Jay Lenos letzte "Tonight Show":Zeit zu gehen, endgültig

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Jay Leno mit seinen Gästen Jack Black und Kim Kardashian während seiner letzten Tonight Show. (Foto: REUTERS)

Eine Legende tritt ab. Am Donnerstag gab Jay Leno zum letzten Mal den Moderator der "Tonight Show". Sein erster Gast war auch sein letzter. Zum Abschied gab es eine sentimentale Hommage, Karrieretipps und ein Musical. Präsident Barack Obama bot ihm gar einen neuen Job an.

Von Jürgen Schmieder, Los Angeles

Ja, tatsächlich: Jay Leno verpatzte Teile seines Monologs. Der Mann, der so schnell Witze erzählen kann wie Lucky Luke seinen Revolver zieht, und dem das Zurschaustellen von Emotionen so zuwider ist wie eine Wurzelbehandlung, der wirkte nach mehr als 4600 Episoden nervös, aufgewühlt, fahrig. Das war allerdings kein Wunder: Es war nach 22 Jahren (mit einer kurzen Unterbrechung) die letzte Folge der Tonight Show mit Leno als Moderator.

Der erste Gag jedoch saß, Leno sagte nach stehenden Ovationen des Publikums, das größtenteils aus den ganz wichtigen Personen in Hollywood bestand: "Das ist sehr nett. Ich mag keine Abschiede - NBC schon." NBC ist der Sender, der ihn nun durch Jimmy Fallon ersetzt, der die Tonight Show von 17. Februar an von New York aus präsentieren wird. Später sagte Leno: "Als ich angefangen habe, da war Justin Bieber noch nicht einmal geboren - deshalb nennen wir das die gute alte Zeit."

Was danach folgte, war eine 60 Minuten lange Hommage an Leno, 63, der die Sendung mehr als 20 Jahre hintereinander auf Platz eins der Late-Night-Talkshows halten konnte. Es gab ein Musical, an dem sich unter anderem Oprah Winfrey, Sheryl Crow und Jack Black beteiligten. "So long, farewell, auf wiedersehen, goodbye. Sollte Fallon versagen, bist Du nächstes Jahr sowieso wieder da" sang Jack Black. Jim Parsons von The Big Bang Theory spielte auf Lenos gewaltiges Kinn an: "Wir haben Dich immer angesehen, wenn wir müde waren. Dein Erfolg wird ab sofort The Big Chin Theory genannt!"

Selbst Barack Obama gratulierte, er war im Jahr 2009 der erste amtierende US-Präsident, der in einer Late-Nate-Show auftrat - natürlich bei Leno. In dem Segment, in dem ihm Prominente Karrieretipps gaben, wurde der amerikanische Präsident eingeblendet: "Jay, Du hast in den vergangenen Jahren einen Haufen Witze über mich gemacht. Aber mach' Dir keine Sorgen, ich bin nicht böse." Im Gegenteil: Obama ernannte Leno zum Botschafter - nicht irgendwo, sondern in der Antarktis: "Ich hoffe, Du hast einen warmen Mantel, Witzbold."

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Am 27. September 1954 wurde in den Vereinigten Staaten die erste Folge von Tonight ausgestrahlt. Es war die erste Late-Night-Talkshow - und Moderator Steve Allen machte während dieser Episode die gewagte Aussage: " Tonight wird immer weitergehen!" Das war ein nicht gerade bescheidenes Statement dafür, dass es für den Sender NBC erst einmal ein Experiment sein sollte, ob die Menschen tatsächlich kurz vor Mitternacht einschalten würden, um einen witzigen Monolog, Interviews mit Prominenten und ein paar Sketche zu sehen.

Allen sollte indes Recht behalten, seit fast 60 Jahren gibt es die Sendung mittlerweile, in dieser Zeit wurde sie von nur fünf Menschen moderiert, deren Name auch im Titel auftauchte. Der Abschied von einem Gastgeber war stets ein Stück amerikanischer Fernsehgeschichte: Jack Paar etwa verschwand im Jahr 1962 hinter einem Vorhang, auf einer Karte stand: "No More to Come" - mehr kommt nicht. Johnny Carson wurde bei seiner vorletzten Sendung von Bette Midler besungen, den Monolog der letzten Show sahen mehr als 41 Millionen Amerikaner.

Nun also hört Leno auf, diesmal endgültig. Es war schon vorher klar, dass nicht so viele Menschen einschalten würden wie bei bei den letzten Sendungen von Paar oder Carson. Das lag auch daran, dass Leno ja schon einmal aufgehört hatte. Im Mai 2009 war das, er übergab an Conan O'Brien. Zehn Monate später war er zurück - und noch immer gilt Leno als der Bösewicht, der auf nicht gerade feine Art dafür gesorgt hatte, dass sein Nachfolger auch sein Vorgänger wurde.

Nun der endgültige Abschied, der unspektakulär ausfallen sollte und bei dem seine Konkurrenten und Kritiker Jimmy Kimmel und David Letterman überhaupt nicht einsahen, an diesem Abend B-Promis zu präsentieren, um Lenos Quoten bei der letzten Folge zu verbessern. Kimmel hatte George Clooney, Matt Damon und Bill Murray eingeladen, Letterman zeigte ein Beatles-Spezial anlässlich des 50. Jubiläums des legendären Auftritts der Band in The Ed Sullivan Show.

"Danke, Jay Leno"

Es war eigentlich eine komplette Abschiedswoche für Leno, vier Sendungen lang präsentierte er seine Lieblingswitze (skurrile Zeitungsüberschriften, Hochzeitspaare mit verrückten Doppelnamen), er plauderte mit seinen Lieblingsgästen (etwa Charles Barkley, Bettie White und Blake Shelton) über deren schönste Momente in der Show, seine Lieblingsmusiker (Bonnie Raitt, Vintage Trouble, Lyle Lovett) traten auf. Mehr als fünf Millionen Menschen sahen pro Folge zu.

Am Montag bereits war Jimmy Fallon zu Gast, sein 39 Jahre alter Nachfolger. Die beiden sprachen über das Unwetter in New York, das Finale der Footballiga, Fallons ersten Auftritt bei Leno. Sie betonten noch einmal, seit Jahren eng befreundet zu sein und sich keinesfalls zu hassen. Fallon schrieb Leno gar ein paar Dankeskarten, die letzte war dann doch arg sentimental: "Danke, Jay Leno, dass Du die stolze Tradition der Tonight Show mit soviel Humor und Klasse fortgeführt hast - und dass Du die vergangenen Jahre nichts außer wohlwollend und großherzig zu mir warst. Ich werde mein Bestes geben, Dich jeden Abend stolz zu machen." Als sich die beiden danach die Hand gaben, sahen sie sich nicht in die Augen.

Am Donnerstag dann kam Billy Crystal, der Schauspieler war im Mai 1992 auch der erste Gast von Leno gewesen. Crystal pries die Leichtigkeit von Leno, mit der er aktuelle Ereignisse kommentiert hätte, die feine Ironie und seine herausragenden Fähigkeiten als Stand-Up-Comedian. "Du hast uns nachts besser schlafen lassen", sagte Crystal: "Du bist einer der Besten in der Geschichte." Dann orchestrierte er das Musical.

Leno hatte Tränen in den Augen, als er sich selbst als "glücklichsten Menschen der Welt" bezeichnete, der Präsidenten, Astronauten und Filmstars kennen lernen durfte: "Es ist nun wirklich Zeit zu gehen." Am Ende der Sendung spielte Garth Brooks "Friends in Low Places". Danach begann Late Night with Jimmy Fallon.

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