Jörg Kachelmann und das Erste:Vage Prognosen für das Kachelmann-Wetter

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Jörg Kachelmann ist wegen Vergewaltigung angeklagt. Doch seine Geschäfte rund ums Wetter im Ersten laufen vorerst weiter.

Christina Maria Berr

Auf der Homepage des Ersten in der ARD heißt es wie immer: "Jörg Kachelmann produziert und moderiert". Das findet sich unter der Rubrik: "Das Wetter im Ersten". Kachelmanns Team wird da groß vorgestellt.

Den Prozessausgang abwarten, heißt es in der ARD: Jörg Kachelmann, Wetterexperte, ist wegen Vergewaltigung angeklagt. (Foto: Foto: dpa)

Dort kann man auch lesen, dass der SWR einst den Wettermann engagiert hat. Seit vielen Jahren laufen die Verträge aber nun schon zwischen der WDR Mediagroup und der Meteomedia, der 1990 von Kachelmann gegründeten Wetterfirma mit Sitzen in der Schweiz und in Bochum. Und es bestehen weitere Verträge einzelner ARD-Anstalten mit dem Unternehmen von Kachelmann.

Der Meteologe war bis dato selbst das große Zugpferd bei der Präsentation der Wetter-News im Ersten. Doch der sitzt seit Wochen in Untersuchungshaft - und ist nun wegen Vergewaltigung in besonders schwerem Fall angeklagt.

Bleibt es dennoch bei den einst getroffenen Vereinbarungen? Muss Kachelmann von der Moderatorenliste gestrichen werden? Und: Können die Öffentlich-Rechtlichen weiter, wie gehabt, mit dem Unternehmen des angeklagten Stars kooperieren?

Die Moderationskollegen - ebenfalls von Meteomedia angestellt - müssen schon seit Wochen ohne Kachelmann auskommen. Claudia Kleinert und Sven Plöger kündigen weiter munter das Wetter an. Sie wurden als Ersatz eingeteilt, nachdem Kachelmann in U-Haft gehen musste.

Im WDR sieht man momentan offenbar keinen Änderungsbedarf. Dort ist man eher zurückhaltend: "Zum jetzigen Zeitpunkt wollen wir uns nicht äußern. Wir warten den Prozessausgang erst einmal ab. Schließlich handelt es sich noch um ein laufendes Verfahren", erklärt die WDR-Pressesprecherin Annette Metzinger.

Eines allerdings hat sich jetzt schon geändert: Die Anstalten der ARD berichten nun erstmalig über den Fall. Bei tagesschau.de ist bereits ein kleiner Artikel zu finden. Und auch fürs Fernsehen war klar, dass Tagesschau und Tagesthemen erstmals den Fall melden. Um dieses Thema wird man wohl in der ARD nicht mehr herumkommen.

Kachelmann war immer wieder als Kritiker des angeblich zu teuren Wetterdiensts DWD aufgefallen, der früher mit der ARD kooperiert hat. Dann kam Meteomedia zum Zug mit dem Verkäufertalent Kachelmann, das die Wetternachrichten im Stil einer amerikanischen Soap präsentierte. Das war eine besondere Public Private Partnership, wie das im Wirtschaftsjargon heißt.

Entscheidend ist die WDR Media Group, die Werbetochter der größten ARD-Anstalt WDR, die im Vorabendprogramm Spots akquiriert, gerne auch rund um das Wetter im Ersten. Einst war die WDR-Tochter sogar mit 20 Prozent an der Jörg-Kachelmann-Produktions AG beteiligt. Hier ist über die Jahre eine enge Bindung entstanden.

Zur derzeitigen Situation gibt man sich rund um Kachelmann verschlossen. Auf Anfragen von sueddeutsche.de gibt es von Meteomedia keine offizielle Stellungnahme. In der von Meteomedia beauftragten Kommunikationsfirma Brainworx hat man offenbar Sprechverbot bekommen - nur noch Kachelmanns Anwalt Ralph Höcker darf wohl etwas sagen.

Das Thema ist delikat. Immerhin stehen für die Firma mit etwa hundert Angestellten wichtige Aufträge auf dem Spiel. Und die Vereinbarungen mit der WDR Mediagroup sollen befristet sein. Der Vertrag zum Wetter nach den Tagesthemen etwa läuft angeblich regulär noch bis zum 31. Dezember 2011.

Auf der Homepage von Meteomedia heißt es: "Die Medienwelt setzt auf Meteomedia." Jetzt muss Meteomedia auf die Medienwelt setzen, denn sonst könnten sie bald ohne Aufträge dastehen.

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