Judith Milberg im Gespräch:Lieber Wischmopp als Kette

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Wie ihr Mann macht nun auch Judith Milberg Fernsehen. Ein Gespräch über Kunst aus Kälbchenschnullern und einen handwerklich unbegabten Axel.

L. Sonnabend

Judith Milberg, 47, ist Kunsthistorikerin, Do-it-yourself-Künstlerin und die Frau von Tatort -Kommissar Axel Milberg. Von kommendem Samstag an ist auch sie im Fernsehen zu sehen. In der vierteiligen Reihe Design für jeden Tag auf Arte zeigt sie, wie man aus Alltagsgegenständen wie Wischmopps schmucke Wohnobjekte macht. In ihrer Werkstatt in ihrem Haus im Münchner Stadtteil Nymphenburg hat sueddeutsche.de mit Judith Milberg gesprochen.

Dreamteam am roten Teppich: Judith und Axel Milberg (Foto: Foto: Alessandra Schellnegger)

sueddeutsche.de: Frau Milberg, es heißt ja immer: Wenn eine Frau handwerklich begabt ist, liegt es daran, dass der Mann kein handwerkliches Geschick hat. Ist das bei Ihnen und Ihrem Mann Axel auch so?

Judith Milberg: Das trifft vollkommen auf uns zu - wenn es mein Mann auch lange Zeit nicht eingesehen hat und sich darin für außerordentlich begabt gehalten hat. Inzwischen hat er das Handwerken jedoch aufgegeben. Wenn bei uns daheim eine Lampe kaputt ist oder der Ausguss verstopft, schauen sie in meiner Familie immer mich an und fragen: "Kannst du das mal reparieren?"

sueddeutsche.de: Sie machen aus Alltagsdingen kunstvolle Wohnobjekte. Wie kamen Sie auf diese Idee?

Milberg: Als Kunsthistorikerin interessiert mich die Schönheit gerade auch in den Alltagsdingen. Als ich einmal für meine Studentenbude eine neue Lampe brauchte, habe ich einen Tankkanister genommen und eine Glühbirne hineinmontiert. Es gab ein schönes Licht und die Form war toll. Später habe ich Wischmopps zu Lampen umgestaltet und Waschmittelbehälter zu Vasen - oder ich habe Treppengeländerstangen zersägt und ein Sofa daraus gemacht.

sueddeutsche.de: Wie kam es zu der Sendung auf Arte?

Milberg: Als ich 2007 mein Buch Mein Design: Lustobjekte aus Alltagsdingen herausbrachte, wurden einige Fernsehbeiträge über mich gedreht. Da habe ich plötzlich gemerkt, dass es mir Spaß macht, vor der Kamera zu stehen. Und so kam es zu dem Kontakt mit der Produktionsfirma.

sueddeutsche.de: Sie zeigen in der Sendung, wie man aus nicht mehr gebrauchten Alltagsgegenständen Kunst macht. Genau so stellt man sich das Fernsehen in Zeiten der Finanzkrise vor ...

Milberg: Durch die Finanzkrise passt die Sendung natürlich noch besser. Die Leute haben weniger Geld, aber nicht weniger Geschmack. Oft kaufen sie eine billige Lampe bei Ikea und stellen danach fest: "Scheibenkleister, diese Lampe hat ja jeder." Die Leute haben trotz der Krise das Bedürfnis, ihre Wohnung individuell zu gestalten. Und so lautet der nächste Schritt: Wie kann ich selber kreativ werden? Diese Initialzündung will ich mit meiner Sendung geben. Man muss mutig sein in diesem Moment.

Lesen Sie auf der nächsten Seite, warum Judith Milberg manchmal in den Filmen ihres Mannes auftaucht.

Axel und Judith Milberg
:Paar mit Glamourfaktor

Dieses Paar ist auf jedem roten Teppich erwünscht. Nun sind sie auch erstmals beide auf Sendung: Judith und Axel Milberg.

