Führungswechsel:Reichelt hat bei der "Bild"-Gruppe künftig das letzte Wort

Julian Reichelt

Julian Reichelt ist seit 2002 bei Axel Springer - nun übernimmt er den Vorsitz der Bild-Chefredaktionen.

(Foto: dpa)
  • Nach dem Ausscheiden von Bild-Herausgeber Kai Diekmann ordnet der Axel Springer Verlag die Führung seiner "roten Gruppe" neu: Julian Reichelt, der die Redaktion von Bild Digital anführte, übernimmt zusätzlich den Vorsitz der Bild-Chefredaktionen.
  • Die Marke Bild solle dadurch auf ihren Ausspielkanälen Print und Digital auch künftig aus einer Hand geführt werden, teilte das Unternehmen mit.

Die Lücke, die Kai Diekmann vor wenigen Wochen mit seinem Rücktritt als Gesamtherausgeber der Bild-Gruppe hinterlassen hat, war groß. Schließlich war der Journalist in der Öffentlichkeit nicht nur das Gesicht des Verlages und noch mehr der Zeitung, er war auch ein prägender Denker des Hauses. Nun hat der Verlag Ersatz gefunden - und baut dafür seine Führungsebene deutlich um.

Denn der Chefredakteur von Bild Digital, Julian Reichelt, übernimmt zusätzlich zu seiner bisherigen Position den neu geschaffenen Posten des "Vorsitzenden der Bild-Chefredaktionen". Der 36-Jährige trägt damit ab sofort die übergeordnete redaktionelle Gesamtverantwortung für die Bild-Marke, wie das Medienhaus Axel Springer mitteilte. Das Amt des Herausgebers wird nicht nachbesetzt.

Das Verlagshaus folgt damit der Linie eines "Primus inter Pares", also einer mit herausgehobenen Befugnissen ausgestatteten Führungsfigur unter mehreren Chefredakteuren. Tanit Koch (39) bleibt zwar als Chefredakteurin verantwortlich für die Printausgabe der Bild-Zeitung, Marion Horn (51) wie bisher Chefredakteurin von Bild am Sonntag. In Zweifelsfällen hat aber Reichelt zukünftig das letzte Wort.

In seiner zusätzlichen Rolle steuert er also Strategie, Personalpolitik sowie die redaktionellen Abläufe im Zusammenspiel von Print und Digital. "Mit der Zuordnung dieser Entscheidungsinstanz bei Julian Reichelt soll sichergestellt werden, dass auch nach dem Ausscheiden des ehemaligen Bild-Herausgebers Kai Diekmann die Marke Bild aus einer Hand geführt wird", schreibt das Unternehmen in einer Pressemitteilung. Das Amt des Herausgebers, das Kai Diekmann zuvor innehatte, wird nicht neu besetzt.

Edward Snowden gilt ihm als Held von Terroristen

Der Journaist gilt als streitlustiger, konservativer Hardliner. Er spricht sich unter anderem für einen besseren Austausch der Sicherheitsbehörden aus ("ALLE in Europa müssen ALLES über ALLE bekannten Islamisten wissen.") In einem Kommentar in der Bild-Zeitung aus dem Jahr 2010 (Titel: "Frieden schaffen mit Atomwaffen!") argumentierte er für eine amerikanische Abschreckungspolitik: "Lieber 8000 amerikanische Bomben als eine einzige iranische." Edward Snowden gilt ihm als "Held für all jene, die in Berlin, Madrid, London Busse in die Luft sprengen wollen."

Auch weitere Personalien gab der Springer-Verlag bekannt. Neue Chefredakteurin der B.Z. wird Miriam Krekel. Die 39-Jährige war dort bislang Stellvertreterin von Chefredakteur Peter Huth (47), der nun wiederum Chefredakteur der Welt am Sonntag wird und Stellvertreter des Chefredakteurs von WeltN24, Ulf Poschardt (49). Beat Balzli, bisher stellvertretender Chefredakteur von WeltN24, wechselt als Chefredakteur zur Wirtschaftswoche.

"Der Erfolg von Bild als multimedialer Marke basiert ganz wesentlich auf der Überzeugung, dass Print und Digital ihre eigenen Stärken selbstbewusst ausspielen und gleichzeitig stets eng verzahnt arbeiten - sowohl bei der publizistischen Ausrichtung, als auch hinsichtlich der Arbeitsabläufe", sagte Springer-Vorstandschef Mathias Döpfner.

Ein profilierter Reporter aus Krisengebieten

Um dies sicherzustellen, werde Reichelt die übergeordnete Steuerung in enger Zusammenarbeit mit Koch, Horn und Krekel übernehmen. "Marion Horn wird ihren sehr erfolgreichen Kurs fortsetzen, eine leidenschaftliche Sonntagszeitung zu gestalten, die mehr und anders ist als die siebte Ausgabe der Bild-Zeitung. Tanit Koch wird Bild als Leitmedium so engagiert positionieren wie bisher."

Reichelt ist seit 2014 Chefredakteur von Bild Digital. Er ist seit 2002 bei Axel Springer und arbeitete nach seiner Ausbildung an der Springer-Journalistenschule ab 2004 zunächst im Nachrichten-Ressort von Bild, wo er sich unter anderem durch seine Berichte aus Krisengebieten profilierte. 2007 wurde er Bild-Chefreporter.

Diekmann hatte nach 30 Jahren im Hause Springer zum 31. Januar 2017 seine Tätigkeit auf eigenen Wunsch beendet und war aus dem Verlag ausgeschieden. Seit 2008 war er Gesamtherausgeber der Bild-Gruppe. Ende 2015 gab Diekmann die Funktion des Bild-Chefredakteurs ab und übernahm als Herausgeber unter anderem die Führung der Chefredakteure und die Weiterentwicklung der Bild-Marken.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: