Stillen:Das Recht der Frau, über ihren Körper zu bestimmen, wird herabgewürdigt

Mutter stillt Baby

Der WHO zufolge würden jedes Jahr weltweit 820 000 Kinder weniger sterben, wenn alle Mütter ihren Babys die Brust gäben.

(Foto: picture alliance / dpa)

Die USA haben versucht, WHO-Empfehlungen für eine längere Stillzeit zu verhindern. Dabei ging es ihnen eher um wirtschaftspolitische Interessen als um die Freiheit der Frauen.

Kommentar von Nadeschda Scharfenberg

Die WHO hat vorgerechnet, dass auf der Welt jedes Jahr 820 000 Kinder weniger sterben würden, wenn alle Mütter ihren Babys die Brust gäben. In den Entwicklungsländern gibt es oft kein sauberes Wasser für das Anrühren von Säuglingsnahrung, Nuckelflaschen bergen ein tödliches Risiko. Die USA haben dennoch versucht, Empfehlungen für eine längere Stillzeit zu verhindern, vor allem wohl aus wirtschaftspolitischen Interessen: Wenn mehr Frauen stillen, verkaufen die US-Konzerne weniger Milchpulver.

Argumentiert haben die USA aber nicht wirtschaftlich, sondern mit den Freiheitsrechten der Frauen: Es gehe darum, eine Stigmatisierung von nicht stillenden Müttern zu verhindern. Und die Überideologisierung der Muttermilch in den westlichen Ländern ist durchaus eine Diskussion wert. In den Sätzen "Stillen ist das Beste für Ihr Kind" und "Jede Mutter kann stillen", die Frauen hierzulande rund um die Geburt ständig hören, schwingt die Botschaft mit: Nur wer seinem Baby die Brust gibt, ist eine gute Mutter. Dabei schadet eine Mutter mit Schuldgefühlen ihrem Kind mehr als jedes Fläschchen.

Doch wenn es ums Überleben von Babys aus ärmeren Ländern geht, wird das Recht der Frau, über ihren Körper zu bestimmen, zu einem vorgeschobenen Argument herabgewürdigt - aus wirtschaftlichen Interessen.

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