Lisa Sonnabend

sueddeutsche.de: In der ersten Folge gestalten Sie den Friseursalon "Kasu" in München um. Was hatten Sie dort zu tun?

Judith Milberg mit einer Vorrichtung für Dachrinnen. Daraus soll einmal eine Halterung werden. (Foto: Foto: sonn)

Milberg: Zwei junge Friseurinnen haben den Salon vor kurzem gemeinsam eröffnet. Es ist ihr erster Laden und er war nicht wirklich eingerichtet. Das Auffälligste in dem Raum war eine lila Wand. Das bedeutete: Ich musste mit dieser Farbe arbeiten. Dann bin ich durch Trödelgeschäfte gezogen, habe Möbel zersägt, gefärbt und schließlich an der Wand angebracht.

sueddeutsche.de: Gibt es auch Gegenstände, aus denen man partout nichts rausholen kann?

Milberg: Manchmal lagern Gegenstände monatelang in meiner Werkstatt und finden keinen Einsatzort. Wenn sie mich nicht mehr inspirieren, bringe ich sie zum Sperrmüll. Aber im Prinzip kann man aus jedem Gegenstand etwas machen. (Judith Milberg springt auf und geht zu dem Regal, in dem die Gegenstände lagern.) Das hier zum Beispiel ist eine Vorrichtung für Dachrinnen, damit die Blätter sie nicht verstopfen.

sueddeutsche.de: Was werden Sie damit machen?

Milberg: Da werde ich demnächst Gegenstände dranhängen, es eignet sich wunderbar als Halterung. Oder als Lampenschirm. (Sie greift in eine andere Kiste.) Das hier sind Rohr-Elemente, die gibt es in allen Formen und Größen. Da werde ich wahrscheinlich einen Kerzenständer daraus bauen. Das ganze Regal hier ist voller Dinge, die eines Tages ihren großen Auftritt haben werden.

sueddeutsche.de: Und was ist das?

Milberg: Das ist ein Kälbchenschnuller, den spannt man vor eine Gießkanne. Den Schnuller habe ich in einem Fachgeschäft für Agrarbedarf gefunden. Das sind meine Lieblingsläden.

sueddeutsche.de: Was sagt Ihr Mann zu Ihrer Arbeit?

Milberg: Er ist inzwischen genauso fasziniert von Haushaltswarengeschäften wie ich. Wenn wir im Urlaub in Spanien, Südfrankreich oder Afrika sind, begleitet er mich immer in die Läden. Wenn er mir von einem Dreh einen Haushaltswarengegenstand mitbringt, freue ich mich darüber mehr als über eine Kette. Neulich hat er mir aus England kleine Kerzen, die die Form von Werkzeug haben, mitgebracht.

sueddeutsche.de: Und was sagt Axel Milberg dazu, dass Sie nun auch im Fernsehen auftauchen?

Milberg: Er hält mich für ein Naturtalent und wundert sich, dass ich nicht Schauspielerin geworden bin. Wenn ich mit ihm zusammen bin, werde ich sowieso ständig gefragt: "Sie sind auch Schauspielerin, oder?" Viele Leute denken zunächst, dass mein Mann der Kunsthistoriker ist und ich die Schauspielerin.

sueddeutsche.de: Dann stehen Sie bald gemeinsam mit Ihrem Mann vor der Kamera?

Milberg: Wir haben darüber nachgedacht, etwas zusammen zu machen. Aber es geht nur um kleinere Rollen. Wenn ich meinen Mann am Drehort besuche, bin ich übrigens schon oft im Bild gewesen. Aber das erkennen dann immer nur wir beide, weil ich nur ganz klein zu sehen bin, wie ich im Hintergrund durchs Bild laufe.

Die Sendung Design für jeden Tag , Arte, ab Samstag, den 6. Februar, einmal pro Woche, jeweils um 13:30 Uhr, vier Folgen.

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