - "Vielleicht", so die da schon freche Maja nach nicht einmal einer Minute Erdendasein, "erzähle ich es dir irgendwann einmal. Es war etwas sehr Lustiges."

Das Leben, ein lustiger Traum in Summs und Braus. Mit diesem Statement kann eine Kinderserie ja mal an den Start gehen. Aber es stimmt ja nicht, dass Maja bei ihrem ersten Dialog erst ein paar Sekunden alt ist. Denn seit 1912 gibt es ja schon die Romanbiene Maja des Schriftstellers Waldemar Bonsels, auf der die TV-Serie basiert. Bonsels war in der Weimarer Republik ein erfolgreicher Autor, der wegen seines offenen Antisemitismus nach dem Krieg in der amerikanischen und britischen Besatzungszone mit Publikationsverbot belegt wurde. Erst die Fernsehbiene, die vom 9. September 1976 an in mehr als 100 Folgen vom ZDF ausgestrahlt wurde, brachte ihn wieder in Erinnerung.

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Josef Göhlen, im ZDF Leiter des Kinder- und Jugendprogramms, der schon Wickie und die starken Männer entwickelt hatte, arbeitete mit einem japanischen Trickstudio zusammen, um Biene Maja umzusetzen. 52 Folgen, die donnerstags ausgestrahlt wurden, hatte die erste Staffel mit den Charakteren Maja, Drohne Willi, Flip, dem Grashüpfer, Max, dem Regenwurm, Bommbus, dem Hummelkind, und Alexander, der Zwergmaus. Karel Gott sang mit honiggoldener Kehle die Titelmelodie, James Lasts Orchester spielte die satinweiche Instrumentalversion des Abspanns.

Als die erste Staffel zu Ende war, bekam der Sender 40 000 Briefe. Die Biene sollte wiederkommen

Jede Folge wurde - so lange brauchten die Immen und ihre krabbeligen Freunde wohl für die Querung der Alpen - erst zehn Tage später in Österreich ausgestrahlt. Egal wo, das Programm wurde in kürzester Zeit zur erfolgreichsten Zeichentrickserie des ZDF mit pro Folge bis zu vier Millionen Zuschauern im Kindesalter. Als die 52 Folgen der ersten Staffel gesendet waren, erreichten das ZDF 40 000 analog verschickte Briefe mit dem Wunsch nach Wiederholung der gesamten Reihe.

Der Bitte konnte entsprochen werden, sodass es nicht wenige bundesrepublikanische Kindheiten gibt, für die im TV ausschließlich die aufgeweckte Maja dem ängstlichen Willi voranflog. Heute freilich hat die runde Biene mit zahlreichen TV-Sendern für kleine Zuschauer und einem kaum überschaubaren Kinderangebot bei Anbietern wie Netflix harte Konkurrenz. Auch im Kinderfernsehen muss sich das öffentlich-rechtliche Fernsehen längst mit den Großen messen, mit dem Disney-Konzern schon lange, und auch die Streaminganbieter und Bezahlsender wie HBO investieren viel Geld in harmlose Geschichten für die kleinen Zuschauer, um Abonnenten zu binden. Bis zu 25 Prozent des Gesamtprogramms von Netflix sollen sich Schätzungen zufolge explizit an Kinder richten.

Für die ebenfalls schwarz-gelb geringelten Fußballer von Borussia Dortmund wurde übrigens mal - von Stefan Raab im Westfalenstadion ordentlich blödelnd begleitet - eine adaptierte Version des Titelliedes vom wie immer glockenhellen Karel Gott eingesungen: "Und alle Freunde sehen aus wie Biene Maja!" Ottmar Hitzfeld, damals Trainer des BVB, wurde von Raab gefragt, ob die Mannschaft denn die Nähe zu der kleinen, dicken Maja gut finde, worauf der Trainer antwortet: "Ich habe jetzt ein Spiel vor Augen." Offenbar kein Maja-Fan.

Mindestens ebenso gut gelaunt dreht Helene Fischer seit 2013 gesanglich an der Pollenuhr. Ihre Schmelzstimme wurde für den Titelsong aber anscheinend noch mit Digital-Vaseline ins Triefige geschmiert. Dazu hat man Maja unnötig verschlankt und ihre Augen ins Liebliche verkullert. Doch der gute alte Song ist in der nun computeranimierten 3-D-Fassung derselbe geblieben. 78 Folgen sind schon wieder über deutsche Kindheiten gegangen und werden ständig wiederholt. Dafür sorgen die Sender ZDF, Kika und ORF. Wir müssen uns deutsches Kinderfernsehen wohl doch als einen Bienenstock vorstellen.

© SZ vom 09.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